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Jhereg

Jhereg

Titel: Jhereg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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wenigstens einen ungefähren Eindruck zu bekommen, wer zum Teufel der Kerl wirklich ist; dann sehen wir ja, ob wir etwas haben, mit dem wir weitermachen können.«
    Kragar nickte, fand die Stelle in seinen Notizen und fing zu lesen an. »Seine Mutter führte das glückliche und erfüllende Leben eines Dragon-Dzur-Mischlings. Sie ist eine Hure geworden. Sein Vater hatte anscheinend jede Menge Interessen, aber ganz sicher war er auch ein Auftragsmörder. Einigermaßen fähig. Soviel ich weiß ist er gestorben, als die Stadt von Dragaera gefallen ist. Das gleiche ist wohl auch der Mutter passiert. Mellar selbst hatte sich während der Invasionen des Ostreiches versteckt und tauchte erst wieder auf, nachdem Zerika den Thron an sich gebracht hatte. Er beanspruchte Zugehörigkeit zum Hause der Dragon, wurde aber – wie wir wissen – zurückgewiesen. Das gleiche hat er auch beim Haus der Dzur versucht, mit dem gleichen Ergebnis.«
    »Moment mal«, warf ich ein, »du meinst also, das war, bevor er sich seinen Platz erkämpft hat?«
    »Genau. Oh, übrigens, sein richtiger Name ist Leareth – zumindest wurde er mit diesem Namen geboren. Den hat er benutzt, als er das erstemal den Jhereg beigetreten ist.«
    »Das erstemal?«
    »Genau. Um das herauszufinden mußten wir echt tief graben, aber wir haben es geschafft. Natürlich hat er den Namen Leareth benutzt, und in den Büchern der Jhereg gibt es keinen Bezug zu jemandem mit diesem Namen.«
    »Aber wie –«
    »Die Bücher der Lyorn. Das hat uns übrigens fast zweitausend gekostet. Und wie sich herausstellte, ist es ›jemandem‹ gelungen, ein paar Lyorns zu bestechen. Viele der Chroniken, die ihn oder seine Familie hätten erwähnen müssen, gab es nicht. Wir hatten ein bißchen Glück, daß wir auf etwas stießen, das er übersehen hatte oder zu dem er keinen Zugang erhielt. Der Rest war ein schlauer Plan, brillante Ausführung –«
    »Geld«, warf ich ein.
    »Genau. Und ich habe eine junge Lyorndame gefunden, die meinem sprühenden Charme nicht widerstehen konnte.«
    »Komisch, daß sie dich überhaupt bemerkt hat.«
    »Ah! Weißt du, das tun sie erst, wenn es zu spät ist.«
    Wie dem auch sei, ich war beeindruckt, sowohl von Kragar als auch von Mellar. Lyorns bestechen, um Zugang zu ihren Büchern zu erlangen, ist nicht leicht, und sie dazu zu bringen, die Chroniken zu manipulieren, ist fast noch nie dagewesen. Das wäre so ähnlich, als würde man einen Auftragsmörder bestechen, den Namen desjenigen zu verraten, der den Auftrag erteilt hat.
    »Eigentlich«, fuhr Kragar fort, »ist er dem Haus Jhereg damals nicht offiziell beigetreten, was ein Grund dafür ist, warum wir so viele Probleme hatten. Er hat unabhängig für sie gearbeitet.«
    ›»Gearbeitet‹?«
    »So ist es.«
    »Das glaube ich nicht, Kragar! Wie viele Auftragsmörder laufen uns denn noch über den Weg? Ich komme mir langsam vor wie ein Herdenmitglied.«
    »Jau. Man kann nachts nicht mehr unbehelligt über die Straße laufen, stimmt’s?« schmunzelte er.
    Ich deutete auf das Weinregal. Eigentlich war es für meine Verhältnisse noch ein bißchen früh, aber ich brauchte einfach was, das mich die ständigen Schocks ertragen ließ. »War er gut?« wollte ich wissen.
    »Fähig«, meinte Kragar und goß uns beiden ein Glas Baritt-Landwein ein. »Er hat nur kleine Aufträge angenommen, aber nie einen versaut. Anscheinend hat er nie was angenommen, das mehr als dreitausend gebracht hätte.«
    »Davon kann man leben«, sagte ich.
    »Vermutlich. Andererseits hat er auch nicht viel Zeit in die ›Arbeit‹ gesteckt. Nur ein- oder zweimal im Jahr.«
    »Ach?«
    »Ja. Und hier kommt der Hammer: Während der ganzen Zeit, die er für die Jhereg gearbeitet hat, verbrachte er den Großteil seiner Freizeit mit Unterricht im Schwertkampf.«
    »Echt?«
    »Echt. Und jetzt paß mal auf: Er hat bei Lord Onarr gelernt.«
    Ich richtete mich so abrupt in meinem Stuhl auf, daß Loiosh, der sich über diese Mißhandlung bitterlich beklagte, beinahe auf den Boden gefallen wäre. »Oho!« sagte ich. »Also deshalb ist er so gut gewesen, daß er siebzehn Dzurhelden mit dem Schwert besiegen konnte.«
    Kragar nickte grimmig.
    Ich fragte: »Hast du irgendeine Vorstellung, warum Onarr willens gewesen ist, ihn als Schüler anzunehmen?«
    »Keine Vorstellung – ich weiß es genau. Auch eine echt hübsche Geschichte. Onarrs Frau hat während des Interregnums offenbar eine von den Seuchen erwischt. Mellar, oder vermutlich nannte er sich

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