Jesus liebt mich
und erschrak sofort über mich selbst: Mein verdammtes Unterbewusstsein wollte mit diesem Mann ins Bett?
«Was wollen wir denn oben machen?», fragte Joshua völlig arglos.
Nein, ich durfte nicht mit ihm ins Bett gehen. Das war aus ganz vielen Gründen falsch: wegen Sven, wegen Sven und wegen Sven. Und auch wegen Kata, von der ich dann die nächsten Jahre sicher nur noch Bemerkungen übers Hobeln hören würde.
«Marie?»
«Ja?»
«Ich hab dich was gefragt.»
«Ja, das hast du», bestätigte ich.
«Gibst du mir auch eine Antwort auf meine Frage?»
«Klar.»
Wir schwiegen.
«Marie?»
«Ja?»
«Du wolltest mir eine Antwort geben.»
«Ähem, wie war noch gleich die Frage?»
«Warum soll ich dich nach oben begleiten?», wiederholte Joshua sanft. Er hatte anscheinend wirklich keine Ahnung.Verrückt. Er war so unschuldig. Irgendwie machte ihn das noch viel, viel anziehender.
Aber wenn er keine Ahnung hatte, was ich da oben mit ihm wollte, könnte ich mich doch vielleicht noch leicht aus der Affäre ziehen und mich selbst davor bewahren, gleich den nächsten Fehler zu begehen. Oder noch schlimmer: mir von ihm einen Korb zu holen.
Ich würde das Ganze sicher locker abbiegen können. Ich dürfte mit meinem besoffenen Kopf nur nicht etwas so Verfängliches wie «Kaffee trinken» antworten.
«Was willst du mit mir tun?», fragte Joshua nochmal.
«Hobeln.»
«Hobeln?»
Scheißrotwein!
«Äh … ich meinte habeln.»
«Habeln?»
«Ja», grinste ich ziemlich verquer.
«Was ist das?»
Mein Gott, woher sollte ich das wissen?
«Ich … ähem … meine doch hobeln … den Dachstuhl machen», erklärte ich hastig.
«Du willst, dass wir gemeinsam an dem Dachstuhl arbeiten?»
«Ja!», antwortete ich, froh, die Kurve bekommen zu haben.
«Dann wecken wir aber um diese Zeit deinen Vater und deine Schwester», gab Joshua zu bedenken.
«Genau, und deswegen lassen wir es ja auch bleiben!», verkündete ich leicht durchgedreht.
Joshua blickte mich verwundert an. Ich grinste verlegen.
Dann sagte er: «Gut, dann hobeln wir beide morgen miteinander.»
«Das hab ich gehört!», schrie eine lallende, aggressive Stimme hinter uns. Ich drehte mich um, und hinter dem Pflaumenbaum am Rande unseres großen Vorgartengrundstücks trat Sven hervor. Hatte er die ganze Zeit vor meinem Haus auf mich gewartet?
Er sah furchtbar aus. Er war betrunken und unglaublich wütend. «Du hast mich betrogen!», schrie er mich an.
«Hab ich nicht», antwortete ich.
«Nein, natürlich nicht», höhnte er bitter. «Ich wette, du hast mit dem Langhaaraffen schon die ganze Zeit rumgemacht.»
«Mein Freund», sagte Joshua in einem ruhigen Tonfall und stellte sich zwischen uns. «Erhebe deine Stimme nicht gegen Marie.»
«Verpiss dich, Hippie. Oder ich poliere dir die Fresse!», drohte Sven.
«Tu das nicht», mahnte Joshua sanft. Doch da schlug Sven ihm schon mit der flachen Hand ins Gesicht.
«O mein Gott!», schrie ich auf und blickte zu Joshua. Der hielt sich die Wange, anscheinend hatte Sven ihn hart getroffen.
«Komm, prügle dich, wenn du ein Mann bist!», schrie Sven Joshua an.
Joshua aber blieb einfach stehen, tat nichts, rein gar nichts. Sicher hätte er den angetrunkenen Sven vermöbeln können, er wirkte viel durchtrainierter. Außerdem war er nicht ansatzweise so betrunken wie Sven. Doch Joshua machte überhaupt keine Anstalten, auf die Provokation einzugehen: «Ich werde nicht mit dir kämpfen, mein Freu …»
«Ich bin nicht dein Freund!» Sven schlug nochmal zu. Diesmal mit der Faust.
«Ahh …», stöhnte Joshua auf. Das musste sehr wehgetan haben.
«Wehr dich!», forderte Sven auf.
Doch Joshua stellte sich nur vor Sven, friedlich, ohne jegliche Aggression. Er machte einen auf Gandhi für Arme. Sven hingegen schlug nochmal zu. Joshua ging zu Boden. Sven stürzte sich auf ihn, prügelte weiter und weiter und schrie dabei: «Wehr dich, du Schwuchtel!»
Voller Panik dachte ich: «Ja, Joshua, wehr dich! Lass dich nicht so verprügeln!»
Aber Joshua schlug nicht zurück. Sven prügelte weiter auf ihn ein. Ich konnte es nicht ertragen, packte Sven am Kragen und riss ihn von Joshua weg: «Hör sofort auf damit!»
Sven starrte mich wütend an, keuchte mir seine Alkoholfahne ins Gesicht. Für einen kurzen Moment befürchtete ich, er würde auch mich schlagen. Aber er tat es nicht. Er ließ von Joshua ab, sagte zu mir: «Ich will dich nie wiedersehen», und ging.
So laut wie ich konnte, brüllte ich ihm
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