Jerry Cotton - 2924 - Ein eiskalter Deal
hören, gefolgt von einem lauten Splittern. Die Tür der kleinen Wohnung in Chinatown war soeben zu Bruch gegangen.
Ein lauter Schrei folgte, begleitet von einem metallischen Schlag, dann hörte ich eine Männerstimme, die auf Chinesisch etwas brüllte.
Ohne ein weiteres Wort drückte ich Phil mein Telefon mit der noch immer offenen Verbindung in die Hand, schaltete Blaulicht und Sirene ein und wechselte mit quietschenden Reifen und unter dem empörten Hupen anderer Verkehrsteilnehmer die Spur.
»Wir müssen in die Baxter Street. Mai-Lin wird gerade überfallen«, informierte ich Phil knapp. Mein Partner nickte, das Telefon noch immer am Ohr. Was auch immer er hörte, es gefiel ihm ganz und gar nicht.
Ich drückte auf die Tube, sosehr es eben ging. Dennoch dauerte es trotz Sirene und in Anbetracht der kurzen Strecke, die wir zurücklegen mussten, schier unendlich lange, bis wir uns durch die nachmittägliche Rushhour bis zur Baxter Street gekämpft hatten.
Ich fuhr so dicht an Mai-Lins Wohnung, wie es möglich war, und stellte den Jaguar dann neben einem fliegenden Händler einfach auf den Bürgersteig. Ich hatte den Wagen noch nicht ganz gestoppt, als Phil schon heraussprang. Mein Partner hatte seine SIG gezogen und rannte mit wehendem Jackett die Stufen zu der kleinen Wohnung hinauf, die die beiden Chinesinnen sich teilten.
Bereits auf dem ersten Absatz standen einige Mieter beisammen. Eine Frau drückte entsetzt die Faust gegen den Mund, eine zweite debattierte mit hoch kreischender Stimme mit einem Mann. Ein junger Kerl, er mochte so um die siebzehn sein, stand ein paar Stufen weiter oben und blickte unschlüssig zu der zerschmetterten Tür hinauf.
Phil nahm mehrere Stufen auf einmal, ich folgte ihm, inzwischen hielt auch ich meine Waffe in der Hand, was die Anwesenden mit einem lauten Schreckensruf quittierten.
»FBI. Gehen Sie in Ihre Wohnungen zurück. Sofort«, schrie ich. Nach allem, was ich gehört hatte und befürchten musste, hatten wir es hier mit ziemlich üblen Gesellen zu tun. Noch eine Geiselnahme mit einem Messerschwinger würde an diesem Tag eindeutig das Maß überschreiten.
Während Phil über die zertrümmerte Tür in die Wohnung sprang, versicherte ich mich mit einem Blick über die Galerie und die weiter nach oben führende Treppe, dass sich dort niemand versteckte. Dann folgte ich meinem Partner.
»Verdammter Mist!« Phil fluchte laut und so heftig, dass sich mir die Nackenhaare aufstellten. Als ich Mai-Lin sah, verstand ich seine Reaktion sofort. Wer auch immer die Kleine überfallen hatte, er hatte gewütet wie ein Berserker. Die junge Chinesin war tot. Ihr zierlicher Körper lag verrenkt in einem der Schlafzimmer, vermutlich ihrem eigenen. Kein Knochen schien mehr heil zu sein, das Gesicht war von Schlägen so zugerichtet, dass man sie kaum erkannte. Trotz der kalten Witterung trug sie auch heute wieder nur Leggins und das graue T-Shirt. Es war hochgerutscht und ließ ein paar blutig geschlagene Rippenbögen sehen. Phil beugte sich zu der Toten herunter und zog das T-Shirt über das schmale Stück malträtierter Haut. Eine behutsame Geste, die mir mehr verriet als alles, was mein Partner jetzt sagen würde.
»Phil, du weißt, wann ihr Anruf kam. Es ist doch noch nicht so lange her. Wer kann dieses Mädchen in einer so kurzen Zeit derartig zugerichtet haben?«
Mein Partner drehte sich zu mir um. Selten hatte ich ihn so gesehen. Eine Mischung aus Wut und unendlicher Trauer lag in seinem Blick. »Mir egal, wer es war, aber ich schwöre dir, wir werden ihn finden. Und wenn ich diesen Bastard in die Finger kriege, dann gnade ihm Gott.«
Langsam gab er mir das Mobiltelefon zurück, die letzte Verbindung der jungen Mai-Lin Fong mit der Außenwelt, mit uns.
»Das war nicht einer allein. Die müssen zu zweit gewesen sein und haben das Mädchen blitzschnell fertiggemacht«, sprach ich meine Gedanken aus.
»Sie hatte keine Chance. Nicht die geringste.«
Dann riefen wir die Spurensicherung und machten uns daran, die Hausbewohner zu vernehmen.
***
»Es waren also zwei Chinesen. Alter – schwer zu schätzen. Größe – abweichende Angaben. Tätowierungen – ja, aber niemand hat genau hingesehen. Keiner der anderen Bewohner des Hauses hat die beiden Kerle jemals vorher gesehen, geschweige denn kennt sie jemand.«
Unser Kollege Steve Dillaggio spielte nervös mit einem Kugelschreiber, während er die mageren Ergebnisse unserer Vernehmungen zusammenfasste.
»Es waren Zhang Yans
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