Jerry Cotton - 2918 - Der Blackout-Plan
Bruder, sondern nur um die Sache mit dem Zusammenbruch der Energieversorgung. Darum sind Sie so sehr hinter dem Killer eines Hackers her, bei dem Sie doch sonst froh wären, dass er Ihre Homepage nicht mehr verunstaltet oder vielleicht sogar Geheimdaten auf Online-Plattformen veröffentlicht.«
»Erstens würde eine Cyber-Attacke, die zu einem derart weitreichenden Blackout führt, unter Umständen Hunderte, wenn nicht sogar Tausende von Todesopfern fordern – allein schon durch ausfallende Verkehrsleitsysteme, Ampelanlagen und den Zusammenbruch der medizinischen Versorgung. Aber ich dachte jetzt auch an die anderen Mitglieder dieses Datamafia Club . Ihr Bruder hätte diesen Plan nicht allein durchführen können, er hat mit anderen darüber kommuniziert, und wie wir jetzt gesehen haben, verstehen die Hintermänner keinen Spaß. Die schalten anscheinend rücksichtslos jeden aus, von dem sie glauben, dass er ihnen gefährlich werden könnte!«
»Da kann ich ja froh sein, dass Chase mich nicht weiter in Details eingeweiht hat.«
»Ja – und ich hoffe, die wissen das auch! Und jetzt mache ich Ihnen einen Vorschlag, wie wir vorankommen können: Sie hören auf, mir vorzuwerfen, dass mein Kollege und ich hier erst eintrafen, nachdem Ihr Bruder ermordet worden war – und ich werde Ihnen nicht vorwerfen, dass Sie sich offenbar erst reichlich spät an uns gewandt haben und Ihr Bruder vielleicht noch leben würde, wenn Sie das eher getan hätten!«
»Wie bitte?«
»So etwas bringt nämlich niemandem etwas – und Ihren Bruder kann es auch nicht wieder lebendig machen.«
»Was Sie nicht sagen …«
»Wir sollten uns jetzt auf den Blick nach vorne konzentrieren. Ich brauche Ihre Hilfe. Alles, was Sie jemals über den Datamafia Club , seine Mitglieder und so weiter gehört haben, will ich wissen. Und auch alles über Ihren Bruder. Sie können ihm jetzt nicht mehr schaden. Nach Rikers wird ihn kein Richter mehr bringen, gleichgültig, was vielleicht noch ans Tageslicht kommt. Darauf brauchen Sie also keine Rücksicht mehr zu nehmen.«
Eine dunkle Röte überzog ihr Gesicht. Sie schluckte. Und vielleicht schluckte sie auch einen Teil ihres Zorns hinunter. Eines Zorns, den sie zwar mir gegenüber abgeladen hatte, der sich aber wohl eigentlich gegen sie selbst richtete. Es lag auf der Hand, dass sie sich Vorwürfe machte, uns so spät eingeschaltet zu haben. Jeder hätte sich die in ihrer Situation gemacht, nehme ich an.
»Also gut«, sagte sie. »Ich werde Ihnen alles sagen, was ich weiß.«
»Und noch etwas: Haben Sie jemanden, bei dem Sie in der nächsten Zeit wohnen können?«, fragte ich. »Ich würde an Ihrer Stelle nicht damit rechnen, dass dieser Killer nichts von Ihnen weiß!«
»Am besten wäre Sicherheitsgewahrsam, Überwachung rund um die Uhr, Telefonüberwachung und Überwachung der Internetverbindung«, schlug Phil vor. »Falls dann diese Leute auch nur Kontakt mit Ihnen aufnehmen oder Sie überwachen sollten, werden unsere Spezialisten das mitbekommen und können die Spuren zurückverfolgen.«
»Das kommt überhaupt nicht in Frage«, entschied Melanie Morton. »Ich habe nichts verbrochen und habe keine Lust, mich wie ein Gefangener fühlen zu müssen.«
»Sie müssen selbst bestimmen, wie weit Ihre Kooperationsbereitschaft gehen soll«, bestätigte ich.
***
Wir begleiteten Melanie Morton zu ihrer Wohnung auf der Lower East Side. Das Haus hatte einen mittleren Sicherheitsstandard. Es wurde zwar nur der Bereich um den Haupteingang videoüberwacht, aber dafür gab es Security Guards. Melanie Morton bewohnte eine für New Yorker Verhältnisse relativ geräumige Wohnung. Ich schätzte die Ausmaße auf gut hundert Quadratmeter, vielleicht auch etwas mehr. Die Einrichtung war sparsam, aber sicher nicht billig. Sie schien eine Vorliebe für antike Möbel zu haben. Sie telefonierte von ihrem Festnetzanschluss aus mit jemandem und eröffnete uns später, dass es sich um eine Freundin handelte. »Dana Garner, Chelsea. Ich schreibe Ihnen die Adresse und die Nummer auf. Vielleicht haben Sie recht und ich sollte etwas vorsichtig sein. Dort kann ich erst mal unterkommen.«
»Gut«, sagte ich. »Haben Sie einen Rechner in der Wohnung?«
»Nein, nur im Büro.«
»Sie trennen Beruf und Privatleben so strikt?«
»Allerdings. Na ja, nicht ganz. Mails checke ich mit dem Smartphone.«
»Benutzen Sie fürs Erste ein anderes Mobiltelefon mit Prepaid-Karte. Wir wissen nicht, ob Sie geortet werden.«
»Daran habe ich
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