Jim Knopf 02 - Jim Knopf und die Wilde 13
überlegte, woran sie ihn wohl erkennen konnten, denn er sah genau aus wie die Übrigen.
»Brüder«, begann der Hauptmann, »das war ein prächtiger Fang heute. Teufel auch, das war es. Und darum sage ich euch, es gibt vielleicht viele Zwillinge auf der Welt, es gibt auch Drillinge und Vierlinge und vielleicht sogar Fünflinge, meinetwegen! Aber solche verfluchten Kerle wie uns Dreizehnlinge gibt es nur einmal! Die ›Wilde 13‹ lebe hoch! Hoch! Hoch!«
Die Übrigen stimmten johlend in die Hochrufe auf sich selbst ein. Jetzt verstand Jim, weshalb sie einander so ähnlich waren, wie ein Ei dem anderen. Und er versuchte sich vorzustellen, wie man sich wohl fühlte, wenn man sozusagen dreizehnmal vorhanden war. Er war froh, dass es ihn nur einmal gab. Nun erhob sich ein anderer Pirat und verkündete: »Ich will auch mal was sagen! Ruhe! Maul halten!«
Die Übrigen verstummten erwartungsvoll und der Kerl sagte:
»Es stürmt von Norden, von Süden, von Osten und von Westen, drum haust man in der Burg ›Sturmauge‹ am besten!«
Stürmischer Beifall belohnte die Darbietung.
Besonders gescheit schienen die Seeräuber nicht gerade zu sein, das konnte Jim jetzt schon feststellen. Immerhin hatte er auf diese Weise erfahren, dass die Burg »Sturmauge« hieß.
Wieder ging ihm der Spruch des »Goldenen Drachen der Weisheit« durch den Sinn.
»Was machen wir eigentlich mit den Gefangenen?«, fragte jetzt einer der Kerle. »Sollen wir sie einfach da unten verhungern lassen?« Dabei wies er mit dem Daumen auf eine Falltür im hinteren Winkel des Saales.
Jim durchzuckte ein freudiger Schreck. Nun wusste er endlich, wo Lukas, Li Si und die anderen waren. Aber vorläufig war natürlich noch nicht daran zu denken, sie zu befreien. Er musste eine günstige Gelegenheit abwarten.
»Blödsinn«, grölte ein anderer, »die bringen wir zum Drachen, dann gibt's neuen Schnaps!«
»Ruhe!«, donnerte der, den die Übrigen vorher als den Hauptmann bezeichnet hatten. »Hier bestimmt niemand als ich. Teufel, Tod und blaue Bohnen! Und ich bestimme, dass die Gefangenen morgen früh den Haifischen vorgeworfen werden.«
Die Piraten murrten.
»Maul halten!«, fuhr der Hauptmann fort. »Der Drache ist nicht mehr gekommen. Der Drache muss uns verraten haben, denn niemand auf der Welt außer ihm konnte unseren Weg kennen. Der Drache führt etwas gegen uns im Schild, das ist klar. Also ist der Drache von jetzt an unser Feind und er bekommt von uns nichts mehr. Höchstens eine Ladung Kanonenkugeln in seinen fetten Bauch!«
»Bravo!«, brüllten die Piraten begeistert. »Wir stampfen ihn zu Mus, wenn wir ihn kriegen!«
»Aber das kleine Mädchen«, fragte einer der Burschen, »werfen wir das auch den Haifischen vor?«
»Nein«, antwortete der Hauptmann, »ich bestimme, dass sie dableibt und uns in Zukunft den Haushalt führt.«
»Ho, ho, ho!«, wieherten die Übrigen. »Das ist eine gute Idee, Hauptmann, das wird ein Riesenspaß!«
»Geht es euch auch so«, brummte einer der Burschen, »dass euch das kleine Frauenzimmer irgendwie bekannt vorkommt? Ich hab das Gefühl, als hätte ich das Ding schon mal gesehen.«
»Bruderherz«, sagte ein anderer, »wir haben ja schon eine ganze Menge von dieser Sorte zusammengefangen, da kann man sich leicht irren.«
»Ja«, setzte ein dritter hinzu, »wir haben dem Drachen im Lauf der Zeit einen ganzen Stall voll solcher Bälger geliefert.«
»Und haben Schnaps von ihm dafür bekommen«, knurrte ein vierter, »bis auf das eine Mal. Wisst ihr noch, Brüder, damals das kleine schwarze Kerlchen? Wie es in einem geteerten Binsenkörbchen über das Meer dahintrieb und wie wir es herausgefischt haben? Es war nach dem großen Sturm.« Jim durchzuckte es erneut. Redeten sie da von ihm? Das konnte doch nur er sein - ganz gewiss! Atemlos lauschte er.
»Es lag noch eine Krone dabei und irgend so ein Stück beschriebenes Pergament, zusammengerollt in einem goldenen Rohr. Ich möchte bloß wissen, was das wohl für ein Balg war?« Die Piraten waren plötzlich still geworden und starrten vor sich hin. Der Kerl fuhr fort: »Auf dem Pergament stand doch so ein verdammter Spruch drauf, wisst ihr noch, Brüder? Wer dem Kind was Böses tut, dem wird es alle Macht nehmen und ihn binden, weil es das Ungrade grade macht. Oder so ähnlich. Möchte wissen, was das heißen soll.«
»So ein Blödsinn«, grollte der Hauptmann, »das kommt alles bloß daher, dass wir's nicht richtig lesen konnten, weil jeder von euch Ochsen nur
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