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Jhereg

Jhereg

Titel: Jhereg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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sie. Wenn sie sagte, niemand hätte sie gesehen, dann hatte ich keinen Grund, daran zu zweifeln.
    »Aber was werden deine Leute sagen, wenn sie merken, daß du dich mit mir in deinem Büro triffst? Die werden denken, daß dich endgültig die Affen gebissen haben, das ist dir doch klar.« Sie lächelte leicht bei dieser Behauptung, weil sie ihren Ruf sehr gut kannte.
    »Kein Problem«, gab ich zurück. »Ich werde einfach fallenlassen, daß du seit Jahren meine Geliebte bist.«
    Sie fing an zu lachen. »Das ist mal ne gute Idee, Vlad! Darauf hätten wir schon vor ner Ewigkeit kommen sollen.«
    Jetzt mußte ich auch lachen. »Was würden denn deine Freunde sagen? Kiera die Diebin gibt sich mit einem aus dem Ostreich ab? Aber aber.«
    »Die würden gar nichts sagen. Ein Freund von mir macht ›Arbeit‹.«
    »Wo du gerade davon anfängst –«
    »Genau. Zum Geschäft. Ich nehme an, du möchtest, daß ich etwas stehle.«
    Ich nickte. »Ist dir ein gewisser Lord Mellar vom Haus Jhereg bekannt? Ich glaube, offiziell ist er Graf oder Herzog oder sowas.«
    Ihre Augen weiteten sich ein bißchen. »Du bist wohl auf die ganz Großen aus, was, Vlad? Du steckst wirklich bis über beide Ohren drin. Allerdings kenne ich den. Ich habe ihm schon ein paarmal geholfen.«
    »Aber doch nicht kürzlich!« stieß ich mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend aus.
    Sie sah mich mit großen Augen an, fragte aber nicht, was ich damit meinte. »Nein, nicht in den letzten Monaten. Es war auch nie was Wichtiges. Nur ein Gefallen hier, einer da; du weißt ja, wie das geht.«
    Erleichtert nickte ich. »Er ist doch kein Freund von dir oder sowas?«
    Sie verneinte. »Wir haben uns nur gegenseitig mal ein paar Gefälligkeiten erwiesen. Und ich schulde ihm nichts.«
    »Gut. Und wo wir gerade von Schulden sprechen …« Ich legte einen Beutel vor ihr auf meinen Schreibtisch. Darin waren fünfhundert Goldimperials. Natürlich griff sie vorerst nicht danach. »Was würdest du davon halten, wenn ich dir noch einen weiteren Gefallen schuldig bin?«
    »Das fände ich wie immer ganz großartig«, sagte sie locker. »Was hat er, das du willst?«
    »Irgendwas. Ein Kleidungsstück wäre gut. Haare wären ausgezeichnet. Irgendwas, das er lange getragen hat.«
    Mit gespielter Traurigkeit schüttelte sie den Kopf. »Schon wieder deine östliche Hexerei, Vlad?«
    »Ich fürchte, ja«, gab ich zu. »Du weißt doch, wie wir sind. Wir mischen uns halt immer gerne ein.«
    »Na klar.« Sie nahm den Beutel an sich und erhob sich. »Gut, ich bin dabei. Es sollte nicht länger als ein, zwei Tage dauern.«
    »Keine Eile«, log ich höflich. Als sie ging, stand ich auf und verneigte mich ein wenig.
    »Was glaubst du, wie lange sie wirklich braucht?« fragte Kragar.
    »Wie lange sitzt du schon da?«
    »Nicht so lange.«
    Ich schüttelte angewidert den Kopf. »Es würde mich nicht überraschen, wenn wir morgen schon was hätten.«
    »Nicht übel«, sagte er. »Hast du mit Daymar gesprochen?«
    »Ja.«
    »Und?«
    Ich schilderte ihm das Ergebnis unserer Unterhaltung. Bei den technischen Einzelheiten des Hexenspruches zuckte er nur mit den Schultern, aber er begriff die Hauptsache. Als ich ihm erklärte, daß Daymar es geschafft hatte, der Hexerei beiwohnen zu dürfen, mußte er ein bißchen lachen.
    »Und, glaubst du, es wird funktionieren?« fragte er.
    »Daymar glaubt es; ich glaube es.«
    Diese Antwort stellte ihn wohl zufrieden. »Also passiert erstmal nichts, bis wir von Kiera hören, richtig?«
    »Richtig.«
    »Schön. Dann werde ich wohl mal ein bißchen Schlaf nachholen.«
    »Falsch.«
    »Was dann, Herr und Meister?«
    »Du bist bald genauso schlimm wie Loiosh.«
    »Was soll das denn heißen, Boß?«
    »Schnauze, Loiosh.«
    »Ist ja gut, Boß.«
    Ich griff mir die Notizen über Mellar, die ich vorhin gelesen hatte, und reichte sie Kragar. »Lies das«, sagte ich, »und laß mich wissen, was du davon hältst.«
    Er blätterte den Stapel kurz durch. »Das ist aber ne ganze Menge.«
    »Jep.«
    »Hör mal, Vlad, mir tun die Augen weh. Wie wär’s mit morgen?«
    »Lies!«
    Er seufzte und fing an.
     
     
    Einige Zeit später fragte er mich: »Weißt du, was mir auffällt, Vlad?«
    »Was?«
    »An dem Typ ist etwas faul, seit er in der Organisation aufgetaucht ist.«
    »Was meinst du?«
    Er überflog noch einmal kurz die Seiten und redete weiter. »Er ist zu schnell vorgegangen. In gerade mal zehn Jahren ist er aus dem Nichts bis ganz nach oben gekommen. Das ist verdammt

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