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Jetzt tu ich erstmal nichts - und dann warte ich ab

Jetzt tu ich erstmal nichts - und dann warte ich ab

Titel: Jetzt tu ich erstmal nichts - und dann warte ich ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malte Leyhausen
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nein, Vater, ich gehe nicht dahin, es gruselt mir!« denn er fürchtete sich. Oder wenn abends beim Feuer Geschichten erzählt wurden, wobei einem die
Haut schaudert, sprachen die Zuhörer manchmal:
    » Ach, es gruselt mir!« Der ältere Sohn saß in einer Ecke, hörte das mit an und konnte nicht begreifen, was es heißen sollte. »Immer sagen sie: Es
gruselt mir! Es gruselt mir! Mir gruselt’s nicht; das wird wohl die einzige Kunst sein, von der ich nichts verstehe.«
    Nun geschah es, dass der Vater einmal zu ihm sprach: »Hör’, du in der Ecke dort, du wirst groß und stark, du musst einmal etwas so gründlich lernen,
dass du damit dein Brot verdienen kannst. Siehst du, wie sich dein Bruder Mühe gibt? Aber an dir ist Hopfen und Malz verloren.
    – »Ei Vater«, antwortete er, »ich will gern was Gründliches lernen; ja, wenn’s anginge, möchte ich lernen, dass ich mich fürchtete; nur davon
verstehe ich nichts.«
    Bald danach kam der Küster zu Besuch ins Haus, da klagte ihm der Vater seine Not und erzählte, wie sein älterer Sohn mit dem Ehrgeiz so schlecht
beschlagen wäre, er wusste von allem etwas und lernte nichts richtig.
    »Denkt Euch, als ich ihn fragte, womit er sein Brot verdienen wollte, hat er gar verlangt, das Fürchten zu lernen.«
    – »Wenn’s weiter nichts ist«, antwortete der Küster, »das kann er bei mir lernen; tut ihn nur zu mir.«
    Der Vater war es zufrieden, weil er dachte: »Der Junge wird doch ein wenig zugestutzt.«
    Der Küster nahm ihn also ins Haus, und er musste die Glocke läuten. Nach ein paar Tagen weckte er ihn um Mittemacht, hieß ihn aufstehen, in den
Kirchturm steigen und läuten. »Du sollst schon lernen, was Fürchten ist«, dachte er, ging heimlich voraus, und als der Junge oben war und sich umdrehte
und das Glockenseil fassen wollte, sah er auf der Treppe, dem Schallloch gegenüber, eine weiße Gestalt stehen.
    »Wer da?«, rief er, aber die Gestalt gab keine Antwort, regte und bewegte sich nicht. »Gib Antwort«, rief der Junge, »oder mache, dass du wegkommst,
du hast hier in der Nacht nichts zu schaffen!«
    Der Küster aber blieb unbeweglich stehen, damit der Junge glauben sollte, es wäre ein Gespenst. Der Junge rief zum zweiten Mal: »Was willst du hier?
Sprich, wenn du ein ehrlicher Kerl bist, oder ich werfe dich die Treppe hinab!«
    Der Küster dachte: »Das wird so schlimm nicht gemeint sein«, gab keinen Laut von sich und stand, als wenn er von Stein wäre. Da rief ihn der Junge
zum dritten Mal an, und als das auch vergeblich war, nahm er einen Anlauf und stieß das Gespenst die Treppe hinab, dass es zehn Stufen hinab fiel und in
einer Ecke liegen blieb. Darauf läutete er die Glocke, ging heim, legte sich, ohne ein Wort zu sagen, ins Bett und schlief fort. Die Küsterfrau wartete
lange Zeit auf ihren Mann, aber er wollte nicht wiederkommen. Da ward ihr endlich angst, sie weckte den Jungen und fragte: »Weißt du nicht, wo mein Mann
geblieben ist? Er ist vor dir auf den Turm gestiegen.«
    – »Nein«, antwortete der Junge, »aber da hat einer dem Schallloch gegenüber auf der Treppe gestanden, und weil er keine Antwort geben und auch
nicht weggehen wollte, habe ich ihn für einen Spitzbuben gehalten und hinuntergestoßen. Geht nur hin, so werdet Ihr sehen, ob er’s gewesen ist, es
sollte mir leid tun.«
    Die Frau sprang fort und fand ihren Mann, der in einer Ecke lag und jammerte und ein Bein gebrochen hatte. Sie trug ihn hinab und
eilte dann mit lautem Geschrei zu dem Vater des Jungen. »Euer Junge«, rief sie, »hat ein großes Unglück angerichtet, meinen Mann hat er die Treppe hinab
geworfen, dass er ein Bein gebrochen hat; schafft den Taugenichts aus unserem Hause!« Der Vater erschrak, kam herbeigelaufen und schalt den Jungen
aus.
    »Was sind das für gottlose Streiche? Die muss dir der Böse eingegeben haben.«
    – »Vater«, antwortete er, »hört nur an, ich bin ganz unschuldig: er stand da in der Nacht, wie einer, der Böses im Sinne hat. Ich wusste nicht,
wer’s war, und habe ihn dreimal ermahnt, zu reden oder wegzugehen.
    – »Ach«, sprach der Vater, »mit dir erleb’ ich nur Unglück, geh’ mir aus den Augen, ich will dich nicht mehr ansehen!«
    – »Ja, Vater, recht gern, wartet nur, bis es Tag ist, da will ich ausgehen und das Fürchten lernen, dann versteh’ ich die Kunst, mit der ich die
Dinge gründlich angehen kann.«
    – »Lerne, was du willst«, sprach der Vater, »mir ist alles einerlei. Da hast du fünfzig Taler, damit

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