Jerry Cotton - 2911 - Jung schoen und toedlich
Assistentin bei offiziellen Anlässen gedient.«
»Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?«, wollte Phil wissen.
»Die berühmte Frage, was? Was wollen Sie denn damit bezwecken?« Rojas klatschte herausfordernd mit der flachen Hand auf den Tisch.
»Beantworten Sie einfach meine Frage«, entgegnete Phil beharrlich.
Rojas hob die Schultern und schüttelte den Kopf. »Ich kann mich nicht erinnern – bei den vielen Menschen, die mich besuchen oder anrufen. Ich müsste jetzt wirklich lügen, wenn ich ein genaues Datum nennen sollte..«
»Aber sie hat Sie besucht.«
»Ja, sicher. Öfter sogar.«
Ich stand auf. »Danke«, sagte ich. »Das war’s für heute, Mister Rojas. Sie haben uns sehr geholfen.«
Er starrte mich an und kriegte den Mund nicht wieder zu. »Aber – aber – Sie haben doch noch gar nicht richtig losgelegt!«
»Das brauchten wir nicht mehr«, antwortete ich, während Phil und ich schon hinausgingen.
***
Über dem Atlantik, östlich des Häusermeers von Queens, stand die Morgensonne an einem strahlend blauen Himmel. Wir befanden uns auf der Rückfahrt von Rikers Island, und es kam mir vor, als würden wir uns durch eine geteilte Welt bewegen, denn rechts von uns war es fast stockfinster. Eine schwarze Wolkendecke hing über der weiten Wasserfläche der East-River-Mündung in den Long Island Sound, auch die Bronx und selbst Manhattan schienen im düsteren Herbstwetter zu versinken.
Phil hatte leise Zweifel, ob meine Taktik richtig gewesen war. »Vielleicht hätten wir doch weitermachen sollen«, überlegte er laut. »Wir waren ja auf dem richtigen Weg.«
»Eben drum«, entgegnete ich. »Jetzt hat er Zeit nachzudenken. Und falls wir noch einmal mit ihm sprechen müssen, haben wir wahrscheinlich keine Probleme mehr mit ihm.«
»Jedenfalls war er total von den Socken.« Phil schmunzelte. »Der Hinweis auf Jessica Gonçalves hat ihn kalt erwischt, glaube ich.«
»Erinnerst du dich? Erst hat er nicht reagiert, als ich ihren Namen nannte, dann aber doch. Offensichtlich musste er erst überlegen, ob er zugeben sollte sie zu kennen oder leugnen. Sehe ich das richtig?«
Phil nickte versonnen. Er zog die gleichen Schlussfolgerungen wie ich. Edmundo Rojas war nicht nur ein ungewöhnlich junger Gangsterboss, er war mit Sicherheit auch ein Typ, der von den Frauen vergöttert wurde – von reiferen Frauen vermutlich genauso wie von jüngeren.
Phil klinkte das Mikro aus. Die Funkverbindung war jedoch miserabel; deshalb benutzte er sein Smartphone, um dem Chef Bericht zu erstatten. Phil verband sein Phone mit dem Bordsystem, damit ich mithören konnte.
Während mein Partner mit Mr High sprach, steuerte ich über die Hazen Street den Astoria Boulevard und schließlich den Long Island Expressway an. Nachdem Phil unser Gespräch mit Edmundo Rojas geschildert hatte, erfuhren wir die Neuigkeiten, die sich inzwischen ergeben hatten.
»Wir haben die Tatwaffe«, informierte uns der Assistant Director. »Die Glock aus dem Gun-Sharing-Briefkasten wurde eindeutig zugeordnet. Insgesamt zehn Projektile konnten am Tatort aus dem Erdboden gesichert werden, die restlichen vier aus dem Oberkörper des Toten. Die ballistische Untersuchung ergab eine hundertprozentige Übereinstimmung.«
Auf der Tatwaffe waren insgesamt neun verschiedene Fingerabdrücke gesichert worden, wie Mr High weiter berichtete. Die Erkennungsdienstler hatten sie zwar mit allen verfügbaren Datenbanken abgeglichen, aber keinen einzigen passenden Print aus dem Archiv gefunden. Auf der Schiene Fingerabdrücke würden wir also erst weitermachen können, wenn wir Tatverdächtige hatten.
Die endgültigen Untersuchungsergebnisse der Obduktion lagen ebenfalls vor. Es war bei den schon festgestellten vierzehn Einschüssen geblieben. Allem Anschein nach hatte es sich auch nur um einen einzigen Täter gehandelt. Goran Shames hatte noch auf beiden Beinen gestanden, als ihn die ersten vier Kugeln trafen. Die weiteren waren auf ihn abgefeuert worden, als er schon am Boden lag. Der Mörder musste direkt über ihm gestanden und abgedrückt haben.
Überdies hatten die Spurensicherer tatsächlich Abprallspuren zweier Geschosse an einem dreißig Yards entfernten Betonpfeiler gefunden. Die Kugeln selbst waren noch nicht entdeckt worden, weil sie als Querschläger in eine nicht bestimmbare Richtung geflogen waren. Unter dem Strich hatte sich unsere Vermutung aber bestätigt; lediglich zwei Kugeln aus der Glock hatten Goran Shames verfehlt.
An der Leiche waren keine
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