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Jesus von Nazareth - Band II

Jesus von Nazareth - Band II

Titel: Jesus von Nazareth - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedikt XVI
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worden, seine Sendung werde zunächst nur zu weitererVerstockung beitragen, und erst durch sie hindurch könne dann das Heil kommen. Den Jüngern sagt Jesus schon in der ersten Phase seiner Verkündigung, dass genau dies die Struktur seines Weges sein werde (Mk 4,10ff; vgl. Jes 6,9f).
    So werden aber die Gleichnisse alle, die ganze Reich-Gottes-Botschaft, unter das Zeichen des Kreuzes gestellt. Wir könnten vom Abendmahl und von der Auferstehung her dazu sagen, dass gerade das Kreuz die äußerste Radikalisierung der bedingungslosen Liebe Gottes ist, in der er gegen alle Verneinung von Seiten der Menschen sich selber gibt, das Nein der Menschen auf sich nimmt und so in sein Ja hineinzieht (vgl. 2   Kor 1,19). Diese kreuzestheologische Interpretation der Gleichnisse und ihrer Reich-Gottes-Botschaft findet sich dann auch in den Parallelworten der beiden anderen Synoptiker (Mt 13,10   –   17; Lk 8,9f).
    Die von Anfang an geltende Bestimmtheit der Botschaft Jesu durch das Kreuz erscheint auch noch in anderer Weise in den synoptischen Evangelien. Ich beschränke mich auf zwei Hinweise.
    Am Anfang der Wege Jesu steht bei Matthäus die Bergpredigt mit der feierlichen Eröffnung in den Seligpreisungen. Sie sind als Ganzes von der Perspektive des Kreuzes geprägt, die dann in der letzten Seligpreisung mit voller Schärfe hervortritt: „Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich. Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein. Denn so hatten sie schon vorher auch die Propheten verfolgt“ (Mt 5,10ff).
    Schließlich ist noch daran zu erinnern, dass Lukas an den Anfang seiner Darstellung von Jesu Weg seine Verwerfung in Nazareth stellt (vgl. 4,16   –   29). Jesus verkündet, dass die Verheißung des Jesaja von einem Gnadenjahr des Herrn erfüllt sei: „Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze   …“ (4,18). Aber seine Landsleute geraten alsbald ob seines Anspruchs in Wut und treiben ihn zur Stadt hinaus: „Sie brachten ihn an den Abhang des Berges, auf dem ihre Stadt erbaut war, und wollten ihn hinabstürzen“ (4,29). Gerade mit der Gnadenbotschaft, die Jesus ausrichtet, eröffnet sich die Perspektive des Kreuzes. Lukas, der sein Evangelium sorgfältig komponiert hat, hat ganz bewusst diese Szene als eine Art Überschrift über Jesu ganzes Wirken gestellt.
     
    Einen Widerspruch zwischen Jesu Freudenbotschaft und seiner Annahme des Kreuzes als Tod für viele gibt es nicht, im Gegenteil: Erst in dieser Annahme und Umwandlung des Todes erreicht die Gnadenbotschaft ihre ganze Tiefe. Im Übrigen ist die Vorstellung von der Entstehung der Eucharistie in der „Gemeinde“ auch historisch völlig absurd. Wer hätte sich leisten können, einen solchen Gedanken, eine solche Wirklichkeit zu schaffen? Wie hätte es möglich sein sollen, dass die frühen Christen – eindeutig schon in den 30er Jahren – widerspruchslos eine solche Erfindung angenommen hätten?
    Mit Recht sagt Pesch dazu, „dass bislang überhaupt keine überzeugende Sekundärerklärung der Abendmahlsüberlieferung vorgelegt werden konnte“ (
Abendmahl
,S.   21). Es gibt sie nicht. Nur aus dem Eigenen des Bewusstseins Jesu konnte dies kommen. Nur er konnte so souverän die Fäden von Gesetz und Propheten zur Einheit verweben – ganz in der Treue zur Schrift und ganz in der Neuheit seines Sohnseins. Nur weil er selbst es gesagt und getan hatte, konnte die Kirche in ihren verschiedenen Strömungen von Anfang an „das Brot brechen“, so wie Jesus es in der Nacht des Verrats getan hatte.

DIE THEOLOGIE DER EINSETZUNGSWORTE
     
     
    N ach all diesen Überlegungen über den geschichtlichen Rahmen und über die historische Verlässlichkeit der Einsetzungsworte Jesu wird es nun Zeit, sich deren inhaltlichen Aussagen zuzuwenden. Zunächst ist noch einmal daran zu erinnern, dass uns in den vier Eucharistieberichten zwei Überlieferungstypen mit charakteristischen Unterschieden begegnen, die wir hier nicht im Einzelnen zu untersuchen brauchen. Die wichtigsten Unterschiede sollen aber doch kurz benannt werden.
    Während nach Markus (14,22) und Matthäus (26,26) das Brotwort nur lautet: „Das ist mein Leib“, heißt es bei Paulus: „Das ist

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