Jesus Von Nazareth - Und Die Anfaenge Des Christentums - Ein SPIEGEL-Buch
Ägypten und im Nahen Osten gab es eine beachtenswerte Medizintradition. Reste einer Hausapotheke haben Archäologen sogar in mehr als 5000 Jahre alten Gefäßen aus der Zeit der ersten Pharaonen gefunden. In Tonkrügen im Grab des Pharaos Skorpion I. konnten Forscher um Patrick McGovern von der University of Pennsylvania Spuren von Heilkräutern nachweisen. Diese seien zerrieben oder als Sud in Getränke wie Wein gekippt worden – zum Beispiel, um Magenprobleme zu bekämpfen. Dokumente wie der 3600 Jahre alte Papyrus Edwin Smith (benannt nach seinem Entdecker) beschrieben außerdem anhand konkreter Fälle die überraschend weit ausgeprägten chirurgischen Fähigkeiten der ägyptischen Mediziner. Einige Mumien lassen erfolgreiche Fußamputationen vermuten. Allerdings setzten die Ärzte der Pharaonenzeit vor allem in schweren Fällen auch auf Magie.
Im Römischen Reich, in dem Jesus sich bewegte, hatte man sich lange Zeit fast ausschließlich mit allerlei mystischen Hausrezepten beholfen, anzuwenden vom »Pater familias«, also dem Haupt des Haushalts. So empfahl Staatsmann Cato ein zweifelhaftes Mittel gegen fast alle Leiden: Kohl. Erst um die Zeitenwende öffneten sich die Römer langsam für die jahrhundertealte Medizinkultur aus dem Osten. Knapp zwei Jahrhunderte nach Jesu Wirken schreibt Galenos von Pergamon (um 129 bis 199) mehrbändige Werke zu Medizinfragen. Von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften werden sie im Rahmen des Projektes »Corpus Medicorum« gerade für das Digitalzeitalter aufbereitet.
Ein wichtiges Thema für die Mediziner der Antike war die Medikamentenkunde. Der Medizinhistoriker Schulze spricht von »einer großen Begeisterung für alles Pharmazeutische«. Allerlei wundersame Substanzen wurden da gemixt – Krokodilkot, das Blut exekutierter Strafgefangener, Straßendreck und so weiter. Doch nicht nur solch kuriose Ingredienzen, auch veritable – und durchaus wirksame – Heilpflanzen wurden verarbeitet. So listet der griechische Pharmakologe Pedanios Dioscurides (um 40 bis 90) in seiner »Materia Medica« rund 1000 Arzneibestandteile auf, davon 810 pflanzlicher Natur. Vor allem bei chronischen Leiden mögen antike Ärzte damit durchaus segensreich gewirkt haben. Allerdings ist die Erfolgskontrolle aus heutiger Sicht extrem schwierig – schon allein deswegen, weil Forscher Probleme mit der Identifikation vieler der genannten Pflanzen haben.
Das frühe Christentum stand der medizinischen Heilkunst zunächst recht kritisch gegenüber, zu fremd schienen die heidnischen Ansätze der Medizin. Was blieb vom Wunderheiler Jesus Christus, wenn profund ausgebildete Ärzte in manchen Fällen Ähnliches erreichten? Doch überraschend schnell freundeten sich die Kirchenväter dann mit den Medizinern an. Man fand, wie Christian Schulze erklärt, einen recht pragmatischen Ansatz: »Die Medizin kommt von Gott, die Ärzte auch.«
Der heilige Trank
Mehr als jedes andere Getränk ist Wein in der abendländischen Überlieferung mit religiöser Symbolik aufgeladen.
Von Mathias Schreiber
Keine Frucht wächst so nah am Ursprung der Menschheit wie die Weintraube. Nach der Sintflut verlassen Noah, der »Gerechte«, und seine drei Söhne die hölzerne Arche. »Von ihnen«, heißt es im ersten Buch Mose, »kommen her alle Menschen auf Erden.« Und was macht der Stammvater auf der eben erst getrockneten Erde? »Noah aber, der Ackermann, pflanzte als Erster einen Weinberg. Und da er von dem Wein trank, ward er trunken und lag aufgedeckt im Zelt.« Die Erzeugung von Wein zählt zu den ältesten Kulturtaten der Menschheit, zugleich ist der Wein eines der wunderbarsten Geschenke der Natur.
Keine Religion hat zur Heiligung des Weines mehr beigetragen als die jüdische und daran anschließend die christliche. Das erste Buch Mose, in dem Noah den Weinberg anlegt, wurde, nach älteren Vorstufen, wahrscheinlich im 6. Jahrhundert v. Chr. aufgezeichnet. Gewiss gab es im Vorderen Orient lange vorher den Wein. In Georgien und in der nordöstlichen Türkei hat man Rebenkerne gefunden, deren Mutterpflanzen offenkundig von Menschen kultiviert wurden. Das war ungefähr 6000 v. Chr. Im iranischen Zagros-Gebirge entdeckten Archäologen eine Kelteranlage, die um 5000 v. Chr. angelegt wurde.
Auch in Mesopotamien und in Ägypten wurde Wein angebaut. Er wurde vom sumerischen Gottkönig Gilgamesch, dem obersten Herrn der Stadt Uruk, ebenso goutiert wie von Osiris, dem ägyptischen Totengott – Gilgamesch ist
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