Jinx und der magische Urwald (German Edition)
er ihr antwortete.
»Simon, der Junge hat sich selbst vier Sprachen beigebracht«, sagte Sophie.
»Hmm«, machte Simon.
Einige der Bücher, über die sie sprachen, waren in Samaran verfasst. Viele handelten von Zauberei, und Jinx dachte, Samara müsse ein sehr magischer Ort sein. Aber wenn Jinx Sophie nach Samara fragte, guckte sie finster.
»Samara ist nicht wichtig, Jinx. Lies lieber über den Urwald.«
»Es muss aber wichtig sein«, sagte Jinx. »Du lebst doch dort, oder?«
Sophies silberblaue Gedankenwolken zuckten hin und her, als ob sie nervös wäre. »Jinx, Urwaldleute haben in Samara nichts zu suchen.«
»Wieso nicht?« Sie sprachen Samaran, und Jinx hatte gerade ein Buch auf Samaran gelesen, etwas über Elefanten, magische Tiere, die er sehr gern einmal sehen würde.
»Weil wir dort nicht erwünscht sind«, sagte Simon barsch, ohne von seiner Schreibarbeit aufzublicken. »Geh den Dachboden fegen, Jinx.«
Meistens ließ Simon Jinx einfach lesen, außer wenn er etwas von ihm wollte.
»Gib mir Calvin«, sagte Simon eines Tages.
»Äh, wen?«, fragte Jinx.
Im Zimmer war niemand außer dem Totenkopf. Der grinste verschwörerisch.
Simon schnippte ungeduldig mit den Fingern. Jinx stand auf und brachte Simon den Totenkopf.
»Er, äh … hieß Calvin?«
»
Jetzt
heißt er so. Calvin ist ein alter Feind.«
»Ach so«, sagte Jinx. »Hast du ihn durch Zauberei umgebracht?«
»Es ist sehr, sehr schwierig, jemandem durch Zauberei das Leben zu nehmen.«
»Aha«, sagte Jinx.
»Ich laufe nicht rum und bringe Leute um«, sagte Simon mit einem dieser kleinen belustigten lila Blitze.
»Was ist dann mit ihm passiert?«
Simon warf den Totenkopf in die Luft und ließ ihn auf einem Finger kreisen. »Er hätte viel Schlimmeres verdient.«
Die Frage schien ihm nichts auszumachen, aber eine richtige Antwort gab er nicht.
»Aha«, sagte Jinx. »Die Barbaren trinken Wein aus den Totenköpfen ihrer Feinde.«
»Wirklich? Ich benutze Calvin als Briefbeschwerer.« Simon stellte Calvin auf eine Schriftrolle, die er gerade auseinandergerollt hatte. »Wo wohnen diese Barbaren?«
»Auf der Lichtung der Schmiede«, sagte Jinx. »Genau genommen sind alle, die auf anderen Lichtungen leben, Barbaren.«
Das war ihm gerade wieder eingefallen. Die Lichtung kam ihm jetzt sehr weit weg vor, und er konnte sich nicht mehr richtig erinnern, wie es dort aussah. Er fragte sich, womit Calvin Simon wohl so verärgert hatte.
»Ich weiß aber nicht genau, wie man aus einem Totenkopf trinkt«, sagte Jinx. Calvin hatte so viele Löcher, einen guten Becher konnte er nicht abgeben.
»So«, sagte Simon. Er drehte Calvin um. »Man sägt einfach den Deckel ab, hier, und dann hat man eine hübsche Schale. Noch drei Beine drunter, damit sie gerade steht, und fertig.«
»Ach so«, sagte Jinx und legte eine Hand auf seinen eigenen Kopf. »Verstehe.«
Der Zauberunterricht lief nicht gut. Der Magie konnte man einfach nicht
lauschen
, jedenfalls wusste Jinx nicht, wie das gehen sollte. Er konnte Simon lauschen, aber das half ihm nicht weiter.
»Die Wörter ›Magie‹ und ›Macht‹ stammen im Alt-Urwisch von demselben Wort ab«, sagte Simon. Geduldig hielt er ein Glasfläschchen mit einer Metallklammer über eine Kerzenflamme. »Magie braucht immer zweierlei.«
Er machte eine Pause und wartete, bis Jinx sagte: »Macht und Konzentration.«
»Richtig. Und manche Magie erfordert sehr viel mehr Macht als andere. Zum Beispiel würde man für Magie an einer lebenden Person hundertmal so viel Macht benötigen wie für die Magie an diesem Stein, den du immer noch nicht schweben lassen kannst.«
Jinx guckte missmutig zu dem Kieselstein auf der Werkbank. Schon seit Wochen versuchte er vergeblich ihn schweben zu lassen, und allmählich beschlich ihn der Verdacht, dass Simon etwas mit ihm angestellt hatte, damit er nicht schweben konnte.
»Und mögliche Machtquellen wären?«
»Feuer«, sagte Jinx. »Und Worte. Sprüche und so. Hmm, magische Kreidezeichnungen. Und Kräuter und Zaubertränke.«
»Ein Zaubertrank ermöglicht es einem Zauberer oder einer Hexe, magische Kräfte an einen anderen weiterzugeben«, sagte Simon. »Wenn ich dir einen Schwebetrank geben würde, könntest du diesen Stein schweben lassen. Du könntest es aber auch ohne Schwebetrank schaffen, wenn du dich nur mal richtig konzentrieren würdest.«
Jinx starrte auf den Kieselstein, so fest er konnte. Laut Simon ging das Zaubern viel leichter, wenn man den Gegenstand, den
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