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Jezebel

Jezebel

Titel: Jezebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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fühlte sich stets von den Insekten beobachtet, als würden indirekt durch sie die Augen ihrer Enkelin schauen.
    Susan hatte Insekten geliebt. Sie waren ihre besten Freunde geworden.
    Niemand hatte das verstehen können. Man hatte sie abgelehnt und gehaßt, deshalb war sie verschwunden.
    Eine Rückkehr und damit eine Rache würde nicht lange auf sich warten lassen.
    Und auch in der Stadt hatte die Plage zugenommen. Erica sprach zwar nicht mit vielen Menschen, doch sie hatte Augen im Kopf. Die Stiche konnte man ja sehen. Viele Gesichter zeigten diese kleinen Beulen oder roten Flecken, da hatten die Insekten zugestochen, sogar Wespen und Bienen schwirrten umher, und von Tag zu Tag wurde es schlimmer.
    Auch Erica Wade war nicht verschont geblieben. In den Nächten hatte es sie erwischt.
    Einen Stich hatte sie dicht neben ihren Lippen mitbekommen, deshalb stand ihr Mund auch schief, und die Oberlippe war dicker geworden, so daß sie beim Sprechen behindert wurde.
    Wann kehrte Susan zurück?
    Die alte Frau wußte nicht, wie oft sie sich diese Frage gestellt hatte. Sehr oft sogar. Je mehr Zeit verging, um so größer war die Spannung geworden. Sie wußte, daß die Rückkehr dicht bevorstand. Zudem war das Netz in Susans Zimmer dichter geworden. Die Spinnen dort konnten sich richtig austoben.
    Alles ging glatt, bis zu dem bewußten Tag. Er war wieder zu kalt gewesen. Einfach lächerlich, daß das Osterfest vor der Tür stand. Die Temperaturen lagen unter denen von Weihnachten, und eine Wetterbesserung war für die nächsten Tage nicht angekündigt worden.
    An diesem Tag hatte die Frau noch einige Besorgungen gemacht und war dann in ihrem Haus verschwunden.
    Sie schaute nicht in die Glotze, sondern ging einem anderen Hobby nach, dem Lösen von Kreuzworträtseln. Damit konnte sie sich stundenlang beschäftigen, ohne richtig müde zu werden, und sie setzte sich dabei gern an den Küchentisch. In der Stille dieses Raumes fühlte sich Erica Wade am wohlsten. Die anderen Türen im Haus hielt sie nie geschlossen, so konnte sie lauschen und auch hören, wenn sich irgend etwas tat und jemand eindringen wollte.
    Beim Zeitschriftenhändler hatte sich die Frau drei Rätselhefte gekauft.
    Eine Flasche Gin stand neben ihr, als sie das erste Heft aufschlug und nach dem Kugelschreiber griff.
    Sie kam nicht dazu, den ersten Buchstaben zu schreiben, denn plötzlich hörte sie ein Geräusch. Augenblicklich saß sie starr. Sie lauschte.
    Den Laut hatte sich Erica nicht eingebildet, und sie wußte auch genau, woher er stammte. Von oben. Genau dort war eine Tür hörbar ins Schloß gefallen. Sie kannte sich aus, und die Luft saugte Erica durch die Nasenlöcher ein.
    War es soweit? War ihre Enkelin zurückgekehrt, um ihr Zimmer wieder in Besitz zu nehmen?
    Lange hatte sie darauf gewartet. Vielleicht war es heute soweit. Doch nun spürte sie das Zittern am gesamten Körper. Sie kam sich vor, als würde sie von unsichtbaren Händen geschüttelt, und sie merkte, daß es ihr schwerfiel, die Beine anzuheben und zur Tür zu gehen.
    Etwas summte um ihren Kopf. Zwei fette Fliegen suchten Landeplätze, aber Erica scheuchte sie durch Handbewegungen weg. Über den Fußboden krabbelten dicke Käfer, auch an ihre Anwesenheit hatte sie sich gewöhnt und zertrat sie nicht mal. Sie hätte heute dabei auch ein schlechtes Gewissen gehabt, denn die Insekten waren schließlich die Freunde ihrer Enkelin. Das Brummen schreckte sie auf. Es war ein Laut, der aus dem Flur zu ihr drang. Er sorgte dafür, daß sich Erica zunächst nicht traute, die Küche zu verlassen.
    Etwas huschte durch die Tür. Sehr dicht an ihrem Gesicht vorbei. Sie wurde von einem Windzug gestreift, zuckte zurück. Dann hörte sie das Geräusch nahe des Fensters.
    Als sie hinschaute, sah sie die Riesenlibelle, die sich im Stoff des Vorhangs verfangen hatte und dort wild mit ihren Flügeln um sich schlug.
    Ein widerliches Tier, vor dem ein Mensch schon Furcht bekommen konnte. Erica verließ fluchtartig die Küche. Sie ging auf die Treppe zu, verharrte dort und überlegte, ob sie tatsächlich nach oben gehen und bei ihrer Enkelin nachschauen sollte.
    Ihr Gesicht rötete sich. Die innere Aufregung nahm zu. Sie wischte über ihre Augen. Die Furcht war wie ein Messer, das tief in der Brust steckte.
    Sogar die Stiche in ihrem Gesicht brannten jetzt, als hätten sie eine Botschaft der Heimkehrerin empfangen. Was tun?
    Die Treppe hochgehen? Das Haus verlassen? Hinter ihr tobte noch immer die Libelle. Aus

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