Jerry Cotton - 0579 - Warum musste Springfield sterben

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hielt die Angelrute fest in der Hand und starrte fasziniert in die silbernen Wellen des schnell fließenden Baches, der irgendwo von den Bergen herab kam und ein heiteres Plätschern und Rauschen erzeugte.
    Das Mädchen trug ein kariertes Sporthemd mit hochgekrempelten Ärmeln, ein Männerhemd, wie es schien. Die Anglerstiefel aus weichem Gummi reichten bis weit über ihre Taille und wurden von über Kreuz geknöpften Trägern festgehalten.
    Das Girl war rotblond. Es hatte das Haar im Nacken zu einem Pferdeschwanz verknotet, der ihm bis auf die Schulter reichte. Figur und Haltung ließen erkennen, daß das Mädchen nicht viel älter als fünfundzwanzig war.
    Ich stoppte neben ihr. »Beißt keiner an?« fragte ich sie und musterte den Korken, der nervös auf den Wellen tanzte.
    »Bei mir beißen sie immer an«, erwiderte das Mädchen spöttisch. Ich betrachtete sein Profil und sah, warum es diese Worte so doppelsinnig äußerte.
    Das Girl war ein Knüller. Bestimmt waren die Männer scharenweise hinter ihm her — auch wenn es an diesem Morgen in aller Frühe allein beim Angeln saß. Vielleicht befand sich sein Freund in der Nähe. Vermutlich war er damit beschäftigt, das Frühstück zuzubereiten. Ja, ich glaubte ihm aufs Wort — bei ihm bissen sie immer an, auch wenn es nur selten Fische sein mochten.
    Neben dem Mädchen stand eine solide Ledertasche mit Anglerutensilien. Die Tasche war geschlossen. Ich konnte also nicht feststellen, ob das Girl schon etwas gefangen hatte. Dafür war es um so leichter festzustellen, wie schön sie war — mit großen graugrünen Augen, die die Kühle des Baches widerzuspiegeln schienen.
    »Was treiben Sie denn hier — ganz allein und um diese Stunde?« wollte ich wissen. Das Mädchen hatte es noch immer nicht für nötig befunden, mich anzusehen.
    »Das sehen Sie doch«, antwortete sie.
    »Wohnen Sie in der Nähe?«
    »Nein.«
    »Sie sind nicht sehr gesprächig, was?«
    »Das haben Angler so an sich.«
    »Gestern ist etwa dreihundert Yard von hier entfernt ein Flugzeug gelandet. Mitten auf einer Wiese. Haben Sie etwas gehört oder gesehen?«
    Das Girl schaute mich zum erstenmal voll an. »Wer sind Sie?«
    »Ich heiße Jerry Cotton«, sagte ich.
    Ich sah erst jetzt, daß das Girl nicht auf dem blanken Stein saß, sondern eine Zeitung darübergelegt hatte. Seltsamerweise ließ die Anglerausrüstung es nicht plump erscheinen. Im Gegenteil. Die hohen Stiefel schienen die grazile Weiblichkeit der jungen Dame eher noch zu betonen.
    »Polizei?« fragte sie.
    »Nein. Aber warum wollen Sie das wissen?«
    »Sie treten auf wie ein Polizist«, behauptete sie.
    »Haben Sie Erfahrungen mit solchen Leuten?«
    Das Girl lächelte spöttisch. »Ich kenn’ diese Typen nur aus den Filmen«, sagte sie.
    »Wie steht es mit dem Flugzeug?«
    »Ich habe keins gesehen, weder gestern noch heute.' Ist etwas passiert?«
    »Es war, wenn man so will, eine Notlandung. Die Wiese ist schließlich keine Landebahn. Aber der Pilot hat die Maschine glatt aufgesetzt. Ich suche ihn.«
    »Bedaure«, meinte sie. »Ich kann Ihnen da nicht helfen.«
    »Schade«, sagte ich.
    Genau in diesem Moment straffte sich die Angelleine. Das Girl sprang auf. Mein Blick fiel auf die Zeitung, die das Mädchen als Unterlage benutzte.
    Mein Herz machte einen jähen, fast schmerzhaften Sprung. Es war eine ganz gewöhnliche Zeitung. Den in Antiqua gedruckten Titelschriftzug sah ich allerdings zum erstenmal.
    Er lautete: »Springfield Morning Star.«
    ***
    »Blinder Alarm«, seufzte das Girl und setzte sich wieder auf die Zeitung. »Und ich dachte schon, einer hätte angebissen.«
    »Es war kein blinder Alarm«, stellte ich fest, »und einer hat angebissen!«
    »Sie natürlich«, meinte das Girl gelangweilt. »Sie sind ein Witzbold. Eigentlich hätte ich Sie für origineller gehalten. Aber Männer müssen wohl so sein. Plump und einfallslos.«
    Ich fragte mich, woher das Mädchen die Zeitung hatte. Wann war das Exemplar gedruckt worden — und wo? Möglicherweise hatte Springfield in den Tagen seiner Blüte eine eigene Zeitung herausgegeben. Für eine Gemeinde von weniger als hundert Seelen war sie bestimmt nicht gedruckt worden.
    »Sie sitzen auf einer Zeitung«, stellte ich fest. »Darf ich mal einen Blick hineinwerfen?«
    Das Girl musterte mich mit seinen Smaragdaugen, deren Ausdruck nicht deutbar schien. »Wollen Sie mich auf den Arm nehmen? Die Zeitung ist uralt. Ich fand sie vorhin auf der Wiese.«
    »Wo?«
    »Dort drüben — sieben