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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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sie dann auch, wenn du weißt, daß sie passieren werden, aber du sagst es keinem ... ? «
    »Klingt eher nicht so, außer niemand sieht nicht, wie du's keinem sagst.«
    »Scheiße, Verm. Weißt du was - vergiß es einfach.« Seine Augen verengen sich zu Messerklingen; er tritt in die Pedale und radelt vor mir weiter. Ich glaub nicht, daß er noch so eine Woche wie die letzte durchsteht, sein Verlangen nach irgendeinem Zipfelchen Macht ist manchmal wirklich beängstigend. Weder ist er ein Held im Sport noch ein Überflieger in der Schule, aber was viel schlimmer ist: Er kann sich keine neuen Markensachen leisten. Die offiziell anerkannten Wege zur Rechtschaffenheit sind ihm damit versperrt. Versteht mich nicht falsch, er ist ein kluger Kopf, das weiß ich, weil wir Millionen langer Minuten damit verbracht haben, Insekten zu jagen, Flugzeuge zu bauen und Gewehre zu ölen. Mal haben wir uns verkracht, dann haben wir uns wieder zusammengerauft, und immer wußte ich, daß er weiß, daß ich sein weiches Herz kenne. Jesus ist auf so viele Arten menschlich, aber nie wird sich jemand die Mühe machen, seine Menschlichkeit auszuloten. Ich bin der einzige, der sie kennt.
    Das Klassenzimmer ist an diesem Dienstagmorgen wie ein Pizzaofen, in dem alle üblichen Gerüche zu einem Nachgeschmack von Speichel auf Metall verbacken sind. Ausgewählte Schleimscheißer werden von Lichtstrahlen auf ihre Tische gespießt; im dicksten Strahl sitzt Jesus, eingeschnürt von seiner Schulpose. Er starrt auf die Tischplatte und bietet seinen Rücken dar, entblößt seine Wunde. Auch du hast wahrscheinlich eine Wunde, in der jeder, der dir nahesteht, nach Lust und Laune rumstochern kann. Du solltest aufpassen, daß niemand sonst sie bemerkt. Verdammt gut aufpassen - Jesus ist der Beleg dafür.
    »Yo Jaysus, dein Arsch tropft«, sagt Max Lechuga. Er ist der stämmige Typ in der Klasse, ihr wißt schon, welcher. Eigentlich muß man sogar sagen, er ist fett, wenn man seine aufblasbare Fresse so sieht. »Haltet euch fern von Jaysus' Arsch, die Feuerwehr hat bei ihrem Einsatz letzte Nacht wieder vier Männer verloren.« Um ihn drängen sich die Gurie-Zwillinge und stacheln ihn an. Dann macht er mit mir weiter. »Na, Vermie - heut schon eine kleine Analpackung gekriegt?
    »Leck mich am Arsch, Lechuga.«
    »Könnte dir so passen, Schwuchtel.«
    »Ich bin keine Schwuchtel, Fettsack.«
    Lorna Speltz ist ein Mädchen, das mit Zeitverzögerung reagiert. Sie hat gerade den ersten Witz kapiert. »Vielleicht steckt ja ein ganzes Feuerwehrauto da drin«, sagt sie gackernd. Das ist das offizielle Startsignal für die restlichen dummen Gänse. Hi, hi, hi.
    In keinem Lehrplan steht etwas über diesen menschlichen Schleimgulasch, das will mir einfach nicht in den Kopf. Man verbringt seine Zeit damit, sich die Hauptstadt von Surinam zu merken, und währenddessen ritzen einem diese Spasten ihre Initialen in den Rücken.
    »Auf geht's, Fans der Physik!« Marion Nuckles betritt in einer Wolke von Calvin-Klein-Kreidestaub den Raum, voller Schwung und mit durchgedrücktem Rücken. Er ist der einzige Typ, den man im Hochsommer mit Kordsamthosen sehen wird, aber er könnte wahrscheinlich auch kurze Lederhosen tragen, ohne lachen zu müssen.
    »Wer hat an eine Kerze gedacht?« fragt er. Ich stell plötzlich fest, daß mein Schuh aufgegangen ist, genau wie so ziemlich alle, mit Ausnahme von Dana Gurie, die eine Schachtel mit Aromatherapiekerzen hervorholt.
    »Huch, ich hab das Preisschild gar nicht abgemacht!« Sie wedelt in Zeitlupe mit der Schachtel umher, und es sieht sogar so aus, als ob sie den Preis mit einem Edding nachgezogen hat - unsere Dana. Normalerweise ist sie damit beschäftigt zu petzen, wer ins Aquarium im Bioraum gereihert hat. Die Berufsberater meinen, sie wird mal eine prima Journalistin abgeben.
    Lechuga springt auf. »Ich glaub, Jesus hat seine Kerze schon benutzt, Sir.«
    Vorsichtig tastend, kommen die ersten Lacher. Nuckles strafft sich. »Hast du uns etwas zu sagen, Max?«
    »Sie sollten vielleicht nicht unbedingt Jesus' Kerze anfassen, das ist alles.«
    »Wo war sie denn deiner Meinung nach?«
    Max wägt das Beifallspotential ab. »In seinem Arsch.«
    Die ganze Klasse detoniert durch die Nase.
    »Mr. Nuckles«, sagt Dana, »wir sind hier, um etwas zu lernen, aber das scheint nicht sehr lehrreich zu sein.«
    »Ja, Sir«, sagt Charlotte Brewster, »wir haben ein verfassungsmäßiges Recht auf Schutz vor abartigen sexuellen Einflüssen.«
    »Und

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