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Jesus von Texas

Jesus von Texas

Titel: Jesus von Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DBC Pierre
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beschloß ich, mich in den Dienst derer zu stellen, die das Leben stiefmütterlich behandelt hat.«
    »Amen«, sagt der Pfarrer leise.
    Lallys Gesicht fällt in sich zusammen. »Ich habe mich selbst am meisten überrascht. Ausgerechnet ich, der ich so ehrgeizig war - immer nur ich, ich, ich. Doch dann habe ich wirkliche Menschen kennengelernt - wirkliche Probleme.« Er hält inne, um sich mit dem Finger über den Augenwinkel zu streichen. »Die Stimme, die Sie eben gehört haben - das war eine meiner Ladys, eine meiner Sonnigen Seelen.«
    »Wow, sie klang so bei sich«, sagt Leona.
    »Pscht, Loni - ehrlich«, sagt George.
    »Ist es nicht tragisch?« sagt Lally. »Eingesperrt ohne eigenes Verschulden - wie alle dort.«
    » Bullshit «, sage ich.
    »Vernon Gregory, das reicht«, sagt Mom.
    »Haben Sie sie - versorgt?« fragt George.
    Lally seufzt. »Wenn ich's doch nur könnte, vielleicht würden die Dinge dann zum besseren stehen. Doch es gibt einfach so viele unglückliche Existenzen, die auf Hilfe angewiesen sind. Und ich hab nur so wenig zu geben ...«
    »Nein, mein Sohn«, protestiert der Pfarrer energisch, »was Sie geben, ist das wertvollste Geschenk überhaupt - christliche Nächstenliebe.«
    Lally zuckt hilflos mit den Schultern. »Wenn ich manchmal etwas knapp bei Kasse bin - das ist der Grund. Ich fühl mich einfach so schuldig, daß ich überhaupt etwas besitze.« Sein Blick kriecht über das Sofa, schmiegt sich an die gespitzten Münder der Ladys, gleitet an ihren benetzten Wimpern hinab und verendet schließlich auf dem Fußboden. Er schüttelt den Kopf. »Doch die eigentliche Tragödie ist, daß sie jetzt wissen, wo ich mich aufhalte.«
    Es dauert eine volle Sekunde, bis das Gehetzte Reh von Mom Besitz ergreift. Sie zuckt hoch. »Aber - warum denn Tragödie?«
    Mit einem glänzenden Auge schießt Lally mir einen Seitenblick zu; er seufzt. »Regel Nummer eins im Heim ist es, daß die Identität der uneigennützigen Helfer geheim bleibt. Wenn sie das herausfinden, könnten sie mir untersagen, weiterhin meinen Beitrag zu leisten. Ich weiß nicht, wie ich auch nur einen Monat überstehen sollte, ohne meine speziellen Freundinnen zu besuchen. Das bedeutet - ich muß meine Zelte abbrechen.«
    Zuerst herrscht erstaunte Stille. Dann implodiert meine alte Dame. »Aber - aber Lally,o Gott, nein, ich meine - mein Gott ... «
    »Es tut mir leid, Doris. Das ist größer als wir beide.«
    »Aber wir können doch das Telefon abstellen, die Nummer ändern ... Lalito? Du kannst doch nicht einfach so gehen, nach diesem Monat des Glücks.«
    »Woche des Glücks«, korrigiert Lally. »Es tut mir leid. Vielleicht, wenn Vernon nicht im Heim angerufen hätte, wenn er nicht soviel Groll gegen mich hegen würde - aber nein. Und nachdem ich den Sheriff angerufen hab, wird es nur noch schlimmer werden.«
    »Wirklich wahr«, sagt George. »Am liebsten würde ich ihn gleich selbst anrufen, aber er hängt ja in dieser Barn Besprechung fest.«
    Zuerst sind es Rinnsale, dann ganze Sturzbäche aus Blut, die durch Moms Füße entweichen; ihre braunsten Organe quetschen sich aus ihren Poren heraus. Übrig bleiben nur diese flehenden Augen, die Augen eines gründlich geprügelten Hundes, einer überfahrenen Katze gar.
    Leona verfolgt, wie ihr Zittern zum Schluchzen wird, dann wendet sie sich Lally zu. »Bei mir wäre Platz.«
    »Mein Gott«, sagt er. »Diese reine Nächstenliebe in dieser Stadt ...«
    Moms Augen weiten sich. »Aber - aber - das Heim kann dich doch dort auch finden - diese Frau, sie könnte dich doch dort genauso leicht finden wie hier ...«
    »Ich steh nicht im Telefonbuch«, sagt Leona achselzuckend »Ich hab Rufnummernanzeige und Videoüberwachung.«
    Moms Blick senkt sich zu dem hellen Streifen, auf dem früher einmal ihr Ehering saß. »Aber ihre Nummer könnte Vernon doch den Patienten genauso verraten, ihr habt doch gesehen, wie er sich aufführt - oder etwa nicht, Vernon, könntest du denn Leonas Nummer nicht an das Heim verraten ...?«
    »Ma, der Typ ist ein gottverdammter Irrer, ich schwör's.«
    »Seht ihr? Er könnte sie jeden Augenblick anrufen, ihr seht doch seine Einstellung. Ich finde, Lalito und ich sollten uns für eine Weile ein Zimmer im Seldome nehmen ... Lalito? Von dort aus könntest du doch auch diese ganzen Sachen erledigen, in der Stadt ...«
    »Tss, nur leider ist das Seldome voll.«
    »Aber für mich würden sie doch immer etwas finden, ich meine, ich hab im Seldome geheiratet.«
    Leona nimmt

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