Jerry Cotton - 0597 - Einstimmig fuer meinen Tod
FBI-Agenten gewöhnt. Die beiden da trugen bunte Hemden zu ihren Anzügen. Und die Hosen wirkten auch nicht gerade frisch gebügelt.
»Ich bin Linda Benson«, sagte sie. »Was gibt es denn?«
»Wir müssen Ihnen etwas zeigen. Im Office. Können Sie gleich mitkommen?« Linda wies auf ihren Wagen, der vor dem Gartentor stand.
»Aber mein Wagen…«
»Den kann mein Kollege mitbringen.«
»Ah ja. Na gut. Es wird hoffentlich nicht lange dauern? Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugetan. Meinem Vater geht es nämlich nicht sehr gut.«
»Glaub’ nicht, daß es lange dauert«, sagte der eine und ging neben ihr her zum Gartentor.
Ungehobelte Kerle, dachte Linda Benson. Er könnte mir wenigstens die Tasche abnehmen. Heute kommt sie mir vor, als ob ich Steine darin hätte.
In der Küche war Moira Parker ans Fenster getreten. Seltsam, dachte sie. Was hat Linda denn mit dem FBI zu tun? Ob sie in irgendwelche Schwierigkeiten geraten ist? Das würde mir aber wirklich leid tun. Sie hat schon genug zu tragen. So jung und schon den Mann verloren und mit einem Kind jetzt ganz allein dazustehen. Und dann auch noch die Sorge um den kranken Vater…
Hinter der niedrigen Hecke stieg einer der beiden Männer in den Wagen von Linda Benson. Der andere Mann hielt ihr die Tür zu einem roten Mustang auf, bevor er sich selbst ans Steuer setzte. Moira Parker zuckte mit den Achseln. Nun, wenn Linda nicht darüber sprechen wollte, ging es sie nichts an. Aber vielleicht sollte sie nächsten Dienstag Linda gegenüber durchblicken lassen, daß sie auf sie zählen konnte, wenn es irgend etwas gab, wobei sie Linda helfen konnte. Sie sah, wie die beiden Wagen abfuhren.
Auf leisen Sohlen stieg sie ins Obergeschoß, um nach dem Kranken zu sehen. Der alte Mann schlief, flach und kurz atmend. Moira schüttelte den Kopf. In der letzten Woche war es spürbar schlimmer geworden. Es war nur die Frage, wie lange das Morphium überhaupt noch anschlagen würde. Schlimm wurde es erst richtig, wenn selbst die stärkste Morphiumdosis die Schmerzen nicht mehr besiegen konnte. Leise schloß sie die Tür und huschte wieder hinab in die Küche, um das von Linda und ihr benutzte Kaffeegeschirr zu spülen.
Als sie eben die letzte Tasse in den Schrank stellte, klingelte es wieder an der Haustür.
»Was ist denn heute los?« murmelte sie. »Der reinste Durchgangsbahnhof. Und sonst läßt sich tagelang niemand blicken.«
Sie zog die schwere Tür auf.
Auf der Schwelle standen zwei Männer, die sofort die Hüte abnahmen, als sie Moira erblickten. Sie mochten beide Mitte der Dreißig sein, trugen unauffällige Anzüge, weiße Hemden und dezent gemusterte Krawatten. Ihre sonnengebräunten energischen Gesichter mit den intelligenten Augen weckten sofort Vertrauen. Sie griffen beide gleichzeitig in ihre Rocktasche und holten ein kleines Etui mit einer Plakette heraus.
»Guten Tag«, sagte der eine. »Ich bin Special Agent Steve Dillaggio, das ist Special Agent Zeerokah vom New Yorker FBI-Büro. Wir suchen Mrs. Benson…«
***
Der folgende Morgen zog in Los Angeles mit schweren Regenböen herauf, die der Wind vom Pazifik hereinblies. Der Reporter Norman Tendier saß in der Redaktion des »Los Angeles Star« hatte die Füße auf den Schreibtisch gelegt und erzählte dem dreißig Jahre älteren Fotoreporter Jack Dorr, was er vom Leben zu denken hatte. Es lag einfach daran, daß Tendier nicht um sechs Uhr früh aufstehen konnte, ohne in Weltuntergangsstimmung zu geraten.
Die beiden hielten eine Art Bereitschaftsdienst aufrecht. Nach Tendlers Meinung war es selbstverständlich kompletter Irrsinn, um acht Uhr früh in einer leeren Redaktion herumzusitzen, weil vielleicht irgendwo irgend etwas passieren könnte.
»Ich will dir was sagen, Jack«, verkündete er mit tragischer Miene.
»Sag mir was«, bat der alte Jack Dorr und schälte seine Orange.
»Dieses verdammte Leben besteht zu neunzig Prozent aus Täuschungen!«
»Aha«, sagte Jack Dorr ungerührt.
»Jawohl! Aus Täuschungen, Lügen, Finten und Betrug! Wir tun so, als ob wir ewig lebten — dabei wissen wir verdammt genau, daß wir eines Tages die Radieschen von unten betrachten werden. Der Boß macht uns vor, daß er anständige Gehälter bezahlt. Dabei weiß er verdammt genau, daß es nicht der Fall ist. Wir machen dem Boß vor, daß wir schuften wie seinerzeit die Pioniere, dabei verquatschen wir die Hälfte unserer Arbeitszeit. Du machst einer Puppe die große Liebe vor, dabei fragst du dich schon, wie du
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