Jerry Cotton - 0584 - Du musst toeten Cotton
Kaffee und Hamburgers auf der Theke zu placieren.
Ich meldete mich und erkannte schon beim ersten Wort die Stimme meines unbekannten Bekannten.
»Morgen, Cotton«, sagte er lässig. »Ich habe es mir gedacht, daß Sie trotzdem dasein werden.«
»Ihre Anweisung war doch klar«, sagte ich ebenso lässig, als ob überhaupt nichts passiert wäre.
»Ja, die war klar. Wissen Sie, Cotton, ich halte Sie für einen cleveren Burschen. Deshalb rufe ich jetzt auch noch einmal an, um Ihnen einen Vorschlag zu machen.«
»Welchen?«
»Geben Sie’s auf, Cotton! Vergessen Sie unsere beiden Treffs! Wenn Sie sich nicht an meinen Rat halten, machen Sie sich vergebliche Arbeit. Sie kommen kein Stück weiter. Ich weiß Bescheid und werde mich danach richten. Bereits angelaufene Aktionen sind abgeblasen, und ihre Spuren enden im Nichts!«
»Schön gesagt«, lobte ich. »Trotzdem weiß ich nicht, wovon Sie reden, Partner.«
»Laß das, Cotton!« sagte er jetzt wieder vertraulicher. »Die Sache mit dem Cop heute nacht hat mich sofort alarmiert. Ich hatte sogar Angst, nicht mehr aus deinem Wagen rauszukommen. Aber du hast selbst einen Fehler gemacht — das war meine Chance, die ich ausgenutzt habe. Jetzt ist die Vorstellung vorbei. Damit du Bescheid weißt, ich habe inzwischen beim FBI angerufen und Mr. Jerry Cotton verlangt. Weißt du, was mir die Mieze am Telefon gesagt hat? Mr. Cotton sei im Moment leider nicht zu erreichen. Willst du abstreiten, daß du ein G-man bist?«
»Nein«, sagte ich. Eine große Auswahl passenderer Antworten hatte ich ja in diesem Moment nicht.
»Einen kleinen Verdacht hatte ich übrigens schon vor der Begegnung mit dem Cop. Ganz kurz vorher. Weißt du noch, wann das war? Ich will es dir sagen: Als ich merkte, daß die alte Scherbe von Auto, mit der du durch die Landschaft fährst, nur äußerlich eine alte Scherbe ist. Von dem Moment an war ich vorsichtig. Deshalb waren auch die 1000 Dollar echt, die ich dir gab.«
»Willst du sie wiederhaben?« fragte ich. »Nein«, beruhigte er mich, »sie gehen auf Geschäftsunkosten. Ich werde sie schon von der Staatskasse wiederholen. Das war’s, G-man Jerry Cotton. Sei froh! Jetzt brauchst du den Mann nicht umzulegen.«
»Du meinst den Mann aus Chicago.«
»Ja, den Mann aus Chicago. Du hast ihm eine Gnadenfrist verschafft!«
Er verabschiedete sich nicht von mir, sondern legte einfach den Hörer auf.
»Damit hat er sich wohl von dir verabschiedet, was?« fragte Phil.
Er verschluckte sich, als ich einen Schein auf die Theke warf und dem Keeper winkte: »Zahlen!«
»Du wolltest aber doch frühstücken und…«
»Im Speisewagen!« sagte ich.
***
Es klopfte dezent an die Kabinentür. Carpenter, der schon angekleidet war, schrak zusammen. Aber dann sprang er auf und zog den Riegel an der Tür zurück.
»Sie haben geläutet, Sir?« fragte der Schlafwagensteward.
»Ja. Wann sind wir in Philadelphia?«
»Zehn Uhr genau, Sir.«
Carpenter schaute schnell auf seine Uhr. Er erschrak, als er sah, wie viele Stunden noch vor ihm lagen. Seit Stunden plagte ihn eine unerklärliche Unruhe. Er mußte einfach etwas dagegen tun. Lange genug hatte er sich jetzt alles überlegt.
»Wo halten wir vorher?«
»Gleich in Harrisburg.«
Sekundenlang überlegte Carpenter noch. Dann stand sein Entschluß fest. »Ich möchte aussteigen. Läßt sich das machen?«
»Selbstverständlich, Sir«, sagte der Steward.
»Hier«, sagte Carpenter aufgeregt und holte den Gepäckschein aus dem Briefumschlag. »Ich habe den Koffer in Chicago als Reisegepäck nach New York aufgegeben. Läßt es sich machen, daß er hier aus dem Zug geholt wird?«
Der Steward schaute auf die Uhr. »Es dürfte knapp werden, Sir, aber ich versuche es natürlich. Ich muß dem Gepäckschaffner Nachricht geben, aber es ist ohne Gewähr. Wenn es nicht mehr geht, müßte der Koffer von der nächsterreichbaren Station zurückgehen. Aber Sie hätten ihn auch dann innerhalb von sechs Stunden.«
Carpenter nickte und suchte in der Tasche nach einem Geldschein. Er drückte ihn dem Steward in die Hand. »Versuchen Sie es auf jeden Fall in Harrisburg!«
»Natürlich, Sir! Fragen Sie bitte bei der Gepäckabfertigung nach, etwa zehn Minuten nach Ankunft!«
Carpenter atmete erleichtert auf, als der Steward, der sich die Gepäckscheinnummer notiert hatte, eilig durch den Seitengang davonstrebte. Der Mann aus Chicago nahm seinen Mantel und verließ die Kabine, die er bis New York bezahlt hatte. Er ging bis zur Plattform und
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