Jinx - der verfluchte Liebeszauber
schwang ein Hauch der alten Schroffheit mit. »Schau es dir doch erst mal an. Mit deiner milchweißen Haut und den roten Haaren siehst du darin bestimmt sensationell aus.«
Ich schüttelte den Kopf. »Mom bringt mich um, wenn sie das erfährt. Sie findet, dass ich zu jung bin, um Schwarz zu tragen. Und ich kann es unmöglich vor ihr verheimlichen, weil Tante Evelyn ihr bestimmt Fotos mailt.«
»Gott!« Tory lachte. »Sag deiner Mutter, dass sie endlich im einundzwanzigsten Jahrhundert ankommen soll. Wir leben hier in Manhattan, nicht in Hancock. Hier geht niemand im rosa Barbiekleidchen zu einem Ball.«
Ich befühlte ehrfürchtig die schwarze, glänzende Seide. Es war nicht so, dass ich das Kleid nicht anziehen wollte . Es hatte schmale Träger, war ziemlich tief ausgeschnitten und unten am Saum mit schwarzen Perlenschnüren besetzt, die bei jeder Bewegung leise klackerten.
Es war wunderschön.
Und es sah ganz und gar nicht nach mir aus.
»Probier es doch wenigstens mal an«, forderte Tory mich auf.
Aber ich wusste genau, dass ich es nie wieder hergeben würde, wenn ich es einmal anprobiert hatte.
»Nein«, sagte ich. »Ich kann nicht. Zieh du es zum Ball an, Tory. Ich bin mir sicher, dass du darin fantastisch aussiehst.«
Tory lächelte. »Ich habe schon ein Kleid, in dem ich fantastisch aussehe«, sagte sie. »Jetzt tu mir den Gefallen und zieh es an. Das kann doch nichts schaden.«
Nimm an, wovor du dich fürchtest.
Was stellte ich mich so an? Tory hatte recht. Es konnte wirklich nichts schaden, es anzuprobieren.
Also tat ich es.
Und genau wie ich es mir schon gedacht hatte, wusste ich in dem Moment, in dem ich mich im Spiegel sah, dass ich es nicht mehr hergeben wollte. Es saß wie angegossen und zeigte mehr meiner Haut, als jemals ein Mensch – außerhalb eines Schwimmbads – gesehen hatte. Aber dafür sah ich darin zum ersten Mal in meinem Leben nicht aus wie …
»Wie eine Pfarrerstochter siehst du jedenfalls nicht aus«, stellte Tory zufrieden fest. »Wenn Zack dich so sieht, wird er sich noch mal stark überlegen, ob er wirklich nur gut befreundet mit dir sein will.«
Damit stand meine Entscheidung fest. Ja, ich würde in diesem Kleid zum Ball gehen. Tory gegenüber sagte ich allerdings nicht, was mich zu dieser Entscheidung gebracht hatte. Es war ja auch zwecklos. Zack würde in mir nie mehr als eine gute Freundin sehen.
Trotzdem fand ich, dass es nichts schaden konnte, zur Abwechslung mal ein bisschen verführerisch auszusehen. Wenn meine Mutter die Fotos sah, würde es sowieso zu spät sein, mir noch irgendetwas zu verbieten. Und vielleicht konnte ich Tante Evelyn ja auch dazu überreden, zu behaupten, ihre Kamera sei kaputt gewesen.
Am Morgen des Balls überraschte meine Tante uns beim Frühstück mit der Ankündigung, dass sie Tory, Chanelle und mir einen Besuch in ihrem Lieblingskosmetiksalon in SoHo spendieren wolle, wo wir von echten Profis von Kopf bis Fuß verwöhnt, gepflegt, frisiert und geschminkt werden würden. »Das ist mein Geschenk für euch«, sagte sie (und dabei standen ihr Tränen der Rührung in den Augen), »weil ihr euch endlich so gut versteht, wie ich es immer gehofft habe, und weil Tory solche enormen Fortschritte gemacht hat.«
Das war so süß, dass mir selbst fast die Tränen kamen. Allerdings aus anderen Gründen. Zum ersten Mal in
meinem Leben hatte ich das Gefühl, dass vielleicht doch noch alles gut werden würde. Keine Ahnung, ob Lisa von Enchantments irgendetwas damit zu hatte, dass aus meinem lebenslangen Pech plötzlich Glück geworden war, oder ob ich das Wunder selbst herbeigeführt hatte. Ich wusste nur, dass ich mich perfekt mit Tory verstand und in Chanelle eine gute Freundin gefunden hatte, die sich großzügig bereit erklärt hatte, Tory ihre Fiesheiten zu verzeihen, solange sie sich zurückhielt und nicht über irgendwelche Giftpilze redete, die sie bei Mondschein von Grabsteinen kratzen wollte. Und außerdem hatte ich mit Zack auch noch einen unfassbar netten Jungen, mit dem ich über alles reden konnte und bei dem ich mich unglaublich wohlfühlte (auch wenn daraus nie etwas Engeres werden würde).
Zack hatte mir einen Flyer gezeigt, der im Sekretariat der Schule gelegen hatte. Eine Ehemaligen-Stiftung der Chapman School bot darin Schülern mit überdurchschnittlich gutem Notendurchschnitt ein Stipendium an, sofern sie nachweisen konnten, dass sie auf finanzielle Förderung angewiesen waren.
Das Besondere daran war, dass sich
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