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Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch

Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch

Titel: Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
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an denen konnten auch Juden teilnehmen, ohne dabei gegen ihren Glauben verstoßen zu müssen. Aus schriftlichen Quellen wissen wir, dass es ein Sportstadion und eine Pferderennbahn gab – nach denen die Archäologen aber bislang noch suchen. Nur in seinen eigenen vier Wänden hielt Antipas es nicht so genau mit der Religion: Seinen Palast ließ er mit Tierdarstellungen dekorieren.
    Antipas’ Vater Herodes hatte sein Hauptaugenmerk auf Jerusalem gerichtet. Die Stadt war bald nicht wiederzuerkennen. Alles war neu. Die Wasserleitung. Die Zitadelle mit massiven Turmanlagen. Herodes’ eigener Palast. Und natürlich der Tempel, das zentrale Heiligtum der Juden. Weil die Hügelkuppe, auf der angeblich schon Salomo im 10. Jahrhundert vor Christus den ersten Tempel platziert hatte, für die gigantischen Pläne des Königs viel zu klein war, ließ Herodes Steine und Sand herbeischleppen, um eine neue Plattform zu schaffen. Die heutige Klagemauer auf der Westseite des Hügels ist das letzte Zeugnis dieser Vorbereitungsarbeiten. Angeblich erzählten die Juden Jesus, als er den Tempel besuchte, dass die Arbeiten auf dem Tempelberg bereits seit 46 Jahren im Gange seien. Zwar war der Tempel zur Zeit Jesu weitgehend fertig gebaut und betriebsbereit, die umgebende Anlage jedoch wahrscheinlich noch eine Baustelle.
    Die Jerusalemer sollten nicht nur schöner ihrem Gott huldigen können, sondern auch schöner wohnen. Und so nahm sich Herodes auch die Oberstadt vor, wo die Reichen lebten; die hasmonäischen Könige hatten hier ihre Paläste gehabt, Herodes selbst residierte hier in den luftigen Höhen genauso wie die Hohepriester mit ihren Familien. Herodes verpasste dem alten verwinkelten Viertel nun den neuen römischen Mainstream-Look: Breite, gerade Straßen, öffentliche Plätze und Prunkbauten – so muss Jesus sie gesehen haben. Der Glanz währte nicht lange. Ende Juli 70 zerstörten die Römer den Tempel. Einen Monat später plünderten sie auch die Paläste der Oberstadt und machten das Viertel dem Erdboden gleich. Das volle Ausmaß des römischen Zorns offenbarte sich noch einmal knapp 2000 Jahre später. Nach dem Sechstagekrieg planten die Israelis die vorher zu Jordanien gehörende Oberstadt neu. Nicht nur politisch, auch architektonisch sollte ein klarer Schnitt gezogen werden. Dabei ließ die Regierung die geschichtsträchtigen Stätten archäologisch untersuchen. Was die Ausgräber fanden, waren Zeugnisse der römischen Gewalt.
    Als beispielhaft gilt die Geschichte des »Verbrannten Hauses«, das Besucher heute im Jüdischen Viertel besichtigen können. Alles war den brüllenden Flammen zum Opfer gefallen. Die Steine gebrannt von der intensiven Hitze. Die Holzbalken verkohlt. Über allem lag eine dichte Ruß- und Ascheschicht. Die archäologischen Reste erzählen vom Leid, das sich in diesen Mauern im Jahr 70 abspielte, aber auch vom Prunk und Reichtum zuvor, der Lebensweise und Kultur der jüdischen Oberschicht in Jerusalem. Überall fanden die Archäologen das Notgeld jener Zeit – Münzen, die in den Jahren der Rebellion zwischen 66 und 70 geprägt wurden. In einer Ecke lehnte noch der eiserne Speer eines wohl jüdischen Widerstandskämpfers. Und auf der Schwelle zu einem Nebenraum lag ein Armknochen. Es war der Unterarm einer jungen Frau, vom Ellenbogen bis zu den Fingerspitzen – im Tod hatte sie ihre Hand verzweifelt um die steinerne Türschwelle gekrallt.

ZU SCHÖN, UM WAHR ZU SEIN
    Irrtümer und Fälschungen der Christus-Archäologie
    Von Angelika Franz
    Der Wunsch ist der Feind des Wissenschaftlers, denn er erzeugt Irrtümer. Leider macht der Drang, Gebeine und Artefakte des Heilands und seiner Jünger zu finden, die Forscher oft blind für Zweifel – und anfällig für Fälschungen. So war es im Fall des Ossuariums von Jakobus, das fast als authentisch anerkannt wurde. Der Inschriftenkundler André Lemaire von der Pariser Sorbonne-Universität wirbelte einigen Staub auf, als er 2002 in der November-Ausgabe der Zeitschrift »Biblical Archaeology Review« die Inschrift auf der Knochenkiste veröffentlichte. »Jakob, Sohn des Josef, Bruder des Jesus« stand in aramäischer Schrift darauf. Lemaire wünschte sehnlichst, hier tatsächlich die Gebeine eines Jesus-Bruders entdeckt zu haben, und datierte siegesgewiss den Schreibstil der Buchstaben auf das Jahr 63. Das hätte zu schön gepasst, denn just im Jahr zuvor soll der unglückliche Jakobus sein Leben als Märtyrer im Steinhagel eines wütenden Mobs beendet

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