Jerry Cotton - 0584 - Du musst toeten Cotton
sich etwa 30 Meter von mir entfernt aufhalten, wenn mich die besonderen Schallverhältnisse in diesem Tunnel nicht täuschten.
Halbrechts vor mir gähnte die dunkle Öffnung einer Fluchtnische. Die mußte ich erreichen. Unter meinen Füßen knirschte der Schotter.
Dieses Geräusch verriet mich. Meine Gegner ließen keinen Zweifel daran, daß sie es gehört hatten. Weit vor mir blitzte es bläulich-weiß auf. Im gleichen Moment dröhnte der Schuß durch den Tunnel. Pfeifend fauchte das Projektil durch die Finsternis.
Ich nutzte den Moment, in dem der Abschußknall auch den Gangstern in den Ohren dröhnen mußte. Mit riesigen Schritten stürmte ich vorwärts, kam wieder ins Straucheln, fing mich und erreichte die Fluchtnische. Hier war ich erst einmal in Sicherheit.
»Achtung, Dynamit!« brüllte eine Stimme. »Er ist rechts!«
Das mußte der Sänger gewesen sein, der mich bemerkt hatte. Dem Klang nach zu urteilen befand er sich mindestens 20 Meter näher bei mir als sein Kumpan.
Wieder dröhnte ein Schuß durch den Tunnel. Schräg gegenüber stoben Funken von der Wand. Ein Querschläger surrte durch die Gegend.
»He, Dynamit!« brüllte ich.
»Halt’s Maul, Bulle!«
Ein gutes Betriebsklima war das gerade nicht.
»Laß die Schießerei bleiben, Dynamit!« rief ich. »Du bringst dich damit nur in erhebliche Schwierigkeiten. Aus diesem Tunnel kommst du ohnehin nicht mehr ungeschoren raus. Alle Ausgänge sind von der Polizei besetzt.«
»Bluffer!« antwortete er höhnisch. »Weil es oben von Polizei wimmelt, kommst du allein runter, was?«
»Wir wollen euch eine Chance geben«, sagte ich.
»Wir? Wer ist wir?«
»FBI!« sagte ich.
Er schwieg einen Moment. Dadurch hatte ich Gelegenheit, auch den zweiten Mann kennenzulernen.
»Laß dir keine Märchen erzählen, Dynamit! Der Kerl will dich doch nur so weit bringen, daß du aus der Deckung kommst! Dann knallt er dich ab! Alles Märchen, von wegen FBI! Was gehen wir das FBI an?«
»Überleg mal, Sänger!« rief ich hinüber.
»Verdammt! Woher kennst du mich?« Seine Stimme klang verdutzt und ließ deutlich erkennen, daß er nicht damit gerechnet hatte, erkannt worden zu sein.
»Du hast eine sehr markante Stimme, Sänger. Wir kennen dich schon lange!«
Er machte eine heftige Bewegung. Sein Komplice verstand das falsch. Ein dritter Schuß dröhnte durch den Tunnel. Diesmal hatte Dynamit tief gehalten. Er traf eine Schiene, und es gab einen hellklingenden Ton.
»Bleib stehen, wo du stehst, Bulle!« rief Dynamit drohend.
»Gib’s auf, Dynamit!« rief ich zurück. »Mit jedem weiteren Schuß verschlimmerst du deine Lage.«
Er lachte. »Was können wir noch verschlimmern? Der Bulle aus Candys Kneipe ist tot und…«
»Er liegt im Hospital, und er wird es überleben!« versicherte ich ihm.
»Märchen!« brüllte er zurück. »Du willst uns nur hier rauslocken, damit du uns wegen Mordes vor Gericht stellen kannst. Mach dein Testament, Bulle! Wir kommen raus, aber du nicht mehr!«
Der nächste Schuß dröhnte durch den Schacht. Dynamit schoß sich immer besser ein. Diesmal glaubte ich, den Luftzug des vorbeipfeifenden Projektils zu spüren. Der Gangster hatte zum erstenmal nicht auf die gegenüberliegende Seite des Tunnels geschossen. Langsam wurde es gefährlich.
Ich mußte einen Ausweg finden. Ein Rückzug, um die City Police in Marsch setzen zu können, kam nicht mehr in Betracht. Angreifen konnte ich auch nicht. Viel Zeit blieb nicht mehr. Es konnte sich nur noch um Minuten handeln, bis die Cops und Phil kamen. Die Verbrecher aber schossen blindlings in den dunklen Tunnel.
In diesem Moment hörte ich zu gleicher Zeit zwei Geräusche. Eins rechts von mir, das andere halblinks.
»Achtung, Jerry!« Phils Stimme war ganz ruhig.
Doch im gleichen Augenblick blitzte es bei ihm auf. Dröhnend fauchte die Explosion des Abschusses durch das Gewölbe. Unweit von mir schrie ein Mann auf, und ich hörte, wie dieser Mann eine heftige Bewegung machte.
In einen weiteren Schrei von ihm mischte sich ein prasselndes Geräusch. Blaue Funken stoben durch das Dunkel. Mir stockte der Atem.
»Bleib zurück, Jerry!« mahnte Phil. »Es ging nicht anders. Er versuchte, sich an dich heranzuschleichen!«
Der Sänger war still. Er lag höchstens zehn Schritte von mir entfernt. Die Stromschiene war ihm zum Verderben geworden.
»Dynamit!« rief ich.
Er gab keine Antwort. Er rührte sich nicht und schoß auch nicht. Vielleicht hatte ihn das Entsetzen über das Schicksal seines
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