Jim Knopf 02 - Jim Knopf und die Wilde 13
Führerhäuschen kämpften gegen die große Schläfrigkeit, die immer unwiderstehlicher von ihnen Besitz ergriff. Würden sie das unbekannte rettende Ziel erreichen, ehe es zu spät war?
Plötzlich ging die Fahrt deutlich spürbar ein wenig nach oben. Eine Weile schien es, als hätten sie bereits eine Insel erreicht. Aber dann wurde der Boden wieder waagerecht und es ging nur noch vorwärts. Jim konnte die Augen kaum noch offen halten. Lukas ging es nicht viel besser und der Scheinriese war bereits eingeschlafen und atmete nur noch schwach.
Wie im Traum sahen die beiden Freunde zuletzt noch draußen vor den Fenstern eine wunderbare Landschaft vorüberziehen. Korallenwälder wechselten ab mit weiten Wiesen aus Luftperlenblumen. Und dort, diese Berge und Felsen - waren sie nicht aus vielfarbigen, durchscheinenden Edelsteinen? Jetzt fuhren sie, wie es schien, über eine gewaltige, geschwungene Brücke. Gab es denn Brücken hier unten? Und nun - war das nicht eine uralte, versunkene Stadt mit Palästen und wunderbaren Tempeln, alle erbaut aus denselben, vielfarbigen Edelsteinen?
In diesem Augenblick musste Nepomuk den großen Magneten in Gang gesetzt haben, denn der ganze Meeresgrund ringsumher lag plötzlich in einem milden grünen Schimmer. Die verfallenen Paläste begannen zu glitzern und zu funkeln in den wunderbarsten Regenbogenfarben.
Dies wunderbare Bild war das Letzte, was Jim wie im Traum noch wahrnahm. Dann konnte er der Müdigkeit nicht mehr widerstehen und sank in Schlaf. Und schließlich fielen auch Lukas die Augen zu.
Die Seepferdchen jagten weiter mit der Lokomotive durch die Straßen einer versunkenen Stadt, ihrem unbekannten Ziel zu.
NEUNZEHNTES KAPITEL
in dem ein falsch geschriebener Brief die Freunde auf die richtige Spur führt
Als Jim wieder erwachte, lag er auf dem Rücken und erblickte über sich den Himmel. Die letzten Sterne verblassten und die Morgendämmerung stieg herauf. Jim fühlte, dass er auf weichem Sand lag. Und jetzt hörte er leises Gluckern und Plätschern wie von kleinen Wellen. Er hob seinen Kopf ein wenig und erblickte links und rechts neben sich Lukas und Herrn Tur Tur, die beide gleichfalls anfingen sich zu regen.
Jim setzte sich auf. Ihm war noch ganz wirr im Kopf. Zu seinen Füßen im seichten Uferwasser sah er nun die kleine Meerprinzessin, die das Kinn in die Hand gestützt hatte und zu warten schien. Und noch ein wenig weiter im Wasser stand die gute alte Emma, die Türen des Führerhäuschens sperrangelweit offen.
»Hallo«, sagte Sursulapitschi, »fein, dass ihr endlich aufwacht.«
»Wo sind wir denn?«, fragte Jim benommen.
»Wir haben euch auf eine kleine Insel gebracht, deren Strand unter Wasser so sacht ansteigt, dass die Seepferdchen euch heraufziehen konnten. Es war eine lange Fahrt, aber es war die einzige Möglichkeit, euch zu retten.«
Jim schaute sich um. Dann rieb er sich die Augen und blickte genauer hin. Das war doch nicht möglich! Aber es war Wirklichkeit! Sie waren in Lummerland!
»Lukas!«, schrie Jim und schüttelte seinen Freund. »Lukas, wach auf! Wir sind wieder zu Haus in Lummerland!« »Ist das wahr?«, fragte Sursulapitschi und klatschte in die Hände. »Ihr seid hier zu Hause! Das wussten wir nicht, als wir euch hierherbrachten.«
Lukas richtete sich ein wenig schwerfällig auf und blickte sich verwirrt um.
Als er seine kleine Bahnstation sah und das Haus von Herrn Ärmel und den Kaufladen von Frau Waas und den Berg mit den beiden ungleichen Gipfeln, zwischen denen das Schloss des Königs Alfons des Viertel-vor-Zwölften stand, da schob er seine Mütze ins Genick und blickte Jim mit vielsagendem Nicken an.
»Donnerwetter, alter Junge«, brummte er, »ich habe allmählich den Eindruck, dass wir zwei ganz verflixte Glückspilze sind.«
»Ich glaub auch«, bestätigte Jim mit einem Seufzer, der aus tiefster Seele kam.
»Ich kann es noch gar nicht glauben«, wandte Lukas sich jetzt an die Seejungfrau, »eine so lange Fahrt konnten wir doch eigentlich gar nicht überleben in unserer Kajüte.«
»Das hättet ihr auch nicht«, antwortete Sursulapitschi stolz, »wenn Uschaurischuum nicht dabei gewesen wäre. Er kennt viele Geheimnisse und er ist auch ein großer Heilkundiger. Als wir endlich hier ankamen und er die Türen eurer Kokolomive aufgebrochen hatte, da wart ihr wie tot. Er zog euch heraus und bettete euch auf den Sand. Als er noch ein Tröpfchen Leben in euch fand, gab er jedem aus einem Fläschchen, das er
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