Jerry Cotton - 0595 - Ich gegen John den Irren
mehr.«
»Mary Heed und Parish waren gestern hier.«
»Wirklich? In dem Tumult habe ich sie nicht bemerkt. Sie können nicht lange geblieben sein.«
Ich tippte an den Hut. »Vielen Dank für die Auskünfte!«
Der Levantiner hielt mich zurück. »Wie ist Ihr Name, Mister? Kann ich Mr. Deysher etwas ausrichten, falls er kommt?«
»Besser nicht! Sie wollten doch nicht zwischen zwei Mühlsteine geraten.«
Ich kletterte in den Chevrolet. Diese Spur wurde von Minute zu Minute heißer. Ein Rauschgifthändler verläßt nicht grundlos den Nightclub, in dem er seine Geschäfte abwickelt. Er verliert mit einem Schlage alle Kunden.
Süchtige können nicht tagelang auf Nachschub warten. Wenn sie ihren gewohnten Lieferanten nicht am gewohnten Platz treffen, machen sie sich sofort auf die Suche nach einer neuen Quelle für das unentbehrliche Gift.
Ich konnte mir nur zwei Gründe vorstellen, die stichhaltig genug waren, um Deysher das Rauschgiftgeschäft an den Nagel hängen zu lassen. Der eine Grund war, daß die Polizei ihm so dicht auf den Fersen saß, daß er sich tot stellen mußte. Der andere, daß er ein Geschäft angefangen hatte, das seine volle Aufmerksamkeit beanspruchte und ihm keine Zeit für den Rauschgifthandel ließ. Ein solches Geschäft mußte ein ganz ungewöhnlich dicker Fisch sein, sonst würde er nicht auf die Einnahme aus dem Rauschgifthandel verzichten.
Ich fuhr nach Queens hinüber. Ich benutzte den Bronx Pelham Highway. Als ich in die Abfahrt zum Bruckner Boulevard einbog, wurde mir klar, daß die Wohnung dieses David Deysher nicht weit von der Fries-Villa entfernt lag. Das konnte Zufall sein, aber es machte die Spur noch einmal um ein paar Grad heißer.
Die Lucerne Street ist eine schmale Straße mit wenigen Häusern. In der spärlichen Beleuchtung war es schwierig zu erkennen, welches Haus blau angestrichen war. Ich fuhr langsam an den Häusern vorbei, wendete und stoppte schließlich vor Nr. 28. Ich stieg aus, um mir den Bau näher anzusehen. Die Fensterläden waren geschlossen. Das Haus machte einen verlassenen Eindruck.
Ich sprang über den niedrigen Zaun des Vorgartens und läutete an der Tür. Sie wurde aufgerissen, während noch mein Finger auf dem Klingelknopf lag. Die Begrüßung war unfreundlich. Aus der Dunkelheit hinter der Tür sagte eine Stimme: »Pfoten hoch! Bei der kleinsten falschen Bewegung knallt’s!«
Ich hob die Hände über den Kopf. »Komm rein!« sagte die Stimme aus der Dunkelheit. Ich machte drei Schritte nach vorn. Das Licht flammte auf.
An der Tür zum Wohnraum stand Mr. Corrado. In der Hand hielt er einen Zwillingsbruder des Colts, den ich ihm abgenommen hatte.
»Tür zu!« befahl er. Ich stieß die Tür mit dem Fuß ins Schloß, Corrado grinste zufrieden. »Ich habe richtig gerechnet, als ich annahm, du würdest hier auf kreuzen. Mac, nimm ihm meine Kanone ab und sieh nach, ob er noch ein Schießeisen mit sich rumschleppt!«
Rechts an der Wand, neben einem Garderobenständer, lehnte ein ungefähr 25jähriger Mann mit einem fahlen, pickligen Gesicht. Er trug statt einer Jacke einen Rollkragenpullover. Er schob sich hinter mich, fischte mir den Corrado-Colt aus dem Hosenbund und tastete mich ab.
»Das ist alles, Carlo.« Er warf Corrado den Colt zu, und der Rauschgiftgangster fing ihn geschickt mit der linken Hand auf.
»Bring ihn ins Wohnzimmer!«
Mac bedachte mich mit zwei Fausthieben in die Nieren, um mich in Gang zu bringen. Corrado wich vor mir in den Wohnraum zurück und schaltete das Licht ein.
»Mach es dir bitte bequem!« sagte er und wies auf einen Sessel. Ich ließ mich hineinfallen. Der Gangster setzte sich auf die Tischplatte und stützte die Hand mit dem Colt bequem auf das Knie. »Bist du der Bursche, der überall ’rumerzählt, er suche ’ne Frau, die zusammen mit einem Mann das Fries-Kidnapping gestartet haben soll?«
»Hat dir das der Bursche mit der spitzen Nase erzählt?«
Er antwortete nicht. »Und den Tip hast du von der Polizei?«
»Nicht auf direktem Wege! Der Tip stammt von einem Zeitungsreporter.«
»Soll Mary Heed die Frau sein?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete ich vorsichtig.
»Warum hast du dann nach ihr gesucht?«
»Ich sagte es schon: alte Liebe!«
Er zog die Lippen von den Zähnen. »Du Witzbold, ich habe keinen Sinn für deine Späße. Sollen wir ausprobieren, ob du noch zum Witzereißen aufgelegt bist, nachdem Mac dich bearbeitet hat?«
Ich blickte zu dem Pullover-Fan hinüber. Er beknabberte seine
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