Jim Knopf 02 - Jim Knopf und die Wilde 13
heraus und breiteten es aus. Darauf stand:
Jims Augen waren groß und ernst geworden, während Lukas die Botschaft vorgelesen hatte. Klopfenden Herzens betrachtete er die herrliche Krone in seiner Hand. Die anderen schwiegen. Es war ein feierlicher Augenblick.
Lukas nickte seinem kleinen Freund zu und sagte leise: »Setz sie nur auf, sie gehört dir.«
Da setzte sich Jim die funkelnde Krone auf seine schwarzen Kraushaare.
Der Kapitän und die Matrosen nahmen ihre Mützen ab, verbeugten sich und murmelten: »Wir gratulieren, königliche Majestät!«
Und dann rief der Kapitän: »Unser Prinz Myrrhen, er lebe hoch! Hoch! Hoch!«, und die Seeleute stimmten ein und warfen ihre Kappen in die Luft.
»Donnerwetter, Jim, alter Junge«, sagte Lukas fröhlich, »jetzt bist du auch noch Prinz geworden! Und noch dazu was für einer! Na, verdient hast du's ja, das muss man schon sagen. Aber ich hoffe, wir beide bleiben doch die alten Freunde, he?«
»Ach, Lukas!«, antwortete Jim, ganz verwirrt vor Glück.
»Jim, o Jim, wie freu ich mich«, jubelte Li Si und klatschte in die Hände, »dann sind wir ja jetzt richtig Prinz und Prinzessin!«
»Tja«, brummte Lukas schmunzelnd, »und damit wäre mein junger Kollege vermutlich der erste und einzige Lokomotivführer der Welt mit einer Krone.«
Nachdem alle wieder in den Hauptsaal zurückgekehrt waren und sich um das Feuer gesetzt hatten, berieten sie gemeinsam, was nun mit den Seeräubern und ihren Schätzen gemacht werden sollte.
Zunächst wurde beschlossen Gericht über die »Wilde 13« zu halten, damit sie nach Recht und Gerechtigkeit verurteilt würde. Die gefesselten Piraten wurden also heraufgeführt und in eine Ecke des Saales gestellt, zu beiden Seiten von den Matrosen bewacht.
»Wenn ihr mich fragt«, begann der Kapitän, »dann haben die Burschen nichts Besseres verdient als den Tod. Wir sollten sie den Haifischen vorwerfen, genauso wie sie's mit uns machen wollten.«
Die Piraten schwiegen bleich und trotzig. Ein höhnisches Lächeln glitt über ihre finsteren Mienen.
»Jawohl«, sagte einer der Matrosen, »wir sind alle einer Meinung mit dem Kapitän.«
Jim blickte die Räuber, die noch immer schwiegen, nachdenklich an. Dann schüttelte er den Kopf und erklärte: »Nein, das find ich nicht gerecht.«
»Sie haben's aber verdient«, rief der Kapitän grimmig, »daran gibt es keinen Zweifel!«
»Vielleicht schon«, antwortete Jim, »aber einmal haben sie mir das Leben gerettet, wie sie mich aus dem Wasser gefischt haben.«
»Du hast zu bestimmen, Jim«, sagte Lukas bedächtig, »weil du sie ja auch besiegt hast.«
»Wenn ich zu bestimmen habe«, meinte Jim ernst, »dann schenke ich ihnen das Leben.«
Das höhnische Grinsen auf den Gesichtern der Piraten erlosch. Betroffen blickten sie sich gegenseitig an, denn darauf waren sie ganz und gar nicht gefasst gewesen. Auch die kleine Prinzessin schaute Jim voll Bewunderung von der Seite an. Sie fand es sehr großmütig von ihm - richtig königlich.
Die Piraten hatten leise ein paar Worte untereinander gewechselt und sich zugenickt. Jetzt ergriff einer von ihnen das Wort:
»Jim Knopf, deine Worte haben dir und deinen Freunden das Leben gerettet! Wir sind wüste Kerle, aber wir wissen Großmut zu würdigen. Hölle, Tod und Drachenspucke, das wissen wir! Und darum werden wir dir und deinen Freunden die Freiheit schenken.«
»Hört euch das an!«, brüllte der Kapitän und bekam vor Wut einen knallroten Kopf. »Die Burschen sind verrückt geworden! Oder ihre Frechheit ist so bodenlos wie der Ozean! Das habt ihr nun von eurer Hochherzigkeit. Man sollte die Kerle ohne Federlesen an der Rah aufknüpfen!«
»Immer mit der Ruhe«, unterbrach Lukas den polternden Seebären, »ich habe nicht den Eindruck, dass sie sich über uns lustig machen. Wir wollen uns anhören, was sie zu sagen haben.«
Der Pirat hatte den Zornausbruch des Kapitäns mit unbeweglichem Gesicht angehört. Jetzt sagte er mit rauer Stimme:
»Jim Knopf, du hast uns besiegt und du hast uns gebunden, ganz so, wie der Spruch auf dem alten Pergament es vorhergesagt hat. Jawohl, das hast du. Wir waren entschlossen trotzig und ohne ein Wort zu sterben. Der Teufel soll uns holen, das waren wir. Aber wisst ihr auch, was aus euch geworden wäre? Ihr wärt nie wieder aus ›Sturmauge‹ rausgekommen. Oder glaubt ihr vielleicht, diese Matrosen da und ihr Kapitän hätten das Schiff durch den großen Hurrikan steuern können? Beim ewigen Feuer, das
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