Jerry Cotton - 2909 - Rache ist ein einsames Geschaeft
grinste er zu mir herüber. »Was hältst du von einer Pizza?«, fragte er.
»Im Mezzogiorno ?«
»Nein, dieses Mal ausnahmsweise nicht. Stattdessen schlage ich …« Phil kramte einen Notizzettel aus seiner Jackentasche, »… Ennio’s Pizza Place vor. Das ist der Laden, für den Hank Hamilton ab und zu als Fahrer jobbt. Da können wir gleich einmal sein Alibi überprüfen.«
***
Ennio’s Pizza Place befand sich in einem flachen Gebäude in West New York. In freundlichem Gelb erleuchtet, lag es in einer eher ruhigen Nebenstraße. Neben dem überschaubar großen Restaurant gab es eine Art Drive-in und einen Lieferservice, auf beides wiesen orangefarbene, zuckende Neonreklamen hin. Zwei Fahrzeuge mit der Aufschrift Ennio’s Pizza Place standen vor dem Gebäude.
Im Lokal bediente eine junge Frau. Beine bis in den Himmel, Haare bis zum Po, und sie schien nicht zu bemerken, dass die Blicke fast aller männlichen Gäste an ihr klebten.
»Einen Tisch für zwei?«, fragte sie uns. Ihre Mandelaugen nahmen einen verstörten Ausdruck an, als wir uns nach dem Besitzer erkundigten. Sie brachte uns zu ihm. Ennio, ein kleiner, kugelrunder Italiener, wuselte hinter einem blitzblank gewienerten Metalltresen hin und her und gab einer Handvoll Angestellter in der Küche in seiner Muttersprache lautstark Anweisungen. Wir stellten uns vor und das professionelle Lächeln kippte einen Moment lang aus seinem Gesicht.
»FBI?«, flüsterte er und zerrte uns aus dem Kundenbereich weg nach hinten in ein winziges, völlig überfülltes Büro. »Agents, ich liebe dieses Land. Ich würde mir niemals etwas zuschulden kommen lassen, Amerika ist großartig, bitte glauben Sie mir …«
Phil stoppte den Wasserfall an Worten und erklärte dem Restaurantbesitzer, dass es nicht um ihn ging, dass wir lediglich ein paar Auskünfte bezüglich eines seiner Angestellten benötigten.
»Es geht um eine Zeugenaussage des jungen Mannes«, stellte er klar.
Die Einteilung der Fahrer oblag Ennios Tochter.
»Flora!«, schrie er in den Restaurantbereich hinein und gleich darauf stand die Kellnerin mit den Mandelaugen wieder vor uns.
»Ja, Agents, ich mache die Einteilung der Fahrer«, bestätigte sie und griff in dem Tohuwabohu des überladenen Schreibtischs zielsicher nach einem sauber getippten Plan. Wir nannten ihr Hanks Namen und das Datum, und einen Moment lang schien das Blatt in ihrer Hand leicht zu zittern.
»Hank?« Ihre weiche Stimme lag fragend in der Luft, als sie ihre Aufzeichnungen konsultierte. Phil und ich nickten.
»Es tut mir leid.« In ihren Augen stand aufrichtiges Bedauern. Es galt Hank. Er war an diesem Abend nicht für Ennio gefahren und auch an keinem anderen Tag in der fraglichen Woche.
»Flora, sind Sie ganz sicher?«, fragte ich. Sie biss sich auf die Lippen und nickte.
»Manchmal kommt es vor, dass die Fahrer tauschen. Dann trage ich das hier handschriftlich nach. Aber an diesem Abend gab es keine nachträgliche Veränderung, alle haben gearbeitet wie vorgesehen.« Es war ihr deutlich anzumerken, wie gerne sie uns etwas anderes gesagt und damit Hamilton geholfen hätte. Doch das Alibi des jungen Mannes war gerade geplatzt.
***
Der nächste Morgen wartete mit einigen Überraschungen auf. Er begann zunächst mit einer erfreulichen Nachricht.
»Maggie Hines heißt jetzt Marge Culver. Lebte nach ihrer Namensänderung einige Zeit in Cleveland und zog vor zwei Jahren wieder nach New York zurück, bewohnt jetzt mit der jüngeren ihrer beiden Töchter, Betty, eine Wohnung in Queens«, informierte ich Phil.
»Was ist mit der älteren Tochter?«, wollte mein Partner wissen.
»Die haben wir noch nicht ausfindig gemacht, aber sicher weiß ihre Mutter, wo sie zu finden ist.«
Wenig später saßen Phil, Blair und ich im Büro von Mr High.
Die Befragung der Opferfamilien lief noch, teilte uns Blair mit, bisher gab es keine aufregenden Erkenntnisse.
»Hank Hamilton scheint mir wichtiger zu sein. Ich werde ihm noch mal auf den Zahn fühlen«, bot unser Kollege an.
»In Ordnung, Blair«, sagte Mr High. Dann wollte er wissen, wie Phil und ich weiter verfahren wollten.
»Chef, wir werden Maggie Hines alias Marge Culver und ihre Töchter in einem sicheren Apartment unterbringen. Dafür wollen wir dann zwei FBI-Agentinnen als Lockvögel sowie weitere Wachen in und um Culvers Wohnung positionieren. Wenn der Täter dort aufkreuzt, geht er uns in die Falle. Wir können ihn festnehmen, ohne die beiden Frauen zu gefährden. Sobald wir
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