Jim Knopf 02 - Jim Knopf und die Wilde 13
geschlossenen Augen vor sich hin, dann fuhr er fort: »Na, mit der ›Wilden 13‹ haben wir ja sowieso noch ein Hühnchen zu rupfen. Erst haben sie Jim irgendwo geraubt und in das Paket gesteckt, um ihn zu Frau Mahlzahn zu schicken, und jetzt haben sie auch noch seine Lokomotive gestohlen. Die Kerle sollen nichts zu lachen haben, wenn wir sie kriegen. Fragt sich nur, wie wir sie kriegen. Der Ozean ist groß und sie können überall zwischen Südpol und Nordpol herumsegeln.«
Nun, zunächst konnten die beiden Freunde nichts zur Rettung der kleinen Lokomotive unternehmen. Sie mussten wohl oder übel abwarten, bis sich ihnen irgendein Anhaltspunkt bot, wo sie die »Wilde 13« finden konnten.
So vergingen einige Tage.
Herr Tur Tur wohnte vorläufig bei Herrn Ärmel, während Lukas und Jim ihm ein nettes kleines, weißes Haus mit grünen Fensterläden auf Neu-Lummerland bauten. Er selbst half natürlich auch fleißig mit und so ging die Arbeit rasch vorwärts.
In den Nächten stellte sich Herr Tur Tur, wie vorgesehen, auf den Gipfel des Berges und hielt eine Laterne in der Hand. Schiffe kamen zwar vorläufig noch keine vorüber, aber der Scheinriese wollte sich gern in seinem neuen Beruf einüben. Außerdem, meinte er, könne man ja nie wissen, ob sich nicht doch vielleicht einmal ein Schiff verirrte.
Jims Wesen war seit der letzten Rückkehr verändert. Er war ernster geworden. Manchmal, wenn der Junge in Gedanken versunken und schweigend arbeitete, blickte Li Si ihn verstohlen und beinahe ehrfürchtig von der Seite an.
»Ich habe solche schreckliche Angst um dich gehabt, Jim«, gestand sie ihm einmal, »die ganze Zeit über, als ihr weg wart. Um Lukas auch, aber um dich noch viel mehr.«
Jim lächelte sie an.
»Wenn Lukas dabei is' ...«, sagte er, »dann passiert einem nichts.«
Ungefähr eine Woche mochte seit der Rückkehr vergangen sein, als eines Abends spät noch unvermutet das Postschiff am Strand von Lummerland anlegte.
Lukas, der gerade in seinem Bahnhof bei Emma stand, begrüßte den Briefträger.
»Alle Achtung!«, sagte der. »Da habt ihr ja einen tollen Leuchtturm, wahrhaftig. Man sieht ihn schon aus fünfzig Meilen Entfernung. Ist das wirklich der Scheinriese, den ihr holen wolltet? Im Dunkeln sieht man nämlich nur die Laterne leuchten.«
Lukas führte den Postboten auf den Berggipfel und machte ihn mit Herrn Tur Tur bekannt und der Scheinriese freute sich und war stolz, denn es war ja das erste Mal, dass er sich wirklich als Leuchtturm bewährt hatte. Dann gingen sie zu Frau Waas.
»Ich habe da nämlich einen Brief«, sagte der Postbote, »auf dem wieder mal so eine verrückte Adresse steht, wie auf dem Paket, in dem Jim Knopf war. Und da habe ich gedacht, ich bringe den Brief auch am besten zu Frau Waas.?«
Sie traten in die kleine Küche. Jim und Li Si spielten gerade »Mensch ärgere dich nicht« und Frau Waas strickte Strümpfe. Als sie den Brief sah, erschrak sie.
»Nehmen Sie den Brief lieber wieder mit«, rief sie sofort, »ich will lieber gar nicht wissen, was drin steht. Es ist ganz bestimmt nichts Gutes.«
»Dieser Brief ist von der ›Wilden 13‹ an den Drachen Mahlzahn«, knurrte Lukas. »Vielleicht erfahren wir etwas über Molly.«
Und er riss den Umschlag auf, faltete das Papier auseinander und las vor:
Lukas ließ das Blatt sinken.
»Das ist der Beweis«, sagte er, »sie haben Molly. Sie halten sie für eine kleine Dampfmaschine und meinen, der Drache hätte sie ihnen hingestellt, anstelle von Schnaps.«
»Sie haben immer noch nicht gemerkt«, setzte Jim hinzu, »dass Frau Mahlzahn gar nicht mehr kommen kann.«
»Sie scheinen überhaupt nicht besonders schlau zu sein«, meinte Lukas, »nach diesem Brief zu urteilen jedenfalls.«
»Das kann man wohl sagen«, pflichtete der Briefträger seufzend bei. »Eine Schande ist so was!«
»Jedenfalls«, erklärte Lukas, »haben sie Molly noch und wollen sie dem Drachen das nächste Mal zurückbringen. Bis dahin müssen wir sie gefunden haben, denn wer weiß, was sie mit der kleinen Lokomotive anfangen, wenn der Drache wieder nicht da ist.« »Aber wann is' das, das ›nächste Mal‹?«, fragte Jim bang.
»Tja«, brummte Lukas, »wenn wir das und noch einiges andere wüssten ... Wir werden uns einen Plan ausdenken, morgen früh. Denn dazu brauchen wir einen ausgeruhten Kopf.«
Dann brachten sie den Briefträger alle gemeinsam an sein Schiff zurück, dankten ihm nochmals für die wertvolle Hilfe und sahen
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