Jillian Hunter
verengten sich.
„Oh, ja", bekräftigte Chloe und ging sogar so weit, die Hän- de ans Herz zu drücken. „Papa hatte mir kurz vor seinem Tod einen versprochen."
Was vermutlich die größte Lüge war, die sie je in ihrem Le- ben erzählt hatte. Chloe hatte nach einem Diamantdiadem verlangt und nicht nach einem Hund. Ares sank neben ihr auf den Boden, als füge er sich geduldig in sein Schicksal.
„Es wäre mir eine Freude, nach einem passenden Schoß- hund für Sie Ausschau zu halten, Lady Chloe", verkündete Sir Edgar und lächelte leicht. Er ging einen Schritt auf Ares zu, hielt dann jedoch inne, als der Hund die Zähne fletschte. „Wie Sie sehen, ist dieses Tier unberechenbar."
„Es ist keineswegs unberechenbar", widersprach Tante Gwendolyn. „Das Tier erfüllt bereits jetzt seine Aufgabe als Beschützer." Um ihren Standpunkt zu verdeutlichen, rausch- te sie an Sir Edgar vorbei und kniete sich hin, um die Ohren des Hundes zu kraulen.
Ares ließ Tante Gwendolyn mit einem Blick vollkommener Resignation gewähren. Chloe fragte sich plötzlich, wo sie da hineingeraten war. Was sollte sie nur mit einem Jagdhund an- fangen?
Oder mit einem Mörder?
Sie blickte Sir Edgar ins Gesicht und versuchte zu verste- hen, was sich hinter dieser Maske voll eifriger Liebenswürdig- keit verbarg. Konnte ihr perfekter Gastgeber mit seinen gu- ten Manieren zu einem Mord fähig sein? War es möglich, dass Dominic sich irrte? In der Nacht des Angriffes war es dunkel im Zimmer gewesen.
„Was halten Sie davon, Sir Humphrey?", fragte Edgar den anderen Mann, der in der Tür hinter Chloe wartete. „Es ist Ih- re Entscheidung, ob Sie dieses Tier in Ihrem Haus aufnehmen wollen oder nicht."
„Ich konnte meiner Frau noch nie einen Wunsch abschla- gen, wenn es darum ging, ein verirrtes Tier zu retten, Sir Ed- gar", antwortete Humphrey mit einem gutmütigen Schulter- zucken. „Es wäre keine gute Idee, jetzt damit anzufangen."
Sir Edgar schüttelte niedergeschlagen den Kopf. „In Gottes Namen, dann nehmen Sie das Tier. Aber sagen Sie nicht, dass ich Sie nicht gewarnt habe, wenn es sich gegen Sie wendet."
Sir Edgar stand alleine mit Chloe auf der steinernen Eingangs- treppe, während der Rest der Familie für die kurze Fahrt nach Hause in die Kutsche stieg.
„Ich danke Ihnen für das Vergnügen Ihrer Gesellschaft, La- dy Chloe. Ich wünschte, ich hätte Ihnen einen unterhaltsame- ren Abend bieten können."
Sie zwang sich, seinem Blick zu begegnen. Er wirkte galant und kultiviert, und doch konnte sie Misstrauen und Angst nicht unterdrücken. „Ich habe mich sehr gut unterhalten, Sir Edgar", erwiderte sie freundlich.
Und das stimmte auch. Als sie daran dachte, wie Dominic sie in der Dunkelheit geküsst und ihren Körper liebkost hat- te, stieg ihr glühende Röte in die Wangen. Niemand hatte sie je auf diese Weise unterhalten. Und nun kannte sie wenigs- tens die Geschichte seines „Todes", wenn auch noch nicht in allen Details. Er hatte ihre Neugier befriedigt - und sie gleich- zeitig unendlich erregt.
Sir Edgar lächelte. „Ich frage mich, ob wir beide es noch viel länger in Chistlebury aushalten. Ich fange langsam an, die Kriegskunst zu vermissen, und Sie gehören eindeutig nach London, Lady Chloe, wo Sie angemessen bewundert
werden können."
Einen Augenblick lang fragte Chloe sich, ob er sie davor warnen wollte zu bleiben. „Sie schmeicheln mir, Sir Edgar." Und er machte ihr Angst.
Der Gedanke, dass ein so kultivierter Mann ein Mörder sein konnte, ließ sie frösteln. Oder dass er etwas mit Bran- dons Tod zu tun hatte. War es wirklich möglich? Hatte Do- minic einen schrecklichen Irrtum begangen? Und doch hat- te irgendjemand den heimtückischen Versuch unternommen, ihn zu ermorden, und Sir Edgar gewann durch die Erbschaft viel. Chloe entschied sich, Dominics Urteil zu vertrauen. Sie wollte kein Risiko eingehen.
„Du süßes kleines Ding", gurrte Tante Gwendolyn dem riesi- gen Hund zu, der in wachsamer Stille auf den Stufen zu Dew- hurst Manor saß. „Sieh nur, wie folgsam du bist!"
„Sieh nur, wie groß er ist", entgegnete Onkel Humphrey mürrisch. „Ich nehme nicht an, dass ich diese Woche Koteletts bekomme."
„Du hast heute Abend an Sir Edgars Tisch genug gegessen, um bis Weihnachten satt zu sein."
Sir Humphrey ignorierte die Worte seiner Frau und sah zu, wie Chloe und Pamela Arm in Arm ins Haus gingen und Ares in ihrem Schatten folgte. Er hegte eine tiefe Zuneigung zu diesen beiden jungen Frauen und
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