JesusLuxus - Die Kunst wahrhaft verschwenderischen Lebens
verwehrt ist: die Kategorie der Dankbarkeit. Gerade jetzt. »Wir danken Gott, dass wir leben«, habe ich Menschen sagen hören angesichts von verheerenden Naturkatastrophen oder nach dem totalen persönlichen wirtschaftlichen Crash - Menschen, die alles verloren hatten. Und darin steckt nicht nur der verzweifelte Ruf: »Wir haben ja sonst nichts mehr.« Sondern in diesem Dank steckt eine ganz besondere und ganz besonders tiefe Kraft.
Ich kenne diese neue Lebensenergie auch von Menschen, die eine schwere Krankheit überlebt haben. »Ich lebe jetzt viel bewusster«, sagen sie, »ich nehme jeden Tag als Geschenk. Ich weiß, wie unendlich wertvoll jede Stunde meines Lebens eigentlich ist.«
Wir Menschen können vom nahen Tod etwas fürs Leben lernen. Wenn aber jemand nicht in einer Katastrophe steckt, sondern »nur« dauerhaft in einer unangenehmen Lage, die ihn langsam zermürbt - dann ist es viel schwieriger, zur Dankbarkeit zu finden: Wenn ein Mensch seine Arbeitsstelle verliert, wenn sein Einkommen wegbricht, wenn zwischen zwei Menschen die Liebe erstirbt, wenn eine Krankheit das Leben beherrscht - dann ist es für Außenstehende sehr schwierig, zu sagen: »Sei doch dankbar für das, was du noch hast!« Das kann zynisch klingen und verletzend.
Dankbarkeit lernen
Und doch ist es wahr. Was vielen unzufriedenen Menschen und im kollektiven Sinn der ganzen Gesellschaft fehlt, ist der dankbare Blick. Wie lässt sich Dankbarkeit lernen oder wiederentdecken? Es gab doch mal eine Zeit, da schien das viel leichter. Erinnern Sie sich noch an das Lied »Danke«?
Dieses Lied war der Start einer neuen Epoche in der Geschichte der christlichen Gemeinden in Deutschland. Man blickte zurück auf die Kriegsjahre, den Aufbau, und dieses Lied kennzeichnete die Energie dieser Zeit. Und nicht nur das. Das Lied selbst gab Kraft. Stimmt, sagte man sich, es gibt so viel, für das wir danken können.
Mit dem Danken öffnet sich etwas. Es ist nicht mehr nur das eigene Handeln und Leiden, auf das man schaut. Wer dankt, erhält einen Blick auf das Größere. Das muss gar nicht Gott sein. Danken heißt erst einmal: Da bin nicht nur ich. Da sind viele andere, und da ist etwas, das alles übersteigt. Dem verdanke ich mich.
Beim Danken ist es wie mit dem Beten: Der Absender ist wichtiger als der Adressat. Wer betet oder dankt, der verwandelt sich, der lässt sich selbst los. Er wird gelassener. Aber das Danke sagen und singen scheint schwierig geworden zu sein. Von Martin Gotthard Schneiders Danke-Lied gibt es inzwischen mehrere Parodien. »Danke für meine Arbeitsstelle« trauen sich viele gar nicht mehr zu sagen. Sie denken an die steigende Zahl der Menschen ohne Arbeit. Wir sind empfindsamer geworden, vielleicht auch empfindlicher, verletzbarer, zumindest vorsichtiger. Aber ist das ein Grund, nicht für eine Arbeitsstelle dankbar zu sein?
JesusLuxus-Anregung: Gewöhnen Sie sich »Danke« an
Lernen Sie von unseren österreichischen Nachbarn. Dort ist »Danke« fast eine Art Grußformel. Man sagt es auch, wenn man in einem Restaurant dem Ober Geld gibt. Das wirkt für Nichtösterreicher zunächst befremdend: Eigentlich müsste sich doch nur der Ober bedanken. Aber bei näherem Hinsehen ist ein »Danke« immer passend: für die Mühen der Bedienung und der Küche, dass es genug zu essen gibt, dass man sich einen Restaurantbesuch leisten kann usw.
Wenn Sie sich »Danke« als Floskel angewöhnen, werden Sie sich manchmal über sich selbst wundern: Gab es denn jetzt gerade etwas zum Danken? Aber Sie werden feststellen: Es lässt sich immer etwas finden. Falls der Dank einmal nicht zu Ihrem Gegenüber passt, bringt es die Dankbarkeit Ihres Herzens gegenüber etwas Größerem, Höheren zum Ausdruck.
»Danke für jedes kleine Glück«, das klingt heute kitschig. Wir möchten uns und andere nicht mit »kleinem Glück« abspeisen, jeder soll das Recht auf volles, großes Glück haben. Aber ist das ein Grund, für ein kleines Glück nicht dankbar zu sein?
Warum ist Danken so schwer?
Eine besondere Erklärung haben Forscher gefunden, die sich mit dem menschlichen Gehirn befassen. Dort gibt es eine Abteilung, in der alle »autobiografisch« wichtigen Erinnerungen abgelegt werden. Diese Gehirnzone wird aktiviert, wenn wir »ich« sagen.
Stellen Sie sich Ihr Ich-Gedächtnis als ein Archiv vor, in dem zwei Leute arbeiten: Der eine ist ein sorgfältiger Urkundensammler, der die Fakten aller Ihrer Erlebnisse verwaltet. Er wäre mit der Menge der Daten
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