JesusLuxus - Die Kunst wahrhaft verschwenderischen Lebens
wären als gleich. Und doch ist es so: Selbst die Bilder der Bibel müssen wir hinter uns lassen, wenn wir Gott begegnen wollen.
Das Nichts in der Gottesbegegnung
Es war etwa in der Mitte meiner Studienzeit. Über zwei Jahre lang hatte ich mich sehr geradlinig vorbereitet auf den Pfarrerberuf. Aber dann geriet ich ins Stolpern. Ist das ein Beruf mit Zukunft? Wollte ich das wirklich? In was war ich da hineingeschlittert, als ich Theologie zu studieren begonnen hatte im zarten Alter von 18 Jahren?
Die traumwandlerische Sicherheit und die Selbstverständlichkeit waren plötzlich dahin. Ich beschloss, die Entscheidung Gott zu überlassen. Wenn er mich in seiner Firma haben wollte, dann sollte er sich mir zeigen.
Ich fuhr zu den Mönchen von Taizé in Frankreich. Eine Woche Schweigen, eine sogenannte Retraite. So viel Zeit wollte ich Gott lassen, mir zu erscheinen, in welcher Form auch immer. Ich war auf alles gefasst: Dass sich der Himmel auftat und ich umglänzt wurde von überirdischem Licht. Dass er mir im Traum erschien, dass er sich in einer gigantischen Vision offenbarte, so wie dem Johannes auf der Insel Patmos. Oder dass ich ihn wenigstens in den kleinen Dingen der Natur entdeckt hätte. Sogar dass die Tiere zu mir sprechen könnten wie zum heiligen Franz von Assisi, hatte ich in Erwägung gezogen.
Der Ablauf der sieben Tage in schweigender Versenkung sah vor, dass ich am vorletzten Tag allein über Land gehen sollte. Eine Wanderung durch die karge Landschaft von Burgund. Jetzt, so kurz vor Ende, müsste es geschehen, dachte ich mir, und ich zog los. Der Himmel war überwältigend. Aber er tat sich nicht auf. Ich kam durch ausgestorbene Dörfer, ich sah eine verfallene Kathedrale ohne Dach, ich sah vom Wind gebeugte Bäume und dornige Felder, aber keine Visionen. Nichts. Wirklich nichts. Und dann verstand ich: Dieses Nichts war die Erfahrung, wegen der ich den langen Weg hierher zurückgelegt hatte. Nie wieder habe ich so wenig erlebt, oder besser gesagt, so viel Nichts gespürt. Ich hatte keine großen Gedanken bekommen, keine Erleuchtung erlebt, nicht einmal Klarheit für meinen weiteren Weg. Und doch war das ein Meilenstein für mich auf dem langen Weg zu Gott.
Am Tag darauf saß ich in der riesigen Betonkirche von Taizé auf dem Teppichboden. Weit vorne und weit weg von mir fand ein Gottesdienst statt, mit gregorianischen Gesängen, moderner Musik und Lesungen auf Französisch. Ich verstand kein Wort, ich war kein Teilnehmer, ich hörte nicht einmal wirklich zu. Und doch war mir so frei ums Herz. Ich fühlte mich zu Hause. Ich war Gott nicht begegnet, aber meine Tafel war leer. Endlich leer. Und das war wunderbar. Die Tafel, auf die ich selbst meine Erwartungen geschrieben hatte. Auf jene Tafel, auf die die Pfarrer damals ihre Ideen geschrieben hatten über den Gott der Emanzipation und der Solidarität. Auf die die Prediger des CVJM ihre Botschaften geschrieben hatten von Bekehrung, glühender Jesusliebe, Lebensübergabe und buchstabentreuem Bibelglauben. Ich liebte diese Botschaften. Alle waren sie richtig, enthielten die Weisheit und die Zuneigung vieler Menschen.
Aber ich war froh, dass sie sich endlich zurückgezogen und den Weg frei gemacht hatten für den herrlichsten, Gott einzig angemessenen Raum für seinen Empfang: das Nichts. Nein, vor diesem Nichts brauche ich keine Angst zu haben. Diesem Nichts, das Gott mit seiner Gegenwart füllen wird.
JesusLuxus-Anregung: Erleben Sie nichts
Diese Anregung klingt leichter, als sie ist. Nehmen Sie sich an einem freien Tag einmal vor, einige Stunden nichts zu tun, wirklich nichts. Nicht in einem Café sitzen und faulenzen - der Kaffee hätte das »Nichts« schon zerstört. Auch nicht an einen extra schönen Ort reisen und die Sonne genießen - das wäre immer noch zu viel. Auch eine Wartezeit zu nutzen, gilt nicht, denn die Zeit wäre ja nicht wirklich leer, sondern mit Warten angefüllt. Lassen Sie nach und nach alle Tätigkeiten weg: nicht nachdenken, nicht eine Melodie im Kopf haben, keine Sorgen um morgen haben. Sie werden merken: Das wirkliche Nichts ist richtig schwer. Aber wenn Sie es einmal geschmeckt haben, werden Sie spüren, wie viel Kraft und Zukunft darin steckt, wenn Sie Ihre innere Tafel endlich einmal löschen können.
Der Luxus der Dankbarkeit:
Die Arbeiter im Weinberg
Der christliche Glaube kann in der kniffligen Debatte um Armut und Weltwirtschaftskrise, um Gerechtigkeit und Umweltzerstörung etwas beitragen, das anderen
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