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Jhereg

Jhereg

Titel: Jhereg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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wußte ich, daß er durch meinen Willen aufklaren und Mellars Gesicht freigeben würde. Viel wichtiger war aber, daß jetzt eine Verbindung zwischen Mellar, dem Ort, wo er sich auch aufhielt, und dem Kristall bestand. Und es war so unwahrscheinlich, daß er diese Verbindung entdeckte, daß man es schon als unmöglich bezeichnen konnte. Zufrieden nickte ich Cawti zu, während wir alle ein paar Minuten lang wieder zu Atem kamen.
    Später blies ich die Kerzen aus, und Cawti machte die Lampen wieder an. Durch einen Abzug ließ ich den Qualm entweichen und den Duft des Räucherwerks, der nun übelkeiterregend süß schien. Der Raum hellte sich auf, und ich sah mich um. Daymar hatte einen abwesenden Gesichtsausdruck. Cawti wirkte ausgelaugt und müde. Ich wollte von oben Wein bestellen, aber selbst das bißchen Energie für die psionische Kontaktaufnahme war mir zuviel.
    »Sieht so aus, als hätte er keine Blockaden gegen Hexerei gehabt«, sagte ich in den Raum.
    Daymar meinte: »Das war sehr interessant, Vlad. Danke, daß ich dabeisein durfte.«
    Da wurde mir klar, daß er überhaupt nicht wußte, wie er mich beinahe mit seiner ›Hilfe‹ zerstört hätte. Ich wollte es ihm irgendwie klarmachen, ließ es aber sein. In Zukunft wüßte ich Bescheid, wenn er je wieder bei einem meiner Hexensprüche dabei war. Ich reichte ihm den Kristall; er nahm ihn. Nachdem er ihn einige Sekunden lang aufmerksam angesehen hatte, nickte er langsam.
    »Und?« fragte ich. »Kannst du damit eingrenzen, wo er sich aufhält?«
    »Ich denke ja. Wenigstens werde ich es versuchen. Wie bald brauchst du ihn?«
    »Sobald du ihn mir geben kannst.«
    »In Ordnung«, sagte er. Dann, beiläufig: »Warum suchst du ihn eigentlich, hm?«
    »Wieso willst du das wissen?«
    »Och, nur so aus Neugier.«
    Das paßte. »Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich das lieber für mich behalten«, wies ich ihn ab.
    »Wie du willst«, sagte er eingeschnappt. »Willst ihn umbringen, was?«
    »Daymar!«
    »Entschuldigung. Ich sag dir Bescheid, wenn ich ihn gefunden habe. Ich schätze, in ein bis zwei Tagen.«
    »Gut. Also bis dann. Oder«, fiel mir ein, »gib ihn einfach Kragar.«
    »Ist gut«, nickte er und verschwand.
    Ich zwang mich auf die Beine und weg von der Wand. Dann löschte ich die Lampen, half Cawti durch die Tür und schloß ab.
    »Wir sollten mal was essen«, sagte ich.
    »Klingt gut. Dann baden und dann ungefähr zwanzig Jahre schlafen.«
    »Ich wünschte, ich hätte Zeit dafür, aber ich muß wieder zurück an die Arbeit.«
    »Na gut«, sagte sie fröhlich, »dann schlaf ich halt für dich mit.«
    »Das ist zu freundlich von dir.«
    Eine Stufe nach der anderen gingen wir aufeinander gestützt nach oben. Loiosh, der immer noch an meinem Hals lehnte, schlief dabei.

 
     
»WAHRE HELDENTATEN GEHÖREN SORGFÄLTIG VORBEREITET – UND MÜSSEN MÜHSAM VERMIEDEN WERDEN«
     
     
    Cawti und ich aßen in einer Schenke zu Mittag, die mir teilweise gehörte. Langsam kamen wir beim Essen wieder zu Kräften. Für gewöhnlich hält die körperliche Erschöpfung nach der Hexerei nicht lange an; psionisch ist man jedoch länger ausgebrannt. Während des Hauptganges ging es mir schon wieder ganz gut, und ich fühlte mich wohl und ausgeruht. Trotzdem wäre es noch immer anstrengend, einen psionischen Kontakt aufzunehmen. Hoffentlich brauchte mich niemand während meiner Pause.
    Wir aßen schweigend, freuten uns an der Gegenwart des anderen und wollten auch gar nicht reden. Erst am Ende sagte Cawti: »So, du gehst also wieder arbeiten, und ich soll zu Hause bleiben und vor Langeweile verschimmeln, ja?«
    »Du siehst aber gar nicht verschimmelt aus. Und ich kann mich nicht erinnern, daß du mich bei der kleinen Sache letzten Monat um Hilfe gebeten hättest.«
    »Hmmmmmph«, machte sie. »Dabei brauchte ich keine Hilfe, aber das hier sieht nach etwas Großem aus. Ich hab deine Zielperson wiedererkannt. Hoffentlich wirst du für ihn angemessen bezahlt.«
    Ich nannte ihr die Summe.
    Sie zog die Augenbrauen hoch. »Wie nett! Wer will ihn denn haben?«
    Ich blickte mich in der fast leeren Schenke um. Ich ging nur ungern ein Risiko ein, aber Cawti verdiente eine Antwort. »Der ganze verdammte Jhereg will ihn haben, und erst recht, falls oder wenn sie Bescheid wissen.«
    »Was hat er denn gemacht?« fragte sie. »Er hat doch nichts ausgeplaudert, oder?«
    Mich durchlief ein Schauer. »Nein, das nicht, Verra sei Dank. Er ist mit neun Millionen in Gold aus dem Vermögen des Rates

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