Jerry Cotton - 0579 - Warum musste Springfield sterben
es sich, daß es keine Hinweise auf die Todesursache gibt? Wenn wir es mit einem Verbrechen zu tun haben, mußte der Mörder gleichzeitig an vielerlei Orten sein.«
»Vielleicht waren es mehrere?« fragte Gerber.
»Noch steht nicht fest, daß es sich um Mord handelt«, wies der Arzt sie zurecht. »Ich wiederhole, daß keine Spuren äußerer Gewaltanwendung zu entdecken sind. Auch Gift scheidet nach meinem Dafürhalten aus. Vergiftungserscheinungen hinterlassen sehr klar erkennbare Symptome. Sie fehlen hier gänzlich.«
»Eine Seuche vielleicht?« fragte einer der Assistenten schüchtern.
»Klar!« spottete ein anderer. »Bestimmt haben wir uns bereits infiziert. Sollte mich gar nicht wundern, wenn wir wie die anderen ins Gras beißen.« Niemand lachte darüber.
Sheriff Ferguson gab sich einen Ruck. Er teilte die Männer ein und beauftragte sie, sämtliche an der Hauptstraße gelegenen Häuser nach Toten zu durchsuchen. »Notiert, was ihr entdeckt, und kommt schnellstens zurück«, befahl er.
Dann ging er hinüber zu Miß Archibalds Haus. Phyllis, Gerber und ich folgten ihm. Der Arzt blieb bei den Assistenten.
»Ich muß den Senator anrufen«, verkündete Ferguson, als er am Klappenschrank stand. »Dieser Fall verlangt den Katastropheneinsatz.«
Plötzlich ertönte ein rasch stärker werdender Brummton. Ich schaute Phyllis an. Sie erwiderte meinen Blick, völlig entgeistert, wie es schien. Dann machte sie kehrt und stürmte hinaus auf die Straße.
Ich folgte ihr. Phyllis schirmte ihre Augen mit der Hand gegen die Sonne ab und hob den Kopf.
Über den Ort flog eine Maschine heran, ziemlich tief, als wollte sie einen Angriff starten. Ich sah, daß es ein blauweißes zweimotoriges Reiseflugzeug war.
»Meine Cessna!« schrie Phyllis.
Das Flugzeug raste direkt auf uns zu, dann wurde es vom Piloten jäh hochgerissen. Wir folgten ihm mit den Blicken, bis es mit einer eleganten Linksdrehung seinen Kurs änderte und in westlicher Richtung davonflog.
»Jetzt wissen wir, wohin der Bursche mit dem Ford des Sheriffs gefahren ist«, stellte ich fest.
»Meine Cessna!« wiederholte Phyllis murmelnd. Sie schien eher verblüfft als erschreckt zu sein.
»Das ist gut«, sagte ich. Eigentlich waren die Worte nur für mich bestimmt, aber Phyllis kriegte sie mit.
»Warum ist das gut?« wollte sie wissen.
»Er hat einen Pilotenschein — und es sieht so aus, als sei er ein guter, routinierter Pilot. Für uns ist das ein wertvoller Hinweis. Es wird die Suche nach dem Burschen erleichtern.«
»Finden Sie?« fragte Gerber, der uns bis auf die Veranda gefolgt war und miterlebt hatte, was geschehen war. »Allein die Air Force hat zwischen dem Ende des zweiten Weltkrieges und heute mehr als dreißigtausend Piloten ausgebildet — ganz zu schweigen von den Zehntausenden, die Privatmaschinen oder doch eine Lizenz besitzen, ganz zu schweigen auch von den Zehntausenden, die als Profis fliegen.«
Wir gingen zurück in das Haus. Ferguson hatte sein Gespräch mit dem Senator beendet. Er starrte uns an.
»Eine Einheit der Nationalgarde wird das Gelände absperren«, sagte er. »Bis zur Klärung des Falles wird vorübergehend ein totales Nachrichten verbot verhängt. Anordnung des Gouverneurs! Nur das FBI und der CIA werden eingeschaltet — selbstverständlich auch Washington.«
»Springfield macht Geschichte«, meinte Gerber. »Hätten Sie das diesem Nest jemals zugetraut?«
Ferguson schenkte Gerber einen kurzen, wenig freundlichen Blick, aber er schwieg.
Ich trat an das Telefon.
»Rufen Sie Ihre Dienststelle an?« fragte Ferguson.
Ich nickte. »Es kommt jetzt vor allem darauf an, die Cessna zu orten und ihren weiteren Kurs zu verfolgen. Wenn wir Glück haben, läßt sie sich auf den Radarschirmen festnageln.« Ich blickte Phyllis an. »Wie sieht es mit dem Treibstof fvorrat aus?«
»Ich habe in New York getankt«, erwiderte Phyllis. »Es dürfte für weitere fünfhundert bis sechshundert Meilen reichen.«
Ich nickte und begann die Wählscheibe zu drehen.
***
Die Männer kehrten zurück. Sie schienen um Jahre gealtert zu sein. Einer von ihnen, der Jüngste, mußte sich plötzlich übergeben. Danach begann er hilflos zu weinen.
Insgesamt hatten sie neunzehn Tote in den Häusern der Hauptstraße gefunden, zwölf Männer und sieben Frauen. Keines der Opfer schien eines gewaltsamen Todes gestorben zu sein.
»Gott sei Dank keine Kinder!« meinte einer der Assistenten tonlos.
»In Springfield gab’s keine Kinder«, sagte
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