Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch
ist auch auf einem Mosaik im nur 1,5 Kilometer von der Fundstelle entfernten Magdala abgebildet. Das Mosaik schmückte einst den Fußboden einer Stadtvilla – Fischfang war die Basis des Reichtums in Magdala, den die Bewohner auch wieder in ihre Arbeitsgrundlage, den Hafen, investierten. Der ist eine technisch hervorragende und moderne Konstruktion, wurde mit großer Sorgfalt erbaut und war damals mit einer 200 Meter langen Mole und einem 70 Meter breiten Wellenbrecher einer der größten am See. Dort dümpelten nach Beschreibungen des Historikers Josephus bis zu 230 Schiffe im Wasser.
In der Villa mit dem Bootsmosaik wohnte aller Wahrscheinlichkeit nach eine Familie, die durch den Fang, die Konservierung und den Vertrieb von Fisch zu Reichtum gekommen war. Davon gab es einige in Magdala – und sie demonstrierten ihren Wohlstand mit luxuriösen Häusern und feinem Geschirr. Anders als im eher sozialistisch anmutenden Kapernaum gab es in Magdala, der Geburtsstadt Maria Magdalenas, sehr wohl eine Oberschicht. Die liebte es, sich durch Äußerlichkeiten vom Plebs abzusetzen. Gerade die Funde der letzten Jahre legen nahe, dass Magdala eine kleine, aber sehr feine jüdisch-hellenistische Stadt war. Bislang sind noch keine Grabungsergebnisse veröffentlicht, aber erste Berichte der Ausgräber lassen schon erahnen, dass Magdala es kulturell durchaus mit den größeren Städten Griechenlands und Kleinasiens aufnehmen konnte.
Hier gibt es auch ein gutes Beispiel dafür, was passiert, wenn biblischer Eifer den Blick der Archäologen trübt: ein kleines Gebäude, das die Ausgräber der Stadt zunächst als frühe »Mini-Synagoge« gefeiert hatten. Erst eine nüchterne Betrachtung zeigte, dass es sich wahrscheinlich um ein Brunnenhaus oder gar eine öffentliche Toilette handelt, die zu einer großen Badeanlage gehörte. Die Synagoge lag neben dem Bad und wurde erst bei den jüngsten Ausgrabungen entdeckt. Es ist allerdings wohl nicht die große, repräsentative Synagoge der Stadt, sondern nur eine kleine Nachbarschaftssynagoge. Die Wände sind mit Malereien im herodianischen Stil geschmückt, das Gebäude stand also bereits zu Lebzeiten Jesu.
Eher in die Größenordnung des Fischerdorfs Kapernaum gehörte wiederum das weiter nordöstlich gelegene Betsaida auf dem Hügel et-Tell. Die Entdeckung dieser Siedlung ist noch recht jung und die Identifizierung als Betsaida unter den Wissenschaftlern umstritten. 1967, während des Sechstagekriegs, nutzten die Syrer den Hügel gegenüber der israelischen Jordangrenze als Militärstützpunkt. Entsprechend zernarbt ist seine Oberfläche von Schützengräben, Bunkern und Flugabwehrstellungen. Nach Kriegsende zog die syrische Armee zwar ab, ließ jedoch jede Menge Minen im Boden zurück. Kuhherden betraten als erste das verminte Gelände. Dann kamen die Archäologen. In den siebziger und frühen achtziger Jahren bewegte sich der Benediktinermönch Bargil Pixner auf seinen archäologischen Streifzügen strikt entlang der Trampelpfade der Rinder, um sicher das Gelände durchqueren zu können. Er fand Keramikscherben aus hellenistischer und frührömischer Zeit – und damit wohl den schon seit dem Mittelalter gesuchten Fischerort Betsaida.
Als das Gelände dann geräumt war, stießen die Ausgräber auf die ersten Häuser. Anders als in Kapernaum war hier nichts geordnet. Die Wohnhäuser an alten, schiefen Straßen waren eher organisch über Jahrhunderte gewachsen als geplant gebaut. Bisher wurden keine öffentlichen Gebäude gefunden, aber die könnten in dem noch unausgegrabenen Teil des Areals liegen. Eine Stadt war Betsaida, wenn auch wohl nur auf dem Papier. Denn um das Jahr 30 n. Chr. gefiel dem Herodessohn Philippus das Dorf nahe der Jordanmündung so sehr, dass er ihm den Titel einer Polis (griechisch: Stadt) verlieh und nach Julia Augusta (Livia), der gerade verstorbenen Mutter des Kaisers Tiberius, in Julias umbenannte. Wer lebte in diesem Dorf mit Stadtrechten? Typische Indizien eines regen jüdischen Lebens, wie zum Beispiel eine Synagoge, Mikwen – jüdische Bäder – und Gräber oder Ossuarien als letzte Ruhestätte tauchten bislang in Betsaida nicht auf. Dafür fanden die Ausgräber viele Steingefäße, wie sie vornehmlich in jüdischen Haushalten gebraucht wurden. Es ist auffällig, dass es kaum Darstellungen von Göttern, Menschen und Tieren gibt – wie sie der jüdische Glaube verbieten würde. Es gibt aber auch Hinweise auf nichtjüdische Bewohner.
Bezeichnend ist vor
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