Jetzt tu ich erstmal nichts - und dann warte ich ab
ist, ist auch ein Flugticket. Sonst sind die Enkel groß und sprechen gar kein Deutsch
mehr. In Ihrem Kopf bildet sich ein Koordinatensystem. Auf der einen Achse steht Zeit. Auf der anderen Kilometer.Ganz andere Linien
durchkreuzen sich, wenn Sie an die verfeindeten Äste und Zweige in Ihrem Stammbaum denken. Und die Kosten. So eine Feier kostet Geld. Schon wieder eine
Entscheidung: Nehmen Sie einen Kredit auf und spendieren Sie den Kletterpark und das Hotel? Oder misten Sie die Garage aus und überreden die Kinder (30,
38, 42) sich den »Spaß zu gönnen«, wie in alten Campingtagen (anno ’74) auf der Iso-Matte zu schlafen. Und wohin bloß mit den Hunden? Die halbe Bagage
leidet an Hundeallergie. Die andere Hälfte leidet an eigenen Hunden.
Sie starten abends ein paar Telefongespräche mit den Meinungsführern der
Familie. Tief in der Nacht sitzen Sie vor einem prall gefüllten Blatt mit Terminwünschen, Termintabus und Diätplänen. Alle bekommen Sie sowieso nicht
unter einen Hut. Jetzt heißt es, das kleinere Übel wählen. Nehmen Sie als Termin die Schnittmenge der Schulferien von Hamburg, München und New York? Das
wäre Weihnachten. Aber da haben alle schon was anderes vor. Oder blenden Sie die Sippschaft ganzer Bundesländer aus und gestalten das Programm nur für
die Anverwandten, die Sie nett finden? Dann wäre auch mehr Geld für die Flugtickets übrig.
Am nächsten Tag schlägt das Imperium zurück. Ihre
vorsichtig geäußerten Gedanken haben sich im regen Familienfunk in unvorsichtige Gerüchte verwandelt: »Was habe ich da von Petra gehört? Mama zieht nach
New York. Papa muss nach Hamburg zu Uwe. Außer in den Schulferien. Da muss er zu Ulf nach München. Außerdem ist seit Ewigkeiten eine Familienfeier
geplant. Alle wussten es. Nur ich nicht. Da will Mama uns wohl ihren Abschied verkünden. Ich denke, die hat in ihrem Job immer so viel zu tun? Kann ja
nicht so doll sein, wenn sie nebenbei die komplette Auswanderung managt, Papa umtopft und sogar noch Zeit findet, eine Familienfeier zu planen …«
Mal was ganz Verrücktes tun: Den Würfel entscheiden lassen. Es gibt wahnwitzige Ideen , die von noch wahnwitzigeren
Menschen umgesetzt werden. Kennen Sie das Konzept von Luke Rhineharts Roman Der Würfler ?
Der New Yorker Psychiater sucht einen Ausweg aus dem
Alltagstrott. Und findet ihn. Er beschließt nach einem Pokerabend, in allen Lebenslagen den Würfel entscheiden zu lassen. Passend zur Situation
definiert der Würfler für jede Augenzahl eine Handlungsalternative. Dann würfelt er. Wenn der Würfel gefallen ist, gibt es kein Zurück mehr. Es muss
getan werden, was der Wurf gebietet. Um den Erfahrungshorizont zu erweitern, sollte eine der Optionen dem Spieler richtig unangenehm sein.
Im Roman
klingt das aufregend. Aber wie aufregend wäre das im richtigen Leben? Auch in Deutschland finden sich Fans des Kultbuchs zusammen, die ihre
Entscheidungen auswürfeln. Was für eine entlastende Vorstellung, um aufzuschieben. Endlich nimmt Ihnen jemand die Entscheidung ab. Und wenn es nur ein
Würfel ist. Spielen Sie eine Runde mit?
Sie wollten vielleicht ursprünglich Ihren Keller entrümpeln. Doch dank des Würfels rutscht die
Wahrscheinlichkeit, in den Keller zu müssen, auf 1 zu 6 ab. Wie könnten Sie die 5 anderen Weichenstellungen aufs Spiel setzen?
= Keller aufräumen.
= Zum Flughafen fahren und eine Last-Minute-Reise antreten.
= Sie bringen Ihrer Schwiegermutter die zwanzig grottenhässlichen Sammeltassen zurück.
= Sie sprechen einen attraktiven Menschen auf der Straße an und fragen, ob er oder sie mit Ihnen Kaffeetrinken geht.
= Sie kündigen Ihren Job und machen sich mit einem Hüpfburgen-Verleih selbstständig.
= Sie lesen dieses Buch in einem Rutsch zu Ende.
Möchten Sie wissen, wie die Geschichte weiter geht? Ich auch. Erzählen Sie es mir bitte, nachdem Sie der Entscheidung des Würfels
gefolgt sind …
Das war die Abteilung der angenehmeren Ablenkungen. Den gleichen Zweck, wenn nicht noch mehr, erfüllen die unangenehmen Selbstläufer,
die Sie mit etwas Übung anstoßen können. Es sind die inneren und äußeren Konflikte. Sie treiben uns um. Sie absorbieren unsere Energie. Sie sind ein
exzellentes Mittel, um keinen klaren Gedanken mehr für unser geplantes Ziel fassen zu können.
Sicher gibt es auch in Ihrem Leben Personen, über die Sie sich leicht aufregen können. Schon der Gedanke an die Schrullen und Macken des Verwandten
oder Bekannten bringt Sie in Rage. Die Aufregung
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