Jerry Cotton - 0593 - Der Tote mit zwei Koepfen
Sonnenlicht.
»Komm«, sagte Stewitt.
Sie näherten sich dem Wagen. Stewitt strich wie zufällig am Straßenrand entlang, wo die Leiche liegen mußte.
»Tatsächlich«, brummte er. »Sie liegt noch immer da!«
»Ich will sie nicht sehen«, erwiderte Plaine und kletterte in den Dodge. Der Zündschlüssel saß im Schloß, am Steuer klebte die Zulassungskarte. »Also dann bis später!« sagte er. »Hoffentlich ist genug Sprit drin.«
»Sieh doch nach!«
Plaine startete. Der Tank war noch halb voll.
»Das reicht dreimal bis Manhattan«, sagte er, winkte noch einmal und fing an, den Wagen auf der Straße zu wenden. Er mußte zweimal vor- und wieder zurücksetzen, bis er losfahren konnte.
Kaum hatte er das Wäldchen verlassen, da stieß er auf die erste Gruppe von Bauarbeitern. Sie luden Rohre von einem Lastzug. Ein Stück weiter ratterten Planierraupen und Bagger von Tiefladern.
»Verdammt noch mal«, knurrte Plaine. Er dachte an die Leiche. Es konnte ja gar nicht ausbleiben, daß die Bauarbeiter den toten Körper finden würden. Und dann war natürlich der Teufel los. Es würde von Polizei wimmeln und — wer weiß? — vielleicht sogar auf der Farm. Vielleicht erstreckten die ihre Nachforschungen bis zur Farm. Dann war Stewitt geliefert. Die Geschichte mit der Kleinen brachte ihnen im Staat New Jersey 30 Jahre, das wußte Plaine. Ob er zurückfahren und Stewitt warnen sollte? Aber vielleicht fiel es den Bauarbeitern auf, wenn er jetzt wieder wendete? Nach einigem Zögern entschied sich Plaine dafür weiterzufahren. Wahrscheinlich War er früher mit dem Bus zurück, als die Bauarbeiter oben im Wäldchen ankamen. Man sah doch, daß sie erst einmal außerhalb des Wäldchens arbeiten wollten.
Die Fahrt nach Manhattan verlief ohne Zwischenfälle. Plaine fand die gesuchte Firma und kutschierte den gestohlenen Wagen erleichtert auf den Hof. Ein Mann in einem ölverschmierten Overall schlurfte an ihm vorbei.
»He, Kumpel«, sagte Plaine, »wo steckt der Chef, Mr. Jackson?«
»Da drüben ist das Office.«
Der ausgestreckte Arm wies auf die Rückfront eines flachen Baues, der nach vorn zur South Street hin ’lag. Plaine nickte und überquerte den Hof. Im ersten Zimmer hockten zwei bebrillte Mädchen über ihren Schreibmaschinen.
»Ich möchte mit Mr. Jackson sprechen«, sagte Plaine.
Die Rothaarige sah von ihrer Schreibmaschine auf, musterte Plaine uninteressiert und streckte den Arm aus, um auf eine Tür mit der Aufschrift »Private« zu zeigen. Sehr schön, dachte Plaine.
Ist mir lieber, als wenn sie mich jetzt nach Namen und Besuchsgrund gefragt hätte. Sehr schön, daß sie hier so sparsam mit Wörtern sind. Er klopfte an die Tür.
Ein Farbiger öffnete. Plaine stutzte. Er kannte weiß Gott genug Neger aber der da? Das war ein Farbiger, aber kein richtiger Neger. Plaine wußte nicht, wie die Indios in Südamerika aussehen. Verdutzt betrachtete er den Mann einen Augenblick, dann schob er sich an ihm vorbei. Irgendwo hatte er ein ungemütliches Gefühl im Nacken. Die Art, wie der Farbige ihn ansah, gefiel ihm nicht.
Hinter dem Schreibtisch saß ein Mann in einem dunkelgrauen Anzug und einem makellos weißen Hemd. Er hatte die Füße auf einen Hocker neben dem Schreibtisch gelegt. Auf seinem angewinkelten linken Arm lag eine Siamkatze, die leise schnurrte, während ihr der Mann mit der Rechten den Hals kraulte.
»Guten Tag«, sagte Plaine. »Ich suche Mr. Jackson.«
Der Mann sah von seiner Katze hoch. Er musterte Plaine ziemlich ungeniert, bevor er mit einer weichen Stimme fragte: »Was wollen Sie von Mr. Jackson?«
»Das möchte ich ihm lieber selber sagen.«
»Bitte. Ich heiße Jackson.«
Plaine nickte. Natürlich. Das hatte er erwartet. Aber ihm gefiel der Mann nicht. Plaine hatte nichts gegen Tiere. Vor Jahren hatte er sogar einmal Süßwasserfische gezüchtet. Aber ein Mann, der so mit einer Katze umging — nach Plaines Ansicht war das etwas für eine Frau.
»Mich schickt Bruce Stewitt«, sagte er.
Jackson runzelte die Stirn. Sein Blick ging zu dem Indio in dem schmuddeligen roten Pullover. Der kam auf Tennisschuhen lautlos heran — wie eine Katze auf zwei Beinen, dachte Plaine.
Himmel, wenn ich hier erst wieder draußen wäre! Aber der Farbige blieb nur neben ihm stehen und sah fragend zu Jackson.
»So, so«, brummte Jackson und strich der Siamkatze über das seidig knisternde Fell. »Sie kommen von Stewitt. Das ist ja interessant. Wann haben Sie denn mit ihm gesprochen?«
»Ungefähr vor
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