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Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch

Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch

Titel: Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Pieper , Annette Großbongardt
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an den Weinstock binden und seiner Eselin Füllen an die edle Rebe. Er wird sein Kleid in Wein waschen und seinen Mantel in Traubenblut. Seine Augen sind dunkel von Wein und seine Zähne weiß von Milch« (1. Mose 49,11). Der Weinstock, der nicht selten an einem Feigenbaum hochwächst, ist kräftig genug, um den Esel zu halten; das heißt: Er ist schon einige Jahre alt. Sesshaftigkeit, Wohlstand, Sicherheit, Frieden – das sind die Assoziationen, die dieses Bild ausstrahlt. Jahrhunderte später verdichtet sich diese Bildsymbolik dramatisch. Das Weinberg-Weinstock-Motiv wird auf Jesus selbst übertragen. Im Johannesevangelium (15,1–5) sagt Jesus: »Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater der Weingärtner. Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, wird er wegnehmen; und eine jede, die Frucht bringt, wird er reinigen, dass sie mehr Frucht bringe. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.«
    Für die Zeitgenossen des Mannes aus Nazareth ist Wein keine Kostbarkeit, sondern ein übliches Getränk. Guter Wein wächst in Samaria, höchste Qualität erzeugen die Winzer auf Rhodos und Zypern. Zum jüdischen Sedermahl am Vorabend des Pessachfestes gehören bis heute mehrere Becher Wein, von denen einer dem Propheten Elija zugedacht ist. Beim letzten Abendmahl ist es Jesus, der den Kelch nimmt und sagt: »Trinket alle daraus; das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden. Ich sage euch: Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, an dem ich von Neuem davon trinken werde mit euch in meines Vaters Reich.«
    Der Wein, dieser lösende Trank des messianischen Freudenmahls, gehört im Alten Testament zu den kultisch bedeutsamen sieben Segnungen des gelobten Landes, das den Juden nach dem Auszug aus der ägyptischen Gefangenschaft verheißen ist – neben Öl, Getreide, Honig, Most, Rindern und Schafen. Im Neuen Testament entfernt er sich vom profanen Nahrungskontext und symbolisiert das Opferblut des Gottessohnes, wofür die mosaische Rede vom »Traubenblut« des Juda eine Vorlage geliefert hat. Gewiss geht es bei alldem um Rotwein, nicht um Weißwein, der eher an Wasser als an Blut denken lässt. Das christliche Abendmahl ist die extrem überhöhte Variante des griechischen Gastmahls. Aus dem Löser der philosophisch beflügelten Geselligkeit unter gleichgesinnten Freunden wird der Symbolsaft der Erlösung zu jenem Seelenfrieden, den das blutige Selbstopfer des Gottessohnes den Menschen verheißt.

Der Fluch des Täufers
    Bis zum Ende versuchte Jesus aus dem Schatten des Meisters Johannes zu kommen, der ihn taufte – und mit ihm brach.
    Von Christoph Türcke
    Ein sonderbarer Mann steht am Anfang des ältesten christlichen Evangeliums: Johannes, genannt »der Täufer«. Er trat »in der Wüste« auf, »bekleidet mit Kamelhaaren und einem ledernen Gürtel um seine Hüfte«, »aß Heuschrecken und wilden Honig«. Er »verkündigte die Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden« und taufte im Jordanfluss (Mk 1,4–6). Und die Leute kamen scharenweise; zwar gewiss nicht »das ganze jüdische Land und alle Jerusalemer«, aber doch viele. »Umkehr« nahm er offenbar ganz wörtlich, nicht nur mental als Buße, sondern auch geografisch als Rückkehr in jenen Wüstenstand, in dem Israel einst von Mose das Gesetz empfing.
    Auch kulturell versetzte er sich in die Wüste zurück und nahm die Kleidung und Nahrung von Jägern und Sammlern an – reduziert auf ein asketisches Minimum. Umkehr bedeutete somit auch Abkehr von Jerusalem, vom Tempel, ja überhaupt von der Sesshaftigkeit als dem Status, der Israels authentische Gesetzestreue der Wüstenzeit korrumpiert hat. Nicht das im Tempel verwendete Reinigungswasser soll läutern, sondern der natürliche Fluss in der Wildnis.
    Der Täufer kommt nicht nur im Neuen Testament vor. Auch der jüdische Geschichtsschreiber Josephus Flavius erwähnt ihn, nennt ihn »einen edlen Mann«, »der die Juden anhielt, nach Vollkommenheit zu streben, Gerechtigkeit gegeneinander und Frömmigkeit gegen Gott zu üben und so zur Taufe zu kommen« – und spricht von »der wunderbaren Anziehungskraft solcher Reden« auf »eine gewaltige Menschenmenge«. Dieser massenwirksame Taufprediger muss öffentlich sein Missfallen geäußert haben, als der jüdische Herrscher von Roms Gnaden, Herodes, seinem Bruder die Frau ausspannte,

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