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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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flüstert Mom den Ladys zu, »zuerst konnte ich mich ja nicht entscheiden zwischen Vanessa und Rebecca ...«
    »Ich hatte mich ganz gut an Doris gewöhnt«, brummt George.
    Lally beendet das Gespräch. Er läßt den Hörer über dem Apparat baumeln und schaut mit starrem Blick in die Runde, einmal rum, soviel Zeit muß sein. Die Ladys kleben an seinen Augen, Pfarrer Gibbons spielt mit der Hand in seiner Tasche rum. Dann läßt Lally den Hörer auf die Gabel sinken, »klack«, stülpt durch den Morgenmantel hindurch eine Hand über seine Eier und spaziert zur Raummitte. »Tss, ich schätze, bevor wir den Champagner entkorken, müssen wir uns noch einer, wie soll ich sagen - menschlichen Herausforderung stellen.« Sein Blick schwenkt ruckartig zu mir. »Ziemlich eigenartiges Benehmen, das wir gerade erleben mußten, Vernon. Verdammt beängstigend sogar, in Anbetracht der Umstände.«
    »Fahr zur Hölle, du Arschloch«, sage ich.
    »Vernon Gregory!« fährt mich Mom an.
    Lally schiebt ein bißchen Spucke im Mund rum. »Schieres Mitgefühl gebietet es, diesen Jungen jemandem anzuvertrauen, der ihm helfen kann, bevor es zu spät ist. Wenn wir uns jetzt an ihn klammern, obwohl er professionelle Betreuung benötigt, dann setzen wir bloß seine Heilungschancen aufs Spiel.«
    »Du brauchst Betreuung, nicht ich«, sage ich. »Lalo.«
    »Schließlich bist du bereits in psychiatrische Obhut überwiesen worden.« Er hält inne, schwelgt in der Erinnerung und schmunzelt in sich hinein. »Wie in aller Welt bist du bloß auf diese Geschichte gekommen - herrlich! Ich freue mich schon auf die Reaktionen aus New York.« Er schaut auf die Uhr. »Dabei fällt mir ein, wahrscheinlich sind sie jetzt gerade zu Bunty's runtergegangen.«
    Mom fügt tuschelnd eine Fußnote für die Ladys ein. »Bunty's ist diese Bar, ihr habt wahrscheinlich schon mal davon gehört - Bunty's?«
    »Vielleicht auch auf ein paar Melon Slammer ins Velvet Mode«, sagt Lally. »Ich sollte mich wohl mal kurz melden. Gleich, nachdem ich den Sheriff benachrichtigt habe.«
    »Aber Lally, bitte«, sagt Mom. »Können wir nicht bis morgen warten? Ich meine, er hatte Bauchschmerzen, und er hat diese, äh - Beschwerden ...«
    Das Telefon klingelt. Alle Gesichter leuchten auf, so als ob gleich noch mehr dicke Fische durch die Leitung geschwommen kommen. Nur Lally verkrampft sich. Das ist die Stelle, wo das Pferd auf der Bühne aufhören würde, Rechenaufgaben zu lösen. Ich greife nach dem Hörer, doch er kommt mir zuvor.
    »Hier bei Le Bourget?« Er will verschwörerisch zu den Ladys rübergrinsen, so guter-alter-Junge-mäßig, doch ein Zittern kommt ihm zuvor. »Tut mir leid, Sie müssen sich verwählt haben.« Sein Atem wird schneller.
    Ich hechte um seine Beine herum und drücke die Lautsprechertaste. Mrs. Ledesmas klagende Stimme ertönt.
    »Lalo, o mein Gott, Lalo? Ich hab nichts mehr zu essen im Haus, bitte Lalo ...«
    Lallys Lippen tanzen unkontrolliert, sein Blick irrt durch den Raum. »Oh - ach du bist's«, zittert seine Stimme.
    »Wie konntest du mich so lange allein lassen«, heult die Lady. »Es que no queda nada Eulalio, hasta mi cama se lo han llevado ...«
    »Sagen Sie es in englisch!« brülle ich zum Telefon. Lallys Bein schlägt aus und schubst mich rückwärts auf den Teppich. Er schaltet den Lautsprecher aus.
    »Oh, ihr Ärmsten!« sagt er ins Telefon. »Dabei hab ich doch ganz genaue Anweisungen beim Sender hinterlassen, daß meine mildtätigen Besuche fortgeführt werden, während ich weg bin ...« Ich will wieder an die Lautsprechertaste ran, doch er hält mich mit seinem Bein auf Abstand. »Ja, ich weiß, meine Liebste - aber Krankheiten des Geistes können geheilt werden, darum trage ich doch meinen Teil bei, darum widme ich mich doch eurem Wohl - deinem und dem der anderen wunderbaren Ladys im Heim ...«
    Ich robbe auf dem Bauch zur anderen Seite des Telefontischs, doch Lally verabschiedet sich hastig und knallt den Hörer auf. Das Telefon klingelt erneut. Er reißt das Kabel aus der Wand. Sämtliche Atemtätigkeit im Raum kommt zum Erliegen, zusammen mit der Blutplättchenaggregation und was immer ein Körper sonst noch so anstellt, um sich bei Laune zu halten.
    Lally wendet sich allen zu. »Es sieht so aus, als müßte ich - ein Geständnis machen.« Ich blicke mit zusammengekniffenen Augen durch waagerechte Rauchschwaden auf die Ladys, die wie festgenagelt hinten im Dunkeln auf dem Sofa sitzen. Ihre Knie sind zusammengepreßt. »Vor einiger Zeit

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