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JesusLuxus - Die Kunst wahrhaft verschwenderischen Lebens

Titel: JesusLuxus - Die Kunst wahrhaft verschwenderischen Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Tiki Kuestenmacher Werner Tiki K stenmacher
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bestimmen.
Sorge um morgen
    Im letzten Teil des Faust-Dramas von Goethe wollen vier graue Frauen Zutritt zum greisen Doktor Faustus erringen: Mangel, Schuld, Not und Sorge. Aber nur eine schafft es: die Sorge. Durchs Schlüsselloch schleicht sie zu ihm. Der kranke Gelehrte leidet keinen Mangel. Er ist nicht in Not. Aber seine Gedanken wandern in die Zukunft. Weg von dem, was ist. Hin zu dem, was sein könnte. Mit Vorliebe kommt die Sorge in der Nacht. Wenn man sich ausruhen möchte, dann raubt sie einem den Schlaf. Sie greift nach den Gedanken und lässt einen nicht zur Ruhe kommen. Wenn Geist und Körper abgespannt sind, die Fantasie aber noch rege ist, dann kommt die Stunde der Sorge.
    Sorge ist dabei mehr als ein Gefühl. Sie passiert im Kopf, eine Art Zukunftskrankheit. Sorge sieht nicht auf das, was ist, sondern auf das, was - im schlimmsten Fall - sein könnte. Dabei sieht sie nicht klar, sondern nur verschwommen. Sie ahnt. Das ist ihr gutes Recht.

    Der Gestresste, der heute noch über die Runden gekommen ist, hat so eine Ahnung, es morgen vielleicht nicht mehr zu schaffen. Der Kranke, bisher von seinen Krankheiten stets genesen, sorgt sich, nicht mehr gesund zu werden. Der greise Doktor Faustus durchschaut die Vorgehensweise der Sorge: »Du bebst vor allem, was dann doch nicht eintrifft. Und was du nie verlierst, das musst du doch beweinen.« Trotzdem ist er hilflos. Obwohl die Sorge aus dem Kopf kommt, hilft der klare Verstand gegen sie nur wenig.
    »Der morgige Tag«, so hat es der Theologe und Philosoph Sören Kierkegaard beschrieben, »ist der Enterhaken, mit dem die unübersehbare Menge der Sorgen Fuß fasst auf dem leichten Schiff des Einzelnen. Der morgige Tag ist das erste Glied in einer Kette, mit der ein Mensch mit Tausenden zusammengeschmiedet wird. Wer sich zur Sorge um den morgigen Tag verurteilt, der verurteilt sich selbst auf lebenslänglich.«

    Denn Sorge ist nicht nur eine kleine Unpässlichkeit. Sorge kann Besitz ergreifen von allem, sie kann zum alles beherrschenden Lebensinhalt werden, und das weit über den Einzelnen hinaus. In der Wirtschaft hat Sorge direkte Auswirkungen: Sobald die Verbraucher sich aus Sorge vor Pleiten und Einbußen zurückhalten, tragen sie entscheidend dazu bei, ihr eigenes Wirtschaftssystem in einen Strudel von Pleiten und Einbußen zu führen.
    Dabei geht es »nur« um Geld und Wirtschaftskraft. Aber ebenso, wie die Sorge das Bruttosozialprodukt beeinflusst, kann sie einen Menschen auch innerlich auszehren. Der Kreislauf von Lebenslust und Tatkraft kommt aus dem Takt. Und alles nur durch die Kraft der Gedanken, die sich um das Morgen sorgen.
    Sorge, das ist der eigentliche Unterschied zwischen wahrem und nur rechnerischem Reichtum. Wer etwas besitzt, aber von der Sorge zerfressen wird, dass es ihm genommen werden könnte, der ist nicht wirklich reich. Ähnlich ist es mit dem Glück: Wer sich, während er glücklich ist, Sorgen macht um die Zeit, in der er vielleicht nicht mehr glücklich ist - der hat das Glück genau in diesem Moment schon verloren. Unglaubliche Schmerzen, unsagbares Leid kann der Mensch in der Gegenwart ertragen. Was ihn aber aufgeben lässt, ist nicht das Heute, sondern das Morgen.
Im Heute leben
    Die erste Art von Sorge ist das Leiden am morgigen Tag, das Leiden an der Zukunft. Das beste Mittel dagegen ist der Blick auf das Jetzt. Jesus hat das in unübertroffen einfacher Weise formuliert:
    »Sorgt euch nicht um morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.«
    Matthäus 6,34
    Jesus hat es mit seinen Jüngern vorgemacht. Seine Wanderungen durch Galiläa und Israel waren ein gelebtes Gleichnis. Eine Performance, würden wir heute dazu sagen, Aktionskunst: keine Schuhe, keine Reisetasche, kein Haus, so wird diese Truppe beschrieben. Zwölf Männer hat Jesus unter seinen vielen Anhängerinnen und Anhängern besonders herausgestellt als Symbol: So, wie einst aus den zwölf Söhnen Jakobs die zwölf Stämme Israels hervorgingen, so soll aus diesen zwölf ein neues Volk Gottes entstehen. Ein Volk, das über alle Volksgrenzen hinausgeht. Besonders die Zeichenhandlung, 5.000 Menschen satt zu machen, erinnert an die wunderbare Speisung des Volkes Israel in der Wüste. Damals fiel das Manna vom Himmel - das man übrigens nicht aufbewahren konnte, sondern noch am gleichen Tag verbrauchen musste. Jesus lehrte seine Jünger, ein Nomadengebet zu sprechen: Unser tägliches Brot gib uns heute .

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