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Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch

Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch

Titel: Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
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gesellschaftliches Ereignis ersten Ranges.
    Am Ankunftstag verkündete ein Ausrufer das Erscheinen des neuen Amtsträgers. Dann begann der Aufzug mit den Liktoren, Männern im roten Kriegsornat. In der Mitte des Aufmarsches stand der Beauftragte des Kaisers, abgeschirmt von seiner Leibwache. Hinter ihm schritten die römischen Nobiles, die den Statthalter in die Provinz begleiteten. Sie fungierten nach hellenistischem Vorbild auch als Leibgarde. Am Ende des Zuges gingen Künstler und Musiker, Diener, Sklaven, Köche und Bäcker, gefolgt von reich beladenen Fuhrwerken – die Mächtigen zeigten demonstrativ ihren Wohlstand.
    Da lebte viel vom griechischen Stil im römischen fort. Und ähnlich wie die Griechen setzten auch die Römer auf eine Architektur der Macht. Die Statthalter der Provinz Asia etwa residierten bis zum Ende des 2. Jahrhunderts in der prächtigen Metropole Pergamon, schreibt der Althistoriker Raimund Schulz. Auch die Dienerschaft der Vertreter Roms orientierte sich am Hofpersonal der hellenistischen Könige. Teure Kleidung, opulente Bewirtung von Gästen, kostbarer Schmuck der Machthaber standen für ein aristokratisches Lebensgefühl. Dabei achteten die Repräsentanten Roms darauf, sich gegenüber der beherrschten Bevölkerung nicht völlig zu isolieren. Bei Gerichtstagen hörten sie Klagen an. Aus der örtlichen Elite schufen sie sich ein Netz aus Informanten und Helfern. In diesem Patronagesystem fanden sich griechische Intellektuelle ebenso wie grobe Schurken, etwa Geldeintreiber.
    Die sich ausbreitende Korruption wurde zu einer tragenden Säule des Herrschaftssystems in den Provinzen. Verwaltungsleute, die in trübe finanzielle Geschäfte verwickelt waren, mussten kaum Bestrafung fürchten. Großgrundbesitzer etwa konnten ihre Interessen mit Hilfe bestechlicher Beamter durchsetzen. Dem Imperium fehlten Kontrollinstanzen. Kaum anders ging es in der Hauptstadt zu. Messalina, die Gattin des Kaisers Claudius, der Kaiser Vespasian und seine Konkubine Antonia Caenis verkauften Statthalterposten. So wurde der Ämterkauf im 1. Jahrhundert auch auf unteren Ebenen salonfähig. Dabei unterhielt das Imperium einen erstaunlich kleinen Verwaltungsapparat. In den ersten drei Jahrhunderten der Kaiserzeit waren nur bis zu 10000 Menschen im Staatsdienst beschäftigt, zu wenig, um überhaupt nur die Steuereinnahmen der Provinzen effektiv zu kontrollieren.
    Zum Teil kompensierten die Römer diese Schwäche durch ihr aufwendiges Kommunikationssystem. Augustus schuf eine im gesamten Reich funktionierende Post. Ein Netz von Stationen und Herbergen, mit wechselnden Pferdegespannen, sorgte für einen verlässlichen Informationsfluss. So beförderten kaiserliche Kuriere im 1. Jahrhundert jährlich etwa 1200 Briefe. Zwar führten einem geflügelten Wort zufolge alle Wege nach Rom, doch die Qualität der Straßen ließ mitunter noch zu wünschen übrig. Ein Brief von Trier nach Rom benötigte im günstigsten Fall 22 Tage. Allgegenwärtig war im ganzen Reich der Personenkult um die Herrscher, ein zentrales Bindemittel des multiethnischen Imperiums. Münzen in Gold, Silber und Bronze trugen auf der Vorderseite das Porträt des Kaisers. Unzählige Kaiserbilder standen in Theatern, auf öffentlichen Plätzen und privaten Grundstücken.
    Der Kaiserkult hatte auch einen praktischen Nutzen: Junge Männer aus den unterworfenen Völkern, die von der Aura der Macht ergriffen waren, ließen sich so leichter für den Waffendienst werben. In den Auxiliartruppen, den Hilfseinheiten der römischen Legionen, dienten Provinzbewohner meist 25 Jahre lang. Die Soldaten erhielten danach das römische Bürgerrecht, Anführer schon früher. Die Auxiliarveteranen, unter ihnen Syrer, Gallier und Germanen, kulturell romanisiert, wurden so zu einer Vorhut der Integration. Welches Risiko der Einsatz von Hilfswilligen mit sich bringen konnte, erfuhr erstmals Kaiser Augustus. Zu den von römischen Militärs ausgebildeten Anführern germanischer Verbände gehörte auch Arminius, Sohn eines Cheruskerfürsten. Der Germane lockte ein römisches Heer unter dem Feldherrn Publius Quinctilius Varus im Jahr 9 n. Chr. in einen Hinterhalt. In der später so genannten Varusschlacht gingen drei Legionen unter, samt ihrem General, der sich nach dem Desaster das Leben nahm. Die Schlacht wurde zum Wetterleuchten der Weltgeschichte. Erstmals stoppten nordische Barbaren den römischen Eroberungsdrang. Noch vier Jahrhunderte sollte es dauern, bis Westgoten die Hauptstadt

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