Jimmy, Jimmy
allem. Die Haare und so. Machst du schon wieder Bücher? Gibt’s welche, die ich noch nicht kenne?«
Wir stehen mitten auf dem Bürgersteig und nerven die Leute, die um uns herumgehen müssen.
»Bücher?«, sagt Dad, und ich weiß, dass ich der Sache schnell ein Ende machen muss.
»Wir müssen gehen, wirklich«, sage ich zu Dick. »Tut mir leid.«
»Schon gut«, sagt er. »Aber kannst du mir nicht ein paar Flocken leihen, Jimmy? Nur für einen Burger und Pommes.«
Dad fasst in die Hosentasche, aber ich ziehe ihn fort. Wie ein Mann, der an Bier und klasse Ärsche denkt, sieht er jetzt nicht mehr aus, nur noch verwirrt. Und verwirrt heißt bei ihm blöd. Ich will das nicht denken, aber so ist es.
»Wer war das?«, fragt er, als wir schon in unsere Straße einbiegen. Ein kalter Wind weht uns ins Gesicht. Die Blätter fallen wie verrückt. Es ist, als kicherten sie über uns, als flüsterten sie: Wisst ihr noch, letztes Mal, als wir gefallen sind, ha, ha!
»Ich weiß nicht, Jimmy!«
»Warum wollte er Geld von mir?«
»Ich weiß nicht, Jimmy.«
»Was war das mit den neuen Büchern?«
»Er wollte nur wissen, ob du in letzter Zeit neue Bücher bekommen hast.«
»Warum?«
Ich weiß nicht mehr, was ich sagen soll. Zum Glück sind wir gleich zu Hause. Er geht jetzt hinter mir. Ich hab’s eilig.
»Ist er der Mann ?«
»Mann, Jimmy, hörst du endlich auf, blöde Fragen zu stellen? Ich kann’s nicht mehr hören. Und sag so was wie vorhin nie mehr über eine Frau, hörst du, nie mehr! Es ist widerlich. Eklig.«
Jetzt ist er beleidigt. Mehr als beleidigt. Verletzt. Als hätte man ihm ein Messer in den Bauch gerammt.
»Vergiss, dass ich das gesagt habe, Jimmy. Bitte!«
Halb grinst er dämlich, halb zieht er eine dämliche Grimasse. Es ist, als wollte er mir sagen, dass er den Anpfiff verdient hat, weil er nun mal leider ein Idiot ist. Wie stehen vor der Eingangstreppe. Er wühlt in seinen Taschen und hält mir den Zehn-Euro-Schein hin.
»Tust du ihn zurück in Judys Brieftasche?«
Sein Flüstern lässt den Aufschrei in meinem Innern noch lauter klingen als sowieso schon.
»Alles paletti, Jimmy.«
Er folgt mir nicht die Eingangstreppe hinauf. Stattdessen geht er ums Haus herum. Ich folge ihm auch nicht. Auf der obersten Stufe steht Toms grüner Traktor. Ich befördere ihn mit einem Tritt in die Einfahrt, und die vorderen Räder gehen ab. Ich öffne die Haustür und sehe Mam am Ende des Flurs an der Küchentür. Sie schaut auf ihre Armbanduhr,und ich kassiere einen bösen Blick, als wollte sie sagen: Wo zur Hölle warst du?
»Wo … wo ist er?«
»Er ist unten rein, oder was denkst du? Dass er abgehauen ist, oder was?«
»Ihr wart so verdammt lange weg«, sagt sie. In ihren Augen ist die blanke Wut. »Ich war ganz krank vor Angst.«
Keine von uns beiden bewegt sich. Ich stehe in der Haustür, sie in der Küchentür. Zwischen uns liegen mindestens zehn Schritte, aber ich kann jede Falte in ihrem Gesicht erkennen. Der Geruch des Currys, das sie gekocht hat, dreht mir fast den Magen um.
»Du bist nicht ans Handy gegangen«, sagt sie. »Was soll das, verdammt?«
»Ich hatte es nicht dabei.«
»Das solltest du aber.«
Es ist, als wollte sie mich absichtlich auf die Palme bringen. Aber zu zweit geht das Spiel noch besser.
»Wir waren in der Stadt, okay?«
»Ihr wart was ?«, zischt sie. »Obwohl du weißt, dass wir es langsam angehen müssen, Schritt für Schritt? Dass er mit vielen Menschen und dem Verkehrslärm und allem noch nicht klarkommt?«
Sie will weiterreden, aber ich lasse sie nicht. Ich muss wissen, worüber er sie belogen hat. Vielleicht war da doch eine andere Frau.
»Er wollte auf ein Bier in den Pub, und er hatte einen Zehn-Euro-Schein in der Tasche. Ich hab ihn gefragt, wo er ihn herhat, aber er hat mich angelogen. Er lügt mich an. – Dich auch?«
Sie wendet den Blick ab und schaut auf das Familienfotoan der Flurwand. Es wurde ein paar Wochen nach Toms Geburt aufgenommen. Sean und ich waren von der Idee nicht so begeistert, und das sieht man unseren Gesichtern an. Die Addams Family , hatte Dad gewitzelt.
Wir hören, wie unten die Tür zu seinem Zimmer aufgeht, dann Geräusche auf der Treppe. Jemand nimmt mehrere Stufen auf einmal. Sean. Wo die Treppe in den Flur und ins Wohnzimmer mündet, bleibt er stehen, ungefähr in der Mitte zwischen Mam und mir. Er schaut vorwurfsvoll, und er meint mich.
»Was hast du zu ihm gesagt? Er ist vollkommen mit den Nerven runter.«
»Ich hab ihm
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