Jinx - der verfluchte Liebeszauber
nur solche Schüler um das Stipendium bewerben durften, die schon seit mehreren Jahren ein Instrument spielten. Alle Bewerber mussten an einem Vorspiel teilnehmen und wurden dann aufgrund ihres Talents ausgewählt.
»Da musst du unbedingt mitmachen, Jean!«, hatte Zack gesagt. »Du hast das Stipendium schon so gut wie in der Tasche.«
Ich wusste zwar nicht, ob er meine Fähigkeiten da nicht etwas überschätzte, aber ich wusste, dass ich New York mittlerweile richtig toll fand. Vielleicht nicht so sehr die Chapman School, an der es wirklich einen Haufen arroganter Schnösel gab (von denen einige nach wie vor glaubten, dass ich Shawn verpetzt hatte, was mir aber inzwischen egal war, weil die Leute, an deren Meinung mir etwas lag, wussten, dass ich es nicht gewesen war). Aber seit Tory so nett zu mir war, fühlte ich mich bei den Gardiners wie zu Hause. Ich liebte die Stadt, die vielen unterschiedlichen Menschen auf den Straßen, die aufwendig dekorierten Schaufenster der Geschäfte, die Wolkenkratzer, das Metropolitan Museum und die Carnegie Hall, die Gyoza im Sushi of Gari, die leckeren Bagels von H & H und den Räucherlachs des Feinkosttempels Citarella. Ich hatte sogar meine Angst vor der U-Bahn verloren und spürte (fast) keinen Knoten im Magen, wenn ich mit der Linie 6 fuhr.
Wenn ich woanders hinfahren musste, war ich nach wie vor hoffnungslos überfordert, aber die einzelnen Stationen der Linie 6 hätte ich im Schlaf herunterbeten können.
Natürlich vermisste ich Stacy, meine Eltern und meine Geschwister.
Aber Hancock? Nein, Hancock vermisste ich wirklich kein bisschen.
Besonders nicht gewisse Dinge, die dort passiert waren.
Wenn ich das Stipendium bekäme, würde ich nie mehr
dorthin zurückmüssen. Ich war mir sicher, dass Tante Evelyn und Onkel Ted mir erlauben würden, weiter bei ihnen zu wohnen. Meine Eltern würden natürlich traurig sein (wobei Courtney sicher froh wäre, das Bad mit einer Schwester weniger teilen zu müssen), aber selbst sie würden verstehen, dass meine Chancen, an der Juilliard zu studieren, viel höher wären, wenn ich einen Abschluss der Chapman School in der Tasche hätte anstatt einen der Hancock High. Und warum sollte ich nicht versuchen, einen Studienplatz am berühmtesten Musikkonservatorium Amerikas zu bekommen, nachdem sich das Blatt jetzt gewendet hatte und ich zum ersten Mal in meinem Leben Glück zu haben schien? Ja, es gab eine Menge Gründe, die für das Stipendium sprachen … davon, dass Zack auch noch ein weiteres Jahr an der Chapman School bleiben würde, mal ganz abgesehen.
Nachdem Tory, Chanelle und ich den ganzen Nachmittag im Kosmetiksalon verbracht hatten, wo wir nach allen Regeln der Kunst verwöhnt und verschönt worden waren (obwohl der Hairstylist Jake nach einem Blick auf meine Haare seinen Kolleginnen zugerufen hatte: »Dass mir keine von euch auf die Idee kommt, hier mit dem Glätteisen ranzugehen. An diesen göttlichen Locken wird nichts verändert. Höchstens vielleicht ein kleines Klämmerchen an der Seite. Gott, ja! Mädchen, du siehst um-wer-fend aus!«), war es kurz vor sieben geworden, und ich schloss gerade die Riemchen meiner strassbesetzten Sandaletten, als es an der Tür klingelte.
Kurz darauf hörte ich Teddy – der immer als Erster an der Tür war – rufen: »Es ist Zack!«
»Zack ist da! Zack ist da!« Alice raste die Treppe hinauf und stürmte in mein Zimmer, wo sie schlitternd zum Stehen kam und mich mit offenem Mund anstarrte. »Jean!«, quietschte sie. »Du siehst aus wie eine Prinzessin!«
»Findest du echt?« Ich zupfte nervös an den Spaghettiträgern meines Kleids und betrachtete mich in dem Spiegel an der Badezimmertür. Plötzlich kam mir alles viel zu übertrieben vor: Das Kleid war zu eng, der Ausschnitt zu tief, das Make-up zu extrem, die Absätze zu hoch, die Kette mit dem Pentagramm an meinem Handgelenk zu auffällig (ich wollte es auf jeden Fall tragen, weil es mir bis dahin ja tatsächlich Glück gebracht hatte, fand es aber diskreter, die Kette zum Armband umzufunktionieren).
»Oh Jean!«, sagte Paula, die auch nach oben gekommen war. »Alice hat recht. Du bist wunderschön.«
»Ist das Kleid nicht viel zu eng?«, fragte ich unsicher.
»Überhaupt nicht«, sagte Paula. »Hoffentlich findet Mrs Gardiner noch rechtzeitig ihre Kamera – sie sucht sie schon überall. Oder ich hole schnell meine.«
Ich sprach ein stummes Gebet, dass Tante Evelyn ihre Kamera nicht finden würde – zumal ich sie
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