Jerry Cotton - 0588 - Sie hatten mich schon eingesargt
Einfahrt zum Lincoln-Tunnel erreicht. Der Lange steckte sich unbesorgt eine Zigarette an. Louis am Steuer zuckte jedesmal zusammen, wenn sie eine Polizeistreife passierten.
»Stell dich nicht so an!« schimpfte der Lange halblaut. »Muß ich dir vielleicht auf einen Stapel Bibeln schwören, daß uns von den Bullen keine Gefahr droht? Sie kennen uns nicht, und wir haben nichts im Wagen, was wir nicht haben dürften.«
»Alte Gewohnheit«, murrte Louis entschuldigend. »Wohin jetzt?«
»Nächste Abzweigung rechts. Dann ungefähr noch drei Meilen. Ich sage dir, wenn wir abbiegen müssen.«
»Hoffentlich sind keine Wächter da«, überlegte Louis und griff tastend nach dem Revolver, den er trug. Der Lange lächelte verächtlich und schlug ihm die Hand herunter. »Halt das Steuer fest und kümmere dich nicht um irgendwelche Wächter.«
Louis nickte und fuhr eine Weile genau mit der erlaubten Geschwindigkeit geradeaus.
»Möchte nur wissen, woher Sie’s so genau wissen«, fing er wieder an.
»Was?« fragte der Lange.
»Na, daß da keinö Wächter sind!« beharrte Louis.
Der Lange blickte eine Weile sinnend in die Glut seiner Zigarette. »Du bist eben nie weitergekommsn, als du irgendeine Sache ausgekundschaftet hast. Oder ein anderer hat das getan. Dann seid ihr mit Gewalt über die Sache her, habt vielleicht noch jemanden umgelegt und euch genommen, was ihr kriegen konntet.«
»Na, und?«
»Wenn du rechnen könntest, wärst du dir klar darüber, wie viele von euch so ein Ding gedreht haben, und wie viele sie davon kassiert haben. Und was für den einen erfolgreichen übriggeblieben ist. Heute muß man das anders machen.«
»So wie… wir?«
»Genau. Sie können uns einfach nicht erwischen. Elektronik hinterläßt keine Spuren. Und Elektronik ist auch nicht bewacht. Ich meine von jemandem, der mit ’ner MP danebensteht. Elektronik bewacht sich selbst. Und wenn jemand kommt…«
»So… wie wir?«
»Ja, doch. Wenn jemand kommt wie wir und die elektronische Wache mit einer besseren Schaltung übertölpelt, dann arbeitet die Elektronik genauso brav und selbstverständlich für uns wie sonst für die anderen. Noch zweihundert Yard. Dann geht es rechts in den Feldweg hinein. Und dann machst du das Licht aus. Und wenn ich es dir sage, nimmst du die Zündung weg und läßt den Wagen vor dem Haus ausrollen, damit man keine Bremslichter sieht. Klar?«
»Klar, Boß«, nickte Louis ergeben.
***
Mr. High griff zum Telefon und ließ sich mit der Einsatzleitung verbinden.
»Wie lange haben wir keine Meldung von Jerry mehr?« fragte er ruhig.
»Drei Stunden und… zehn Minuten, seit er von unterwegs durchgab, daß er in die Roland Street wollte.«
»Danke, Steve«, sagte Mr. High und legte den Hörer auf. Er nahm ihn aber sogleich wieder, ohne zu wählen.
»Helen, versuchen Sie bitte, Phil Decker zu erreichen. Wenn er im Haus ist, möchte er bitte zu mir kommen.«
Er brauchte keine fünf Minuten zu warten, bis Phil eintrat und auf einen Wink des Chefs vor dem Schreibtisch Platz nahm.
»Sie sind dienstfrei, Phil?« fragte Mr. High. Phil nickte.
»Warum sind Sie dann noch hier?« Phil grinste. »Weil ich auf der einen Seite Ihren Anruf erwartet habe. Auf der anderen hätte ich lieber einen von Jerry gehabt. Wir waren für heute abend zu einer Revanchepartie Schach verabredet. Was liegt an?«
»Jerry hat sich vor drei und einer Viertelstunde über Funk abgemeldet. Auf dem Weg zur Roland Street. Die Nummer ist 172, und es soll sich um ein angeblich unbewohntes Haus handeln, in dem er eine Spur dieses Zeitungsboys entdeckt hat. Des Boys, der seit heute verschwunden ist, seit er Jerry den Tip mit dem blinden Bettler gab.«
»Jetzt weiß ich Bescheid, Sir. Dann fahre ich am besten wohl mal in die Roland Street und hole Jerry dort ab, Chef.«
Mr. High lächelte. »Das wird das beste sein. Aber ich denke, daß ich Ihnen noch jemanden von der Stadtpolizei mitgebe. Bitte« — er machte eine beschwichtigende Handbewegung — »nicht, daß ich Ihnen das alles nicht allein Zutrauen würde, Phil. Aber die Herren können sehr empfindlich sein, wenn nicht eindeutig geklärt ist, wer den Fall nun eigentlich bearbeitet. Augenblick!«
Er ließ sich mit Captain Marker von der Stadtpolizei verbinden.
»Hallo, Captain, ich hätte gern, daß jemand von Ihnen Phil Decker begleitet — eine Nachforschung in der Roland Street. Cötton war da, hat sich aber nicht wieder gemeldet. Wie? Okay, Captain.«
Mr. High legte den Hörer auf
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