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Jhereg

Jhereg

Titel: Jhereg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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Und ein paar ›Überraschungen‹ noch dazu.
    Sie hatte kleine, kräftige Hände, mit denen sie aus dem Nichts Messer hervorholen konnte. Ihre Blicke brannten – manchmal voll schelmischer Freude eines boshaften Kindes, manchmal voll kalter Leidenschaft eines professionellen Mörders, manchmal voll Zorn eines in die Schlacht ziehenden Dragonlords.
    Cawti war eine der todbringendsten Auftragsmörder, die mir je begegnet sind. Mit ihrer Partnerin von damals, einer verstoßenen Dragonlady, bildete sie eines der gefragtesten Killerteams im Jhereg. Etwas melodramatisch nannten sie sich »Schwert und Dolch«. Ich fühlte mich sehr geehrt, als einer meiner Feinde mich für würdig hielt, von diesem Team ausgeschaltet zu werden. Zu meiner großen Überraschung wachte ich danach wieder auf, weil sie es nicht geschafft hatten, mich dauerhaft zu erledigen. Das verdanke ich Kragars Wachsamkeit, Morrolans Schnelligkeit und Kampfkraft sowie Alieras ziemlich außergewöhnlichen Heilungs- und Wiederbelebungskünsten.
    Es gibt Paare, die sich ineinander verlieben und sich am Ende umbringen wollen. Bei uns lief es andersherum.
    Außerdem war Cawti recht bewandert in der Hexerei, wenn auch nicht so gut wie ich. Nachdem ich ihr erklärt hatte, was ich benötigte, plauderten wir noch ein wenig.
    »Boß!«
    »Was denn, Loiosh?«
    »Ich unterbreche nur ungern –«
    »Von wegen.«
    »Aber es ist Zeit, Verbindung mit Daymar aufzunehmen.«
    »Schon? Gut, danke.«
    »Hm, gern geschehen, oder wie das heißt.«
    Also spürte ich Daymar auf, dachte an ihn, konzentrierte mich, erinnerte mich an das ›Gefühl‹ seiner Gedanken.
    »Ja?« sagte er. Er gehörte zu den wenigen Leuten, deren Stimme ich während des Kontaktes tatsächlich hören konnte. Bei den meisten anderen kannte ich den Partner so gut, daß ich mir die Stimme vorstellte, aber bei Daymar war es schlicht und einfach die Stärke der Verbindung.
    »Könntest du herkommen?« fragte ich ihn. »Wir wollen beginnen.«
    »Klar. Laß mich nur kurz … Gut, ich hab dich. Bin gleich da.«
    »Laß mir noch einen Augenblick Zeit, damit ich ein paar Schutzvorrichtungen und Alarme abstellen kann. Es müssen ja nicht gleich zig Geräte losheulen, wenn du dich herteleportierst.«
    Für ein paar Sekunden ließ ich unsere Schutzvorrichtungen gegen Teleportationen herunterfahren. Da erschien Daymar vor mir – in der Luft schwebend, in etwa einem Meter Höhe, mit übereinandergeschlagenen Beinen. Ich verdrehte die Augen; Cawti schüttelte bedauernd den Kopf. Loiosh zischte. Daymar zuckte nur mit den Schultern und stand auf, das heißt er ließ die Beine sinken.
    »Du hast den Donnerschlag und die Blitze vergessen«, sagte ich zu ihm.
    »Soll ich es noch mal versuchen?«
    »Ist nicht nötig.«
    Im Stehen war Daymar so etwa zwei Meter fünfundzwanzig groß. Er hatte die scharfkantigen, gutgeschnittenen Gesichtszüge des Hauses Hawk, wenn auch etwas sanfter, weicher, als bei den meisten Hawklords, die ich kannte. Er war derartig mager, daß er fast durchsichtig wirkte. Weil sein Blick sich nie auf etwas Bestimmtes einstellte, machte er immer den Eindruck, als schaute er an dem, was er betrachtete, vorbei oder blickte tief in sein inneres Wesen. Seit ich ihn einmal beinahe umgebracht hatte, weil er einem meiner Leute in den Gedanken herumgestöbert hat, waren wir Freunde. Bei ihm war es die pure Neugier gewesen, und ich glaube, er hat nie so recht verstanden, warum ich was dagegen gehabt hatte.
    »Also«, fragte Daymar, »wen möchtest du denn lokalisiert haben?«
    »Einen Jhereg. Mit etwas Glück habe ich hier, was du zum Aufspüren brauchst. Reicht das?«
    Ich gab ihm eine kleine Kristallkugel aus der Kommode. Er untersuchte sie gründlich, ich habe nicht die leiseste Ahnung, warum, dann nickte er und gab sie mir zurück.
    »Ich hab schon bessere gesehen, aber die wird gehen.«
    Also stellte ich sie vorsichtig rechts neben dem Rost ab. Dann öffnete ich den Umschlag von Kiera und nahm ungefähr ein halbes Dutzend Haare heraus. Die legte ich auf den Umschlag links neben den Rost, die anderen wollte ich mir für den Fall aufbewahren, daß ich den Spruch noch einmal versuchen mußte.
    Schon komisch, überlegte ich, wie sehr ein Hexenspruch einem Mord ähnelt, im Gegensatz zur Zauberei, die von beiden grundverschieden ist. Bei der Zauberei stellt man einfach nur eine Verbindung zum Gestirn des Imperiums her, holt sich ein bißchen Kraft, formt sie und läßt sie los. In der Hexenkunst muß dagegen alles

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