Jinx und der magische Urwald (German Edition)
knallte auf die Werkbank, kullerte weiter und blieb auf der Seite liegen. Er schaute Jinx schief an.
»Was hat
er
dir
angetan?«, fragte Jinx.
»Jinx, setz dich. Hör auf. Beruhige dich. Auf der Stelle.« Simon packte Jinx, hob ihn hoch und setzte ihn auf den Hocker. »Tief durchatmen.«
Jinx schaute Simon an und sah immer noch keine Wolken.
Er hätte Simon gern wehgetan. Am liebsten hätte er Calvin genommen und ihn Simon in das undurchdringliche Gesicht geschmissen, aber das konnte er nicht machen, denn Simon war gefährlich. Erst jetzt merkte er, wie gefährlich Simon war.
Jinx atmete mit tiefen, rauen Atemzügen und versuchte ruhig nachzudenken, auch wenn ihm das mit der weißen Leere im Kopf schwerfiel. Das, was Simon ihm da angetan hatte, musste sich rückgängig machen lassen. Und Jinx würde herausfinden, wie.
Wissen ist Macht
T age- und nächtelang suchte Jinx im ganzen Haus nach einem Hinweis darauf, was Simon mit ihm angestellt hatte. Derweil arbeitete Simon an neuen Zaubereien. Jinx hatte den Eindruck, dass Simon mächtiger wurde. Ganz im Gegensatz zu ihm selbst. Der einzige Fortschritt, den er in der Zauberei bisher gemacht hatte, bestand darin, dass er ein Buch schweben lassen konnte, wenn es nicht allzu groß war. Mehr nicht.
Seinen Verlust konnte das nicht wettmachen.
Simon hatte müde Augen und zottige Haare bekommen. Wahrscheinlich schlief er nicht genug. Auf jeden Fall wusch er sich nicht häufig. Und er verbrachte viel Zeit damit, auf die Wand aus Stein zu starren, durch die Sophie früher immer aufgetaucht war. So etwas verriet einem, was die Leute dachten. Allmählich kapierte Jinx es … Man musste darauf achten, wohin sie schauten und wann sie plötzlich verstummten, solche Sachen.
Aber das interessierte Jinx nicht. Seit er die Gefühle anderer nicht mehr sehen konnte, interessierte er sich viel mehr dafür, wie er selbst sich fühlte. Und er fühlte sich vollkommen lustlos. Er blieb nur deshalb bei Simon, weil er nicht wusste, wie er seine Fähigkeit sonst je zurückerlangen sollte.
Es sei denn, er könnte nach Samara gelangen. Er erinnerte sich an etwas, was Sophie einmal gesagt hatte – dass Simon in Samara nach magischen Antworten gesucht habe. Jinx fragte sich, ob er dort wohl etwas über seine verlorene Fähigkeit herausfinden könnte. Simon hatte sie ihm durch Magie genommen, und jetzt, wo er darüber nachdachte, kam ihm die Idee, dass sie etwas mit Magie zu tun haben könnte. Mit tiefer Urwaldmagie, wie Donna Glimmer gesagt hatte.
Immer wieder untersuchte er die steinerne Wand. Sie war keine Illusion. Die Wand war wirklich da.
Simon ging häufig in den Urwald und blieb mehrere Tage fort. Jinx fragte nie, ob er mitkommen könnte. Stattdessen nutzte er die Zeit dafür, Simons Werkstatt und das restliche Haus nach der grünen Flasche zu durchforsten. Ohne Erfolg.
Jinx las Simons Bücher über Zauberei, in der Hoffnung, herauszufinden, was Simon mit ihm gemacht hatte. Die Bücher waren nicht sehr hilfreich – sie verbargen ebenso viel, wie sie verrieten. Alles wurde so eigenartig beschrieben, dass man kaum verstand, was man tun sollte.
Es gab ein Buch auf Samaran mit dem Titel
Wissen ist Macht
.
Als Jinx es aufschlug, brannte es lichterloh, doch durch Zauberei gelang es Jinx, die Flammen gleich wieder zu löschen. Er nahm das Buch mit in die Küche, setzte sich auf den Ofen und las.
Soweit Jinx es beurteilen konnte, war das Buch nicht besonders nützlich. Es bestand nur aus einer Ansammlung von Zaubersprüchen wie diesem:
Ein Gegenstand kann vor aller Augen verborgen werden. Wer weiß, dass der Gegenstand da ist, wird ihn finden, wer es nicht weiß, nicht.
Lauter solches Zeug stand in dem Buch. Man erfuhr nicht,
wie
man etwas machen konnte, sondern nur,
dass
man dieses oder jenes machen konnte. Jinx las es ganz durch – wenn er nur irgendwie herausbekommen könnte, was das alles zu bedeuten hatte! Vielleicht könnte er dann nach Samara gelangen.
Jinx ging hinaus und grub die Zehen in den Waldboden. Seine Fähigkeit, die Bäume zu verstehen, war nicht mit Simons Zauber in der grünen Flasche verschwunden. Jinx wusste nicht, warum. Seit er die Gedanken der Menschen nicht mehr lesen konnte, hörte er die Gedanken der Bäume deutlicher denn je. Er fragte die Bäume, was Simon mit seiner Magie, seinem sechsten Sinn gemacht hatte, aber sie hörten ihn nicht. Sie wussten, dass er lauschte, doch sie lauschten nicht zurück.
Es war Frühsommer, und darüber
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