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Jesus von Nazareth - Band II

Jesus von Nazareth - Band II

Titel: Jesus von Nazareth - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedikt XVI
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Auferstehung ist nicht nur Jesu persönliche Errettung aus dem Tod. Denn in diesem Tod stand er nicht für sich allein. Es war ein Sterben „für die anderen“; es ging um die Überwindung des Todes überhaupt.
    So darf man die Erhörung gewiss auch von dem Paralleltextbei Joh 12,27f her verstehen, wo die Stimme vom Himmel her auf die Bitte Jesu: „Vater, verherrliche deinen Namen!“ antwortet: „Ich habe ihn schon verherrlicht und werde ihn wieder verherrlichen.“ Das Kreuz selbst ist die Verherrlichung Gottes geworden, Erscheinen von Gottes Herrlichkeit in der Liebe des Sohnes. Diese Herrlichkeit reicht über den Augenblick hinaus in die ganze Weite der Geschichte hinein. Diese Herrlichkeit ist Leben. Am Kreuz selbst erscheint – verhüllt und doch eindringlich – Gottes Herrlichkeit, die Umwandlung von Tod in Leben.
    Vom Kreuz her kommt neues Leben auf die Menschen zu. Am Kreuz wird Jesus zum Quell des Lebens für sich und für alle. Am Kreuz wird der Tod besiegt. Die Erhörung Jesu betrifft die Menschheit als Ganze: Sein Gehorsam wird Leben für alle. Und so schließt denn auch sinngemäß dieser Abschnitt des Hebräer-Briefs mit den Worten: „Er ist für alle, die ihm gehorchen, der Urheber des ewigen Heils geworden und wurde von Gott angeredet als ‚Hohepriester nach der Ordnung Melchisedeks’“ (5,9f; Ps 110,4).

7.   KAPITEL
DER PROZESS JESU
     

D as nächtliche Beten Jesu endete nach dem Bericht aller vier Evangelien damit, dass unter Führung von Judas eine der Tempelbehörde unterstehende bewaffnete Truppe kam und Jesus verhaftete, während die Jünger unbehelligt blieben.
    Wie kam es zu dieser offensichtlich von der Tempelbehörde – letztlich vom Hohepriester Kajaphas – angeordneten Verhaftung? Wie kam es zur Überstellung Jesu an das Gericht des römischen Statthalters Pilatus und zur Verurteilung zum Kreuzestod?
    Die Evangelien gestatten uns, auf dem Weg zum rechtskräftigen Todesurteil drei Etappen zu unterscheiden: eine Ratsversammlung im Haus des Kajaphas, das Verhör Jesu vor dem Synedrium und schließlich den Prozess vor Pilatus.

VORBERATUNG IM SYNEDRIUM
     
     
    D as Auftreten Jesu und die sich um ihn bildende Bewegung hatten offensichtlich die Tempelbehörde zunächst wenig interessiert; das Ganze schien eher eine provinzielle Angelegenheit zu sein – eine der Bewegungen, die sich gelegentlich in Galiläa bildeten, und keines großen Aufhebens wert. Die Situation änderte sich mit dem „Palmsonntag“: Die messianische Huldigung für Jesus bei seinem Einzug in Jerusalem; die Tempelreinigung mit dem Deutewort, das das Ende des Tempels überhaupt und eine grundsätzliche Änderung des Kults im Widerspruch zu den von Mose gegebenen Ordnungen anzukündigen schien; die Predigten Jesu im Tempel, in denen ein Vollmachtsanspruch vernehmbar wurde, der der messianischen Hoffnung eine neue, den Monotheismus Israels bedrohende Form zu geben schien; die Wunder, die Jesus öffentlich tat, und der wachsende Zustrom des Volkes zu ihm – das alles waren Vorgänge, die nicht mehr ignoriert werden durften.
    In den Tagen um das Pascha-Fest, in denen die Stadt mit Pilgern überfüllt war und messianische Hoffnungen leicht zu politischem Dynamit werden konnten, musste die Tempelbehörde ihre Verantwortung wahrnehmen und sich zuallererst darüber Klarheit verschaffen, was von dem Ganzen zu halten und wie dann darauf zu reagieren sei. Nur Johannes berichtet näherhin über eine Sitzung des Synedriums, das der Meinungsbildung undBeschlussfassung über den Fall Jesu diente (11,47   –   53). Er datiert sie übrigens vor den „Palmsonntag“ und sieht als ihren direkten Anlass die Volksbewegung, die im Anschluss an die Erweckung des Lazarus entstanden war. Ohne eine solche vorgängige Beschlussfassung ist die Verhaftung Jesu in der Nacht von Gethsemani undenkbar. Offenbar hat Johannes hier eine historische Erinnerung bewahrt, von der kürzer auch die Synoptiker (Mk 14,1 par.) berichten.
     
    Nach Johannes sind Hohepriester und Pharisäer – die zwei in vielem einander entgegenstehenden führenden Gruppierungen des Judentums zur Zeit Jesu – miteinander versammelt. Ihre gemeinsame Befürchtung lautet: „Es werden die Römer kommen und uns ‚den Ort’ (d.   h. den Tempel, die heilige Stätte der Gottesverehrung) und das Volk wegnehmen“ (11,48). Man ist versucht zu sagen, das Motiv zum Vorgehen gegen Jesus sei eine politische Sorge gewesen, in der sich von unterschiedlichen Ausgangspunkten

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