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Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Sebag Montefiore
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ein anglikanisches Jerusalem errichtet werden und das himmlische Königreich kommen würde. In einer Notiz an Palmerston schrieb er: »Es gibt ein Land ohne Volk, und Gott zeigt uns in seiner Weisheit und Gnade ein Volk ohne Land.« [193]
    »Es wird ein Teil Ihrer Pflichten sein«, ließ Palmerston den britischen Vizekonsul in Jerusalem wissen, »den Juden allgemein Schutz zu gewähren.« Gleichzeitig wies er den Botschafter an der Hohen Pforte an, er solle dem Sultan nachdrücklich nahelegen, »die Juden zu ermuntern, nach Palästina zurückzukehren und sich dort anzusiedeln«. Im September 1839 gründete Young den Jerusalemer Zweig der Londoner Judengesellschaft. Voller Begeisterung merkte Shaftesbury dazu in seinem Tagebuch an: »Die alte Gottesstadt wird wieder eine Stellung unter den Nationen einnehmen. Gott hat es mir in meinem Herzen eingegeben, den Plan zu Seiner Ehre zu ersinnen, und gab mir den Einfluss, mich bei Palmerston durchzusetzen.« Shaftesburys Siegelring trug die Inschrift »Betet für Jerusalem«, während ein anderer von Jerusalem besessener viktorianischer Eiferer – Sir Moses Montefiore – Jerusalem in seinem neuen Wappen trug und es als Inschrift wie einen Talisman an seiner Kutsche, seinem Siegelring und sogar an seinem Bett hatte eingravieren lassen. Im Juni 1839 kehrte Montefiore, mit Pistolen bewaffnet, um das Geld zu verteidigen, das er in London gesammelt hatte, in Begleitung seiner Frau Judith nach Jerusalem zurück.
    Da Jerusalem zu dieser Zeit von einer Pestepidemie heimgesucht wurde, schlug Montefiore sein Lager außerhalb der Stadtmauern auf dem Ölberg auf, wo er Hof hielt und über 300 Besucher empfing. Als die Pest abebbte, hielt Montefiore auf einem Schimmel, den er vom Gouverneur geliehen hatte, Einzug in der Stadt, wo er Bittgesuche entgegennahm und Almosen unter den jüdischen Armen verteilte. In Jerusalem war das Ehepaar Montefiore bei allen drei Glaubensgemeinschaften willkommen, doch als die beiden das Grab des Patriarchen in Hebron besuchten, wurden sie von einer muslimischen Menge angegriffen und kamen nur mit dem Leben davon, weil ihnen osmanische Soldaten zu Hilfe eilten. Montefiore ließ sich durch den Zwischenfall nicht entmutigen. Bei seiner Abreise legte dieser wiedergeborene Jude und überzeugte Imperialist einen ähnlichen, wenn auch sicher anders motivierten messianischen Eifer an den Tag wie Shaftesbury: »O Jerusalem«, schrieb er in sein Tagebuch, »möge die Stadt schon bald in unseren Tagen neu errichtet werden. Amen.«
    Shaftesbury und Montefiore glaubten beide daran, dass die britische Kolonialherrschaft und die Rückkehr der Juden nach Zion von Gott bestimmt seien. Zusammen gerieten der gerechte Eifer der Evangelikalen und die leidenschaftliche Schwärmerei messianischer Juden zu einer der fixen Ideen des viktorianischen Zeitalters, und zufällig kehrte der Maler David Roberts gerade zur richtigen Zeit aus Palästina zurück, um England mit seinen romantischen Visionen eines übertrieben orientalischen Jerusalem zu beglücken, das nur auf die schützende Hand Großbritanniens und auf die Neuerrichtung durch die Juden wartete. Und die Juden bedurften dringend des britischen Schutzes, denn die beiderseitigen Versicherungen der Toleranz sowohl durch den Sultan als auch durch die Albaner lösten eine tödliche Gegenreaktion aus.
    James Finn: Der evangelikale Konsul
    Im März 1840 wurden in Damaskus sieben Juden beschuldigt, einen christlichen Mönch und seinen Diener ermordet zu haben, um ihr Blut am Passahfest als Menschenopfer zu gebrauchen. Es war eine jener berüchtigten »Blutanklagen«, wie sie erstmals während des Zweiten Kreuzzuges im 12. Jahrhundert in Oxford erhoben worden waren. Man warf 63 jüdische Kinder ins Gefängnis und folterte sie, damit ihre Mütter verrieten, »wo sie das Blut versteckt hatten«.
    Sir Moses Montefiore, der gerade erst nach London zurückgekehrt war, schickte sich mit Unterstützung der Rothschilds an, die Damaszener Juden vor dieser mittelalterlichen Hexenjagd zu retten. Gemeinsam mit dem französischen Anwalt Adolphe Cremieux brach er eilends nach Alexandria auf, wo er Mehmed Ali überredete, die Freilassung der Gefangenen zu bewirken. Als es wenige Wochen später auf Rhodos erneut zu einer Blutanklage kam, zögerte Montefiore nicht, von Alexandria nach Istanbul zu segeln. Hier wurde er vom Sultan empfangen, und er konnte ihn dazu bringen, einen Beschluss zu erlassen, in dem es hieß, dass solche Blutanklagen

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