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Joanna Bourne

Joanna Bourne

Titel: Joanna Bourne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Geliebte des Meisterspions
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dann fällt dir alles in die Hände.«
    »So kann man es auch sehen. Trotzdem muss ich dir sagen, dass ich nicht so leicht zu beeinflussen bin wie diese Schachfiguren, mit denen du so gut umgehen kannst.« Sie setzte ihr Straßenbengellächeln auf. »Weißt du, was ich am meisten vermisst habe, als ich blind war?«
    Er legte den roten Läufer, Turm und Bauern an ihre Plätze in der Schatulle und schloss den Deckel. »Das Jonglieren?«
    »Das auch.« Sie blickte an ihm vorbei aus dem Fenster. »Ich habe die Tauben vermisst. Überall konnte ich sie hören, aber nicht sehen. Ich mag Tauben sehr gern und finde es bewundernswert, dass sie trotz ihrer Größe nicht ständig die Spatzen tyrannisieren. Außerdem lassen sie ihre Zunge hinter den Zähnen und streiten nicht tagein und tagaus über Politik mit einem. Spiel jetzt aber nicht den Naturforscher und erzähl mir, dass Tauben keine Zähne haben.«
    »Ich würde eher sagen, dass Tauben sich nichts aus Politik machen.« Nun musste er sich etwas anderes ausdenken, um sie abzulenken, bis Robert und die anderen zurückkamen. Sie hatten nur einen kleinen Auftrag zu erledigen, ein Geschäft mit den Verbrechern aus den Elendsvierteln von East London. Aber auch bei solch kleinen Aufträgen hatte er schon Agenten verloren. Außerdem war Marguerite bei ihnen. »Ans Klavier, Annique. Zeit zum Üben.« Er läutete, damit Giles kam und die Türen aufschloss.
    »Sie haben keine Ahnung, keiner, welch abscheuliche Dinge ihr Gefangenen in diesem Hause antut.« Ihre Augen funkelten, als sie das sagte. Sie war entspannt in seiner Gegenwart und fühlte sich schon ganz heimisch hier, selbst nach diesen wenigen Tagen. Seine Enkelin war eine Frau mit festen und unkomplizierten Ansichten, was Loyalität anging. Sie fühlte sich ihm, seiner Organisation und England mit jeder Stunde stärker verbunden. Nur noch eine Woche oder sogar nur wenige Tage, und es wäre geschafft.
    Giles war ein weiterer Köder. Die beiden gingen tuschelnd durch den Flur zum Empfangszimmer voraus und steckten dabei die Köpfe zusammen. Sie war so hingerissen von der Tatsache, einen gleichaltrigen Blutsverwandten zu haben, einen Cousin, dass sie sich stundenlang den langweiligsten Familientratsch anhören und darüber staunen konnte, dass all diese Leute mit ihr verwandt sein sollten.
    Außerdem hatte sich zwischen ihr und Robert bereits ein unzerstörbares Band gewoben. Seine Tochter und seine Enkelin hatten sich beide bemerkenswerte Männer für die Liebe ausgesucht. Die Linie der Griffiths war gesichert.
    Was man von der Musik nicht behaupten konnte. Die war unterwegs irgendwie verloren gegangen. Er folgte ihr in den Salon und stellte fest, dass sie eingehüllt vom durchs Fenster fallenden Sonnenschein mit rebellisch finsterer Miene vor dem Klavier stand.
    Natürlich war sie so schön wie die Morgendämmerung; eines dieser lästigen Frauenzimmer, die dazu auserkoren waren, Männer verrückt zu machen. Der alte Teufel Fouché hatte in einem Punkt recht – es wurde höchste Zeit, dass diese Spionin ihre Jungenkleidung ablegte und das Schlachtfeld gegen Salon und Politik tauschte. Sie war zu wertvoll, um auf Seiten des Militärs vergeudet zu werden. »Eines Tages wirst du das Bild einer jungen Frau aus gutem Hause abgeben wollen. Schon vor Jahren hättest du unbedingt das Klavierspiel lernen müssen. Ich habe keine Ahnung, was sich deine Mutter dabei gedacht hat.«
    »Ich bin nicht musikalisch.«
    »Was die jungen Damen aus gutem Hause auch nicht sind. Sie verehren den Schrein der Euterpe, können sie jedoch nicht hören.«
    »Was heißen soll: Sie können nicht spielen. Mein Schädel brummt schon von deinen ganzen klassischen Anspielungen, den Klavierstunden und den nicht enden wollenden Streitgesprächen.« Sie stellte ein Heft mit Noten auf den Ständer. »Du bist dir ziemlich sicher, dass ich hier bleibe, für dich arbeite und England all meine Geheimnisse verrate.«
    »Ja, da bin ich mir sicher. Du hast zehn Jahre damit verbracht, dich durch das Blutbad zu kämpfen, in welches Napoleon Europa verwandelt hat. Du bist weder ein Dummkopf noch ein Barbar. Und anstatt zuzusehen, wie Kent geplündert wird und in Flammen aufgeht, wirst du mir lieber geben, was sich in deinem Kopf befindet.«
    »Und damit alle Vorteile auf Seiten Englands bringen, woraufhin ich dann mit ansehen muss, wie britische Soldaten die kleinen Höfe in der Normandie niederbrennen.«
    »Oder vielleicht die Vendée davor bewahren, erneut von Napoleon

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