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Jesus von Nazareth - Band II

Jesus von Nazareth - Band II

Titel: Jesus von Nazareth - Band II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedikt XVI
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Erde sich zum Gott Israels, zum Gott Jesu Christi bekehrten – dass die Kirche Christi aus allen Völkern wuchs? Eucharistie (Lobpreisung: v. 26; Sättigung: v. 27) und Universalismus des Heils (v. 28) erscheinen als die große Erhörung von Gott her, die dem Schrei Jesu antwortet. Es ist wichtig, sich immer den weiten Ereignisbogen dieses Psalms vor Augen zu halten, um zu verstehen, warum er in der Kreuzesgeschichte eine so zentrale Rolle spielt.
     
    Den zweiten Grundtext   – Jes 53 – haben wir bereits im Zusammenhang des Hohepriesterlichen Gebets Jesu behandelt. Marius Reiser hat eine sorgfältige Analyse dieses geheimnisvollen Textes vorgelegt, bei deren Lektüre man wieder das Staunen der frühen Christenheit darüber erlernen kann, wie Zug um Zug der Weg Jesu Christi vorhergesagt ist. Der Prophet – nun gelesen mit allen Mitteln moderner kritischer Textanalyse – spricht als Evangelist.
    Gehen wir jetzt zu einer kurzen Betrachtung der wesentlichen Elemente der Kreuzigungsberichte über.

JESUS AM KREUZ
     
     
    Das erste Wort Jesu am Kreuz: „Vater, vergib ihnen“
     
    D as erste Wort Jesu am Kreuz, fast noch während des Aktes der Kreuzigung gesprochen, ist eine Vergebungsbitte für diejenigen, die so an ihm handeln: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lk 23,34). Was der Herr in der Bergpredigt verkündet hatte, vollzieht er hier selbst. Er kennt keinen Hass. Er ruft nicht nach Rache. Er bittet um Vergebung für die, die ihn ans Kreuz bringen, und motiviert diese Bitte: „Sie wissen nicht, was sie tun.“
    Dieses Wort vom Nichtwissen kehrt dann in der Predigt des heiligen Petrus in der Apostelgeschichte wieder. Er erinnert die Masse, die sich nach der Heilung des Gelähmten in der Halle Salomos versammelt hat, zunächst daran, dass sie „den Heiligen und Gerechten verleugnet und die Freilassung eines Mörders gefordert“ hatte (Apg 3,14). „Den Urheber des Lebens habt ihr getötet, aber Gott hat ihn von den Toten auferweckt“ (3,15). Nach dieser schmerzlichen Erinnerung, die schon zu seiner Pfingstpredigt gehört und die Menschen mitten ins Herz getroffen hat (2,37), fährt er fort: „Nun, Brüder, ich weiß, ihr habt aus Unwissenheit gehandelt, ebenso wie eure Führer“ (3,17).
    Noch einmal erscheint das Motiv des Nichtwissens in einem autobiographischen Rückblick des heiligen Paulus.Er erinnert daran, dass er selbst Jesus „früher lästerte, verfolgte und verhöhnte“; dann fährt er fort: „Aber ich habe Erbarmen gefunden, denn ich habe im Nichtwissen gehandelt, im Unglauben“ (1   Tim 1,13). Im Hinblick auf sein früheres Selbstbewusstsein als perfekter Gesetzesschüler, der die Schrift kannte und erfüllte, ist dies ein hartes Wort: Er, der bei den besten Meistern gelernt hatte und sich selbst als wahren Schriftgelehrten ansehen durfte, muss rückschauend bekennen, dass er unwissend war. Aber es ist die Unwissenheit, die ihn gerettet hat und die ihn der Bekehrung und der Vergebung fähig machte. Freilich, dieses Miteinander von gelehrtem Wissen und tiefem Unwissen muss nachdenklich machen. Es zeigt die Problematik eines Wissens auf, das selbstherrlich bleibt und so nicht die Wahrheit selbst erreicht, die den Menschen umgestalten müsste.
    Noch einmal auf andere Weise erscheint dasselbe Ineinander von Wissen und Unverständnis in der Geschichte von den Weisen aus dem Morgenland. Die Hohepriester und Schriftgelehrten wissen genau, wo der Messias geboren wird. Aber sie erkennen ihn nicht. Wissend bleiben sie blind (vgl. Mt 2, 4   –   6).
    Es ist offenkundig, dass dieses Miteinander von Wissen und Nichtwissen, von materieller Kenntnis und tiefem Unverstehen, in allen Zeiten vorkommt. Insofern muss das Wort Jesu vom Nichtwissen mit seinen Anwendungen in den verschiedenen Situationen der Schrift gerade auch heute die vermeintlich Wissenden aufrütteln. Sind wir nicht gerade als Wissende blind? Sind wir nicht gerade durch unser Wissen unfähig, die Wahrheit selbst zu erkennen, die sich im Gewussten uns zuwenden möchte? Entziehen wir uns nicht dem Schmerz jener insHerz treffenden Wahrheit, von der Petrus in der Pfingstpredigt gesprochen hat? Nichtwissen mindert die Schuld, lässt den Weg zur Bekehrung offen. Aber es ist nicht einfach Entschuldigung, weil es zugleich eine Dumpfheit des Herzens verrät, die sich dem Anspruch der Wahrheit verweigert. Umso mehr bleibt es für alle Zeiten und für alle Menschen ein Trost, dass der Herr sowohl bei den wirklich

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