Jetzt tu ich erstmal nichts - und dann warte ich ab
Fortschritte häppchenweise an den gewählten Helfer zu schicken. So sichern Sie sich ab, dass Sie Ihr Etappenziel in der gewünschten
Zeit geschafft haben. Auch wenn Sie nicht wie geplant liefern, erhalten Sie ein wichtiges Warnsignal, um Ihren Zeitplan realistischer zu gestalten und
Ihre Arbeitstechnik zu optimieren.
Auch bei anderen Aufgaben lassen sich Anschiebe-Partner beauftragen, nach dem Ergebnis zu fragen. Wenn ich weiß, dass mich am Montag jemand fragt, ob
ich am Wochenende den Keller aufgeräumt habe, bin ich anders motiviert. Kombiniert mit einer Sanktion, ziehen solche Ankündigungen bei Freunden noch mehr:
»Ich räume am Wochenende meinen Keller auf. Sonst lade ich dich zum Essen ein.«
Mindestens genauso wertvoll ist es, sich privat über die Finessen der Aufschieberei auszutauschen. Gründen Sie mit Gleichgesinnten eine
Anschiebe-Partnerschaft oder schließen Sie sich einer Selbsthilfegruppe an. Die beste Plattform, um sich gegenseitig zu coachen und gelassener mit sich
umzugehen.
Psychotherapie
Sollten Sie sich schon länger gegenüber Ihrem Vermeidungsverhalten ohnmächtig fühlen, schieben Sie es nicht auf, sich ärztlichen oder
psychotherapeutischen Rat einzuholen. Lassen Sie den Leidensdruck nicht ins Uferlose steigen. Ziehen Sie die Notbremse, bevor es Ihr Körper es
tut. Psychosomatische Reaktionen wie Allergieanfälle, Entzündungen der Magenschleimhaut und Migräne sind typische Alarmzeichen.
Prokrastination zählt zu den Symptomen verschiedener Störungsbilder. So kann sie eine Begleiterscheinung von Depressionen oder
Zwangsstörungen sein. Die fachliche Diagnose gibt Ihnen Aufschluss über die für Sie geeignete Therapieform. Von der Krankenkasse bezahlt werden die
Verhaltenstherapie, die analytische und die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Als gesetzlich Versicherter können Sie in Deutschland pro
Therapeut bis zu fünf Probesitzungen in Anspruch nehmen. Bei der analytischen Psychotherapie bis zu acht. Hierzu muss der Therapeut über eine
Kassenzulassung verfügen.
Die Verhaltenstherapie setzt am aktuellen Verhalten an. Es wird versucht, die Gefühle, Gedanken und Verhaltensweisen, die während der Störung
auftreten, so genau wie möglich zu beschreiben. Auf dieser Grundlage werden gemeinsam mit dem Therapeuten alternative Denk- und Handlungsweisen entwickelt
und ausprobiert, die das Symptom abstellen sollen. Bei gutem Verlauf findet ein Umlernen statt.
Die Verhaltenstherapie eignet sich dort, wo sich die Symptome deutlich abgrenzen lassen. Das im Ratgeber-Kapitel zitierte BAR-Programm von Hans-Werner
Rückert zählt zu der bei Aufschieben gut bewährten Kognitiven Verhaltenstherapie bzw. der Rational-Emotive Therapie.
Die psychoanalytische Therapie verfolgt den Ansatz, das Aufschiebe-Symptom als Spitze eines »Eisbergs« zu deuten. Den »Eisberg« bilden teils unbewusste
Konflikte, die bis in die frühesten Lebensphasen reichen können. Vor diesem Hintergrund wird versucht, den Sinn der Störung zu verstehen. Die Gefühls-,
Verhaltens- und Abwehrmechanismen, die wir zum Überleben in der Familie entwickelt haben, sollen der Reflexion zugänglich werden. Ziel ist es, für die
alten bewussten und unbewussten Konflikte neue und erfolgreichere Lösungen zu finden. Wer die Ursachen seines Aufschiebens im Halbdunkel von biografischen
Konflikten vermutet, wirdvom Ansatz der analytischen und artverwandten tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie abgeholt.
Zu den nicht kassenzugelassenen Verfahren gehört die Systemisch-konstruktivistische Beratung und Therapie (nicht zu verwechseln mit der ebenso als
»systemisch« bezeichneten Lehre Bert Hellingers). Hier gilt es, für den Betroffenen eine Außenperspektive auf sich und die Konstruktion seines Problems zu
schaffen. Dem Klienten werden viele Fragen gestellt, zum Beispiel: Was müssten Sie tun, um das Problem herzustellen? Was sind die Vorteile des Problems?
Was sind die Nachteile der Lösung? Was könnten Sie alles tun, wenn Sie das Problem nicht hätte: Wenn man dann noch eine Filmkamera aufstellen würde, was
wäre auf dem Film zu sehen?
Der Perspektivwechsel bringt den Klienten von der Opferrolle in die Rolle des Handelnden, der sein Problem aktiv managt. Auch beim Thema Aufschieben
wird der Fokus auf die Dinge gelegt, die einen Unterschied machen. Differenzierende Fragen könnten sein: Wann kommt es beim Aufschieben zu Ausnahmen? Wie
konnten diese Ausnahmen
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