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Jesus von Nazareth - Band II

Jesus von Nazareth - Band II

Titel: Jesus von Nazareth - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedikt XVI
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„ipsissima verba Iesu“ – Jesu ureigene Worte – aus der Menge des überlieferten Stoffes herauszuschälen versucht, um darin den sicheren Fels des Glaubens zu finden: Was Jesus wirklich selbst gesagt hat, darauf können wir bauen. Obwohl die Ergebnisse von Jeremias nach wie vor bedeutend und – wissenschaftlich gesehen – von hohem Gewicht sind, gibt es begründete kritische Anfragen, die zumindest zeigen, dass die erreichte Gewissheit ihre Grenzen hat.
     
    Was können wir also erwarten? Was nicht? Vom Theologischen her ist zu sagen: Wenn die Geschichtlichkeit der wesentlichen Worte und Ereignisse wirklich wissenschaftlich als unmöglich erwiesen werden könnte, hätte der Glaube seinen Boden verloren. Umgekehrt darf man absolute Gewissheitsbeweise über jede Einzelheit, wie gesagt, vom Wesen historischer Erkenntnis her nicht erwarten. Wichtig ist daher für uns, ob die Grundüberzeugungen des Glaubens auch bei vollem Ernst heutiger exegetischer Erkenntnisse historisch möglich und glaubwürdig sind.
    Viele Details mögen offen bleiben. Aber das „factum est“des Johannes-Prologs (1,14) gilt als christliche Grundkategorie nicht nur für die Menschwerdung als solche, sondern muss auch für Abendmahl, Kreuz und Auferstehung in Anspruch genommen werden: Die Fleischwerdung Jesu ist auf seine Hingabe für die Menschen und diese auf die Auferstehung hingeordnet, sonst ist das Christentum nicht wahr. Die Wirklichkeit dieses „factum est“ können wir – wie gesagt – nicht in der Weise absoluter historischer Gewissheit anschauen, aber ihre Ernsthaftigkeit bei rechtem Lesen der Schrift als solche erkennen.
    Die letzte Gewissheit, auf die wir unsere ganze Existenz gründen, schenkt uns der Glaube – das demütige Mitglauben mit der vom Heiligen Geist geführten Kirche aller Jahrhunderte. Von da aus können wir im Übrigen getrost auf die exegetischen Hypothesen hinblicken, die ihrerseits allzu oft mit einem Gewissheitspathos auftreten, das schon dadurch widerlegt wird, dass laufend gegensätzliche Positionen mit der gleichen Gebärde wissenschaftlicher Gewissheit vorgetragen werden.
     
    Von diesen methodischen Grundsätzen her möchte ich versuchen, aus dem Ganzen des Disputs die für den Glauben wesentlichen Fragen auszuwählen. Dies soll in vier Abschnitten geschehen. An erster Stelle ist die Frage nach dem Datum von Jesu Abendmahlsfeier zu bedenken, bei der es wesentlich darum geht, ob es sich um ein Pascha-Mahl gehandelt hat oder nicht. An zweiter Stelle sind die Texte zu bedenken, in denen uns vom Letzten Mahl Jesu berichtet wird. Dabei wird dann die Frage nach der historischen Glaubwürdigkeit dieser Berichte zu behandeln sein. An dritter Stelle möchte ich eine Auslegung der wesentlichen theologischen Inhalte der Abendmahls-Überlieferungversuchen. Schließlich müssen wir im vierten Abschnitt den Blick über die neutestamentliche Überlieferung hinaus werfen und die Entstehung der Eucharistie der Kirche bedenken – den Vorgang, den Augustinus als Übergang vom Abendmahl zum „Morgenopfer“ beschrieben hat (vgl.
En. in Ps
. 140,5).
    Was die Schreibung
Passah
,
Pascha
usw. angeht, so hat seinerzeit Joachim Jeremias mit der bei ihm gewohnten Gelehrsamkeit gezeigt, dass es
Passah
heißen müsse. Aufgrund neuerer Forschungen schreibt zum Beispiel Ulrich Wilckens
Päsach
. Da dieses Buch ein Dialog mit dem Neuen Testament ist, habe ich mich entschlossen, zur Schreibung des Neuen Testaments zurückzukehren und
Pascha
zu sagen.

DAS DATUM DES LETZTEN ABENDMAHLS
     
     
    D as Problem der Datierung von Jesu Letztem Mahl beruht auf dem Widerspruch in dieser Frage zwischen den synoptischen Evangelien einerseits und dem Johannes-Evangelium andererseits. Markus, dem Matthäus und Lukas im Wesentlichen folgen, gibt dazu eine präzise Datierung: „Am ersten Tag des Festes der Ungesäuerten Brote, an dem man das Pascha-Lamm schlachtete, sagten die Jünger zu Jesus: Wo sollen wir das Pascha-Mahl für dich vorbereiten?   … Als es Abend wurde, kam Jesus mit den Zwölf“ (Mk 14,12.17). Der Abend des ersten Tags der Ungesäuerten Brote, an dem im Tempel die Pascha-Lämmer geschlachtet werden, ist die Vigil des Pascha-Festes. Nach der Chronologie der Synoptiker ist dies ein Donnerstag.
    Nach Sonnenuntergang begann das Pascha-Fest, und zu dieser Zeit wurde das Pascha-Mahl eingenommen – von Jesus mit seinen Jüngern ebenso wie von allen nach Jerusalem gekommenen Pilgern. In der Nacht zum Freitag wurde dann –

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