Jetzt wirds ernst
hüpfenden oder wogenden oder baumelnden oder einfach nur still prangenden Brüsten, mit ihrem ganzen Gestöckel, Geschlenker
und Gewackel.
Außerdem hatten wir uns Heftchen besorgt. Pornohefte. Vögeljournale. Fickblätter. Das war allerdings teurer Lehrstoff. Da wir uns nicht in einschlägige Geschäfte
trauten, ging unser Taschengeld fast zur Gänze für die Wucherpreise der mafiösen Oberstufenhehler drauf, die mit ihrer Pornoware in der dunkelsten Schulhofecke herumlungerten. Aber
die Investition zahlte sich aus. Jetzt waren wir vorbereitet, die Mädchen konnten kommen.
Natürlich wollten wir keine herkömmlichen Liebhaber abgeben. Keine dahergelaufenen Durchschnittsbastler. Wobei unsere Auffassungen diesbezüglich ziemlich
unterschiedlich waren. Max sah sich eindeutig als Hengst. Temperamentvoll. Feurig. Stolz. Ein Bursche, der angreift, statt lange zu überlegen. Der zupackt, anstatt abzuwarten. Der brüllt,
statt zu flüstern. Der keine Erlaubnis braucht und keine Gnade kennt. Ein wenig besorgt war er nur beim Thema Nachschub. Ein Mädchen würde nämlich nicht genügen, das war
klar. Auch nicht zwei. Und auch nicht eine Handvoll. Er würde mehr brauchen. Viel mehr. Schließlich hatte er die Kraft und die Härte, einen ganzen Wald voll frischem Holz zu
spalten!
An dieser Stelle brach regelmäßig ein unkontrolliertes, heiseres Lachen aus ihm heraus. Tränen schossen ihm in die Augen, er begann wild zu schniefen, und ich musste ihn mit ein
paar kräftigen Schlägen auf den Rücken wieder in die Besinnung zurückklopfen. Dann wischte er den Rotz in den Pulloverärmel, lehnte sich zurück, vergrub seine
Hände tief in den Hosentaschen und grinste dümmlich vor sich hin.
Jetzt war ich dran. Und natürlich sah ich mich ganz anders. Ich war eher der sensible Typ. Ein Mann voller Geheimnisse, die still in den dunklen Tiefen seiner Seele schlummerten. Ein
verletzter Mann. Schwer verwundet sogar. Aber einer, der trotz allem mit stolzer Ruhe durchs Leben schritt. Die Frauen würden mich umschwirren wie die Motten den Wäschesack. Und zwar
alle. Die schlanken. Die üppigen. Die Schülerinnen. Die Lehrerinnen. Die frischen Blüten. Die reifen Früchte. Alle würden sie hinschmelzen unter meinem traurigen Blick,
würden zerfließen in meinen bergenden Armen, würden sich auflösen unter meinen ahnungsvollen Händen. Zum ersten Mal würden sie sich aufgehoben wissen. Beschützt
und verstanden. Und zum ersten Mal in ihrem Leben würden sie sich hingeben können, vollständig, ohne Halt und ohne falsche Scham. In meinem Schoß, in meiner unendlich sanften
Gewalt würden sie ihre Herkunft, sich selbst und die ganze Welt vergessen.
Ungefähr hier bimmelte meistens die Schulglocke. Ein paar Sekunden blieben wir noch sitzen und stierten unseren Gedanken hinterher. Dann standen wir auf und gingen hinein.
EIN MÄDCHEN WIE EIN CHEVROLET
Eines Tages in der Geometriestunde fiel Max plötzlich der Radiergummi aus der schlaffen Hand, kullerte ein ganzes Stück über den Fußboden und wurde erst
von der zerschlissenen Schuhsohle unseres Geometrielehrers Herrn Bednarek aufgehalten. Herr Bednarek löste sich widerwillig von seinen schnörkellosen Kreidezeichnungen an der Tafel,
drehte sich um und sah gerade noch, wie Max mit verdrehten Augen seitlich wegkippte und auf dem Boden aufschlug. Herr Bednarek wurde weißer als die Kreide in seiner Hand, er ließ sein
Lineal fallen, lief durch die Tischreihen, stieg mit einem hohen Ausfallschritt über Max’ reglosen Körper, rannte auf den Gang hinaus und schrie um Hilfe.
Großer Aufruhr. Alle stürmten aus den Klassenzimmern, niemand kannte sich aus, aber jeder machte sich wichtig. Ein Kollege kümmerte sich um Herrn Bednarek. Ein anderer um Max,
der auch wirklich gleich wieder zu sich kam und sofort zu kotzen begann.
Er sah grauenhaft aus. Sein ohnehin ständig gerötetes Gesicht leuchtete nun feuerrot. Zwischen seinen Pickeln und Pusteln hatten sich Knötchen, Blasen und kleine Hörner
gebildet, die eine milchige Flüssigkeit absonderten. Der Schularzt kam angerannt, schnell wurde ein Krankenwagen gerufen, und Max wurde in ein Laken gewickelt, auf eine Tragbahre gehievt und
unter dem lauten Gejohle der kompletten Schülerschaft hinausgetragen.
Die nächsten Tage verbrachte er als dick verschmierte und verpackte Mumie im Krankenhaus, bevor er für ein paar weitere Wochen auf das riesige Fernsehsofa im elterlichen Wohnzimmer
verfrachtet wurde.
Es waren die
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