Jim Knopf 02 - Jim Knopf und die Wilde 13
sagte er, als er zu seinen Kumpanen zurückgekehrt war, »schreiben wir noch die Adresse auf den Brief, ihr Ochsen!«
Einer der Sitzenden blickte auf, musterte ihn kurz und knurrte dann: »Fängst du auch noch an, Bruderherz? Setz dich hin und sauf lieber.«
»Hol dich der Rochen!«, grollte der Erstere und schlug dem anderen den Humpen aus der Hand. »Was ich sage, wird gemacht, verstanden?«
»Bist wohl verrückt geworden, Mann!«, sagte der Angeredete drohend und griff nach seinem Dolch. »Heb sofort meinen Humpen auf, sonst schicke ich dich zur Hölle!«
»Ich bin der Hauptmann!«, brüllte der Erste. »Hast du keine Augen in deinem Schafskopf?«
»Schlag dich der Donner«, fluchte der andere, »du hast den Stern nicht, du bist nicht der Hauptmann, du bist nur besoffen!« In seinen Augen begann es gefährlich zu funkeln. Er zückte den Dolch und zischte: »Ich werd dich ein bisschen stechen, damit dir der Schnaps herausläuft.«
Der Erste fasste an seinen Hut. Da er aber nichts fühlte, nahm er ihn ab und starrte verblüfft die leere Stelle an. »Weiß der Henker«, murmelte er und blickte erstaunt im Kreise seiner Brüder herum, »ich dachte, ich bin der Hauptmann. Aber wer ist denn dann der Hauptmann, wenn ich's nicht bin?«
Die Sache war nämlich die, dass die Seeräuber sich so vollkommen glichen, dass sie sich sogar gegenseitig nicht auseinanderhalten konnten. Ja, nicht einmal sich selbst vermochte einer vom anderen zu unterscheiden. Deshalb hatten sie auch keine Namen, sondern sie waren einfach alle zusammen die »Wilde 13«. Da aber ein Hauptmann da sein musste, der das Kommando führte, gehorchten sie jeweils dem, der den Hut mit dem roten Stern aufhatte. Ob das nun immer derselbe war oder jeden Tag ein anderer, konnte ihnen gleich sein, weil sie sich ja ohnehin in nichts unterschieden. Aber da nun plötzlich keiner mehr den Stern am Hut hatte, brach völlige Verwirrung unter den Piraten aus. Jeder begann zu brüllen, dass er der Hauptmann sei und zu befehlen habe, und dabei wurden alle immer wütender und nach kurzer Zeit war die wüsteste Prügelei unter ihnen im Gange. Sie hieben sich gegenseitig ihre Humpen auf die Köpfe, dass der Branntwein spritzte, sie versetzten sich knallende Kinnhaken und schmetterten sich gegenseitig auf den Boden, dass es nur so krachte.
Das Handgemenge dauerte eine ganze Weile, denn sie waren ja alle ganz gleich stark, geschickt und ausdauernd. Aber das Ende vom Lied war schließlich, dass sämtliche Piraten bewusstlos auf dem Boden lagen.
Als sich keiner mehr rührte, kletterte Jim geschwind aus seinem Versteck und fesselte sie der Reihe nach mit dem Seil der großen Rolle, in der er gesessen hatte. Mit einem Piratendolch schnitt er die einzelnen Stücke ab. Als er damit fertig war, steckte er sich mit einem tiefen Seufzer der Befriedigung den roten Stern an seinen Lokomotivführeranzug, nahm eine Fackel, öffnete die Falltür und stieg eine Treppe hinunter. Bald stand er vor einer niedrigen Tür.
Der Schlüssel steckte von außen im Schloss. Er drehte ihn herum und laut knarrend öffnete sich die Pforte. Die Gefangenen lagen auf dem Boden eines großen, runden Raumes, dessen Wand ringsum viele Türen hatte, schwere, grünspanbedeckte Türen.
»Jim«, flüsterte Lukas, »ich wusste, dass du kommen würdest.«
»Es ging leider nicht schneller«, antwortete Jim übermütig. Dann befreite er seinen Freund von den Fesseln, indem er sie einfach durchschnitt. Ebenso machte er es bei Li Si und allen anderen.
»Wo sind die Piraten?«, raunte der Kapitän vorsichtig.
»Oben«, antwortete Jim vergnügt, »sie erwarten uns schon. Kommt nur, ich werd sie euch vorstellen.«
Die anderen blickten sich erstaunt an. Dann folgten sie dem Jungen, der mit der Fackel in der Hand vor ihnen her die Treppe hinaufstieg. Die Piraten waren inzwischen wieder aufgewacht. Sie konnten ganz und gar nicht begreifen, was ihnen widerfahren war. Bis zu diesem Augenblick hatte sie ja noch nie jemand besiegt.
Jim stellte sich vor sie hin und sagte: »Ich bin Jim Knopf, der, den ihr damals zum Drachen schicken wolltet und der dort nie angekommen is'. Nur damit ihr wisst, wer mit euch fertig geworden is'!«
Den Piraten traten die Augen aus den Köpfen vor Schreck und Verwunderung. Lukas aber schlug Jim voll Bewunderung auf die Schulter und rief: »Donnerwetter noch mal, alter Junge, hast du das ganz allein fertiggebracht?«
»Ja«, sagte Jim.
»Das ist eine unerhörte Tat!«, dröhnte der
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